Im Jahr 2022 gab es in Deutschland rund 11 Millionen Diabetikerinnen und Diabetiker, davon 8,7 Millionen mit diagnostiziertem Typ-2-Diabetes und 372.000 mit Typ-1-Diabetes. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer: 2022 lebten hierzulande mindestens 2 Millionen Menschen mit einem unentdeckten, nicht diagnostizierten Typ-2-Diabetes.
Im Durchschnitt erkranken jedes Jahr weit mehr als eine halbe Million Erwachsene neu an Diabetes – das sind etwa 1.600 Neuerkrankungen pro Tag. Während etwa 50 Prozent der Menschen mit Typ-2-Diabetes gut ohne Medikamente eingestellt werden können, unter anderem durch Ernährungsumstellung, Gewichtsabnahme, spezielle Schulungen und Bewegung, müssen viele Erkrankte, vor allem Typ-1-Diabetikerinnen und -Diabetiker, täglich Medikamente einnehmen.
Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland pro Jahr mindestens 1,2 Milliarden Teile an diabetestherapieassoziierten Abfällen entsorgt werden müssen. Die Forscher um den Diabetologen Dr. Sebastian Petry rechneten dazu den Abfall von 68 Diabetikerinnen und Diabetikern, der über einen Zeitraum von drei Monaten gesammelt und in einer Arztpraxis abgegeben wurde, auf die in Deutschland lebenden Menschen mit Diabetes hoch. Die meisten der teilnehmenden Patientinnen und Patienten waren am Ende überrascht, welche Mengen an Lanzetten, Pens, Nadeln, Insulinpatronen und Sensoren bei ihrer Behandlung zusammenkommen.
Problematisch ist, dass diese Abfälle nicht systematisch gesammelt und getrennt entsorgt werden. Auch ein Recycling findet im Regelfall nicht statt. Dabei enthalten die Produkte neben biologischen Materialien wertvolle Rohstoffe – darunter Kunststoffe, Metalle und Batterien –, die aufbereitet werden könnten.
Basierend auf den dargestellten Ergebnissen rücken Ressourcenschutz und Abfallvermeidung bei der Behandlung von Diabetes weiter in den Mittelpunkt. Erfreulicherweise sind 83 Prozent der Studienteilnehmenden bereit, die Abfälle entsprechend ihrer stofflichen Zusammensetzung zu trennen. Nahezu alle Teilnehmenden forderten zudem eine deutliche Reduzierung der Abfälle sowie effektive Recyclingmöglichkeiten.
Auf Seiten der Industrie gibt es bereits Ansätze, den Rohstoffverbrauch zu reduzieren, zum Beispiel durch CO2-neutrale vorgefüllte Autoinjektoren oder kostengünstige Mehrweg-Insulinpens. Diese und ähnliche Maßnahmen gehen mit den Bemühungen vieler Akteure des Gesundheitswesens d’accord, die Branche nachhaltiger auszurichten und das Zielbild der Kreislaufwirtschaft zu priorisieren.
Quellen
- Sebastian Petry, Friedrich Wilhelm Petry, Johannes Petry, Stefan Gäth, Lutz Heinemann: Diabetestechnik und Abfallaufkommen – eine real-world Studie aus einer Diabetesschwerpunktpraxis
- diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe e.V.: Diabetes in Zahlen
- Bundesminsterium für Gesundheit: Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2
- Ärzteblatt: So viel Müll fällt im Rahmen der Diabetestherapie an
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Wohin mit dem Diabetesmüll?
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Serie Green Diabetes – Wie gelingen Müllvermeidung und Klimaschutz in der Diabetespraxis?