Wenn es ein Nachschlagewerk gibt, das Abfallbeauftragte im Gesundheitsdienst stets zur Hand haben sollten, dann ist es die Mitteilung der Bund-/Länder-Gemeinschaft Abfall (LAGA) 18. In dieser ist genau festgehalten, welche Gesetze, Verordnungen und Vorschriften im Umgang mit Abfall in medizinischen Einrichtungen zu beachten sind. Nach sechseinhalb Jahren hat diese unentbehrliche „Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ nun eine Novellierung erfahren: Seit Juni 2021 gibt es die neue LAGA 18. Auch wenn vieles gleichgeblieben ist, wartet das novellierte Regelwerk gleichwohl mit einigen beachtenswerten Neuerungen auf. Eine Einordnung.
Die neue LAGA 18 fällt auf den ersten Blick vor allem wesentlich umfangreicher aus als ihre Vorgängerin. Samt Anlagen umfasst die Mitteilung nun 43 statt der bislang 35 Seiten. Neben vielen kleineren Ergänzungen – wie etwa im Geltungsbereich, wo zu den betreffenden Einrichtungen medizinische Versorgungszentren sowie „mobile oder auch temporäre Impf- und Testzentren für Infektionskrankheiten (z. B. Impf-/Testzentren SARS CoV 2/COVID 19)” hinzugekommen sind – ist hierfür insbesondere eine Ausweitung von Kapitel 2.2 („Weitere im Gesundheitsdienst anfallende Abfälle”) ausschlaggebend. Der bestehende Text ist inhaltlich und im Wortlaut weitgehend gleichgeblieben. Im Großen und Ganzen handelt es sich bei der Novellierung daher vorrangig um eine Erweiterung im Lichte aktueller Entwicklungen (COVID-19 , Elektroaltgeräte, Batterien und Akkus). Zugleich wurden aber auch viele Passagen zur Verbesserung der Transparenz deutlich ausgebaut und um umfassende Erläuterungen ergänzt.
Ergänzender Abschnitt zu AS 180103*
Ein wichtiges Beispiel für ergänzende Erläuterungen stellt der Abschnitt zu „AS 180103* Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden” (Kapitel 2.1.1 AVV Gruppe 18 01 Abfälle aus der Geburtshilfe, Diagnose, Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten beim Menschen) dar. Hier wurde der erste Absatz um Angaben der zugrundeliegenden Paragraphen im Infektionsschutzgesetz (§§ 6, 7, 15) erweitert. Dadurch wird die Verzahnung der Rechtsgebiete klarer herausgestellt als zuvor. Wichtig an dieser Stelle ist auch der Satz: „Neben dem Vorliegen von nach dem Infektionsschutzrecht meldepflichtigen Krankheitserregern muss durch den Abfall auch eine Übertragung möglich und relevant sein (konkretes Infektionsrisiko), um als infektiös eingestuft zu werden.“ Dieser trägt deutlich zