5. Expertentreff in Würzburg Gut aufgestellt – Resilienz im Krankenhausalltag

Teilnehmende einer Konferenz in Stuhlreihen angeordnet.
Beim 5. Expertentreff kamen 50 Teilnehmende aus ganz Deutschland in Würzburg zusammen, um sich mit den Themen Abfallmanagement, Arbeitssicherheit, Nachhaltigkeit und Beschaffungsmanagement auseinanderzusetzen. (Foto: Abfallmanager Medizin)

Resiliente Kliniken gelten bereits heute als das Ideal für das Gesundheitswesen der Zukunft, da sie viel flexibler auf Entwicklungen wie die nachhaltige Transformation der Branche und den zunehmenden Trend zur Ambulantisierung reagieren können. Um das Ziel einer widerstandsfähigen und krisensicheren Einrichtung zu erreichen, müssen Kliniken in Zukunft verstärkt auf den Aufbau belastbarer Strukturen setzen. Dafür gilt ein effizientes und ressourcenschonendes Abfallmanagement als zentraler Baustein. Ergänzend tragen auch nachhaltige Beschaffungsstrategien sowie Maßnahmen im Brand- und Arbeitsschutz wesentlich zur Stärkung der Resilienz bei. Wie Kliniken mit diesen Ansätzen sowohl Ressourcen einsparen als auch Optimierungspotenziale erschließen können, haben wir im Rahmen des bisher größten Expertentreffs des Abfallmanagers Medizin in Würzburg thematisiert.

Aktuelle und vor allem zukünftige Herausforderungen machen es notwendig, dass sich Einrichtungen des Gesundheitswesens krisensicher aufstellen. Denn auch unter schwierigen Bedingungen und in Krisensituationen müssen Kliniken als wichtiger Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge die medizinische Versorgung der Bevölkerung aufrechterhalten. Ob Gebäudeschäden, Personalausfall, unvorhersehbare Ereignisse oder Lieferengpässe – Kliniken und andere medizinische Einrichtungen brauchen klare Strategien zur Problemlösung. Das betonte auch Nicola Litke, Gesundheitswissenschaftlerin und Logopädin am Universitätsklinikum Heidelberg, die in ihrem Vortrag die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf das Thema des diesjährigen Expertentreffs „Gut aufgestellt – Resilienz im Krankenhausalltag“ einstimmte.

5. Jubiläums-Expertentreff mit Rekordbeteiligung

Beim 5. Expertentreff kamen 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer medizinischer Einrichtungen aus ganz Deutschland in Würzburg zusammen, um sich mit den Themen Abfallmanagement, Arbeitssicherheit, Nachhaltigkeit und Beschaffungsmanagement auseinanderzusetzen und neue Impulse aus den Vorträgen der Referierenden zu gewinnen. In einem für die Veranstaltung neuen Diskussionsformat tauschten sie sich über die Potenziale aus, die diese Bereiche für die Widerstandsfähigkeit eines gesamten Krankenhauses bieten. Dass das Thema aktueller denn je ist, spiegeln Abfallbeauftragte, Umweltmanager und andere Vertreterinnen und Vertreter aus Kliniken, Laboren sowie weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens bereits seit dem letzten Expertentreff der Redaktion des Abfallmanagers Medizin. Gerade aufgrund der Umbrüche im Gesundheitswesen, würde es immer notwendiger werden, dass sich Einrichtungen krisensicher aufstellen.

 

Medizinisches Abfallmanagement sorgt für Stabilität

Eine besonders wichtige Rolle beim Aufbau resilienter Systeme nehmen logistische Versorgungsstrukturen und damit vor allem auch das Abfall- und Entsorgungsmanagement ein. Viele Einrichtungen sind sich dessen bereits heute bewusst, andere Kliniken stehen aber vor der Frage: Wie kann das konkret realisiert werden? Die Aufgabe – Resilienz durch das Abfallmanagement zu schaffen – steht und fällt in jeder Einrichtung mit dem Abfallbeauftragten und dem eventuell dazugehörigen Team. Diese setzen sich für Rechtssicherheit ein, realisieren gemeinsam die reibungslose Entsorgung und sichern so einen wichtigen Versorgungsstrom in Kliniken und Krankenhäusern.

Grundlage des Abfall- bzw. Stoffstrommanagements bildet ein individuelles Abfallkonzept, dass alle geltenden Gesetze und Regeln zur Entsorgung bündelt und individuelle Entsorgungslösungen speziell für die Einrichtung festhält. Abfallkonzepte machen medizinische Einrichtungen sicherer und sorgen gleichzeitig dafür, dass die komplexen Regeln des deutschen Abfallrechts –darunter das Verpackungsgesetz (VerpackG) sowie das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) – eingehalten werden. Angesichts der ständigen Anforderungsänderungen sind kontinuierliche Anpassungen der Konzepte unumgänglich. Silvia Hermes – Umwelt- und Abfallbeauftragte des Universitätsklinikums Münster – appelliert in ihrem Vortrag, dass ein gutes Abfallmanagement auch eine gewisse Technologieoffenheit erfordere. Über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und moderne Technologien zu berücksichtigen, gehöre laut der Expertin mittlerweile zu den Standards eines modernen Abfallmanagements.

Für ein sicheres und resilientes Abfallmanagement müssen Aspekte der Hygiene, des Arbeitsschutzes und des Gefahrgutmanagements direkt mitgedacht und vor allem durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgesetzt werden. Dass hier gute Kommunikation eine entscheidende Rolle spielt, darin waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 5. Expertentreffs einig. Mögliche Kommunikationswege sind beispielsweise die Bereitstellung eines Abfallverzeichnisses im Intranet oder entsprechende Flyer, aber auch mit Begehungen in den Abteilungen haben viele Abfallbeauftragte besonders positive Aufklärungserfahrungen gesammelt.

Nachhaltiges Abfallmanagement: Ein Instrument für Krisenbewältigung?

Dem Thema Nachhaltigkeit wird im Abfallmanagement eine immer größere Bedeutung beigemessen. Gerade mit dem Ziel der Klimaneutralität des Gesundheitswesens wächst der Einfluss auf die Resilienz der Einrichtungen. Wird das Verwertungspotenzial vollständig ausgeschöpft, hat das einen großen, positiven Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck. Maßnahmen wie Trennkonzepte mit Farbleitsystemen, die Bereitstellung von Aufklärungsmaterialien, regelmäßige Schulungen oder auch ressourcenschonende Abfallbehälter aus Rezyklaten unterstützen bei der nachhaltigen Entwicklung und stärken zudem das Bewusstsein der Mitarbeitenden für die Bedeutung des Ressourcenschutzes.

Um Nachhaltigkeit im eigenen Abfallkonzept zu priorisieren und mit verschiedenen Maßnahmen eine möglichst hohe Recyclingquote zu forcieren, müssten Kliniken laut Christian Heintzmann von REMONDIS Medison zuerst eine Bestandsaufnahme durchführen: Welche Maßnahmen werden im eigenen Krankenhaus bereits umgesetzt? Welche Stoffströme, Abfälle oder Produkte eignen sich für das Recycling? Wenn diese Fragen beantwortet sind, können konkrete Maßnahmen in Angriff genommen werden. Die Einführung von Recyclingkonzepten setzt jedoch voraus, dass die konkreten Erwartungen der Kliniken, die Gegebenheiten der eigenen Einrichtung – wie etwa der Platzbedarf – sowie Aspekte der Motivation und Kommunikationsstrategie geklärt werden.

Mittlerweile streben viele Kliniken oder auch einzelne aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen konkrete Nachhaltigkeitsmaßnahmen an und sind auf der Suche nach effektiven Lösungen, die Verwertungspotenziale eröffnen, Materialien und schlussendlich auch Kosten einsparen. Neben rechtlichen Hindernissen sehen sich hier Abfallbeauftragte aber immer wieder auch mit Auflagen der Krankenhaushygiene, Vorgaben aus dem Beschaffungsmanagement und vor allem auch mit finanziellen Problemen konfrontiert, die die nachhaltige Ausrichtung des Gesundheitswesens und damit auch Recyclinginnovationen erschweren. Viele Kliniken sind dennoch engagiert, an sinnhaften Pilotprojekten in diesem Bereich mitzuwirken, sehen hier vor allem aber Hersteller und Entsorger in der Verantwortung, diese Projekte ins Rollen zu bringen.

Beschaffungsmanagement leistet einen wertvollen Beitrag für mehr Resilienz in der Klinik

Ein krisensicheres Abfallmanagement im Krankenhaus beginnt – im Sinne der Kreislaufwirtschaft – mit einer bewussten Gestaltung von Tätigkeiten und Prozessen, die den verantwortungsvollen Umgang mit Materialien fördern. Hierzu gehört neben der möglichst langen Nutzungsdauer von Produkten auch deren umweltfreundliche Beschaffung sowie die Berücksichtigung von ökologischen Kriterien – beispielsweise zur Langlebigkeit und Materialbeschaffenheit. Das betonte Marie Lindow, Umweltbeauftragte, Nachhaltigkeitsmanagerin und Gefahrgutbeauftragte der Charité – Universitätsmedizin Berlin, in ihrem Vortrag. Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die die Charité im Sinne des Zielbildes „Nachhaltiges Abfallmanagement“ umsetzt. Darunter beispielsweise verschiedene Aufklärungskampagnen, Abfalltrennplakate sowie konkrete Trennkonzepte. Hier lässt sich aber auch bereits am Anfang der Prozesskette ansetzen: Kreislaufwirtschaft muss bereits im Beschaffungsmanagement berücksichtigt werden, was eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Abteilungen voraussetzt. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des diesjährigen Expertentreffs berichteten, dass in ihren Kliniken bislang nur geringe bis gar keine Absprachen zu diesem Thema bestünden.

Übereinstimmend wurde festgestellt, dass im Einkauf nur selten Mitarbeitende mit Praxiserfahrung in der Patientenversorgung tätig sind. Diese wissen oft nur aus der Theorie, welche Bedürfnisse die einzelnen Produkte erfüllen müssen und beziehen ökologische Aspekte nur selten in ihre Kaufentscheidungen ein. Hier werden meist noch reine Zahlen als einzige relevante Währung angesehen. Absprachen zwischen Einkauf, Abfallmanagement, aber auch den Anwenderinnen und Anwendern würden einen großen Beitrag leisten, unnötige Kosten einzusparen, ressourcenschonende Produktalternativen zu etablieren und die Zusammenarbeit im Team zu stärken. Auf diese Weise könnten Kliniken ihre Resilienz in drei Bereichen gleichzeitig – Finanzen, Nachhaltigkeit und Personal – stärken.

Arbeitssicherheit und Brandschutz Priorität einräumen

Arbeitssicherheit und Brandschutz sind gerade im Umgang mit verschiedenen medizinischen Abfällen essenziell, um die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Trotz der Bedeutung des Themas stellt gerade die Arbeitssicherheit in vielen Kliniken immer noch eine erhebliche Herausforderung dar. Besonders gravierend ist hier die hohe Zahl an Nadelstichverletzungen, die unter den Angestellten des Gesundheitswesens als größte Verletzungsquelle gilt. Der Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften wird häufig mit den knappen oder fehlenden zeitlichen sowie personellen Kapazitäten begründet.

Dennoch rechtfertigen diese Probleme keinesfalls die Gefährdung des Personals – hier waren sich der Referent zum Thema Arbeits- und Brandschutz, Bernd Waiblinger, Leitung Stabsstelle Sicherheitsmanagement des Klinikverbunds Südwest, sowie die Teilnehmenden des Expertentreffs einig. Es braucht strikte Maßnahmen – wie regelmäßige Hinweise im Intranet, die Streuung aufklärender Materialien oder Artikel in der Mitarbeiterzeitung – mit denen die Arbeitssicherheit verbessert werden kann. Bernd Waiblinger und seinem Team ist es so gelungen, die Zahl der Nadelstichverletzungen um 15,38 Prozent zu reduzieren.

Alarmierend ist auch der Anstieg von Bränden in Einrichtungen des Gesundheitswesens: Während 2013 noch 40 Brände gezählt wurden, belief sich deren Zahl im letzten Jahr auf 114 Fälle. Neben der Gefahr für Mensch und Umwelt sind hier auch die hohen Kosten für Kliniken zu nennen. Ein Feuerwehreinsatz sowie die notwendigen Sanierungsarbeiten belaufen sich bereits bei kleineren Bränden schnell auf mehrere tausend Euro. Kliniken sollten auf Aufklärung und klare Kommunikationsstrategien setzen, um Brandgefahren, etwa durch unsachgemäße Abfallentsorgung oder mitgebrachte Geräte sowie die immer beliebteren E-Bikes, zu minimieren. Gerade die Akkumulatoren der letztgenannten Fahrräder stellen eine besonders hohe Brandgefahr dar.

Für ein krisenfestes Abfallmanagement ist es unabdingbar, die Sicherheit des Krankenhauspersonals sowie den Brandschutz zu priorisieren und damit den reibungslosen Betrieb im Krankenhaus zu sichern. Maßnahmen wie die Diversifizierung von Dienstleistern und der Anschluss von Kühlhäusern an Notstromsysteme können zur Sicherheit beitragen und einen reibungslosen Betrieb gewährleisten. Dafür müssen Abfallbeauftragte eng mit den Kolleginnen und Kollegen aus Arbeitssicherheit und Brandschutz zusammenarbeiten, wenn diese Positionen nicht – wie in vielen Häusern – sowieso von denselben Personen bekleidet werden.

Was braucht das Abfallmanagement der Zukunft?

Das Gesundheitswesen ist auch in Zukunft gefordert, sich den vielfältigen Herausforderungen der Branche zu stellen, womit die Bedeutung von resilienten Strukturen in Krankenhäusern und Kliniken noch weiter zunimmt. Gleiches gilt auch für Abfall- und Umweltbeauftragte, die hier einen großen Beitrag leisten können, Kliniken krisenfest auszurichten. So muss das gesamte Gesundheitswesen zukünftig auf die Trennung von Abfällen setzen und auch der Einsatz von Mehrwegmaterialien sowie die Vermeidung von Einwegprodukten muss in der gesamten Branche gefördert werden. Eine große Rolle fällt auch dem Beschaffungsmanagement zu, welches zukünftig ökologische Kriterien fest in den Ausschreibungen verankern sollte. Durch den Einsatz von recyclingfähigen Medizinprodukten und der Implementierung einer Circular Economy wird der Übergang zu einem nachhaltigen Kreislaufwirtschaftssystem vorangetrieben.

Die Resilienzfunktion des Abfallmanagements wird durch den engen Austausch der Kliniken mit Entsorgern, Herstellern und Behörden sichergestellt. So bleiben diese einerseits auf dem neuesten Stand und können andererseits ihre Probleme bzw. Herausforderungen und Bedürfnisse äußern, aber auch neue Ideen einbringen, sodass Innovationen entstehen, die das Potenzial haben, das gesamte Gesundheitssystem resilienter zu gestalten. Zudem helfen regelmäßige Audits und Begehungen, Abläufe zu überwachen und kontinuierlich zu verbessern, während Netzwerke und Arbeitsgruppen den Wissensaustausch fördern.

Es ist entscheidend, dass alle Maßnahmen zur Entsorgung sowie zum Brand- und Arbeitsschutz anwendergerecht umgesetzt werden, um sowohl gesetzliche Vorgaben einzuhalten als auch den Klinikalltag auf Stationen und im OP-Bereich zu erleichtern. Durch die Bereitstellung von Checklisten und Schulungen können Hürden für Mitarbeitende abgebaut und Kommunikationswege verkürzt werden, was zu einem reibungslosen und sicheren Abfallmanagement im Krankenhaus führt und die Resilienz in den Einrichtungen deutlich erhöhen kann.

Teilnehmende einer Konferenz in Stuhlreihen angeordnet.
Beim 5. Expertentreff kamen 50 Teilnehmende aus ganz Deutschland in Würzburg zusammen, um sich mit den Themen Abfallmanagement, Arbeitssicherheit, Nachhaltigkeit und Beschaffungsmanagement auseinanderzusetzen. (Foto: Abfallmanager Medizin)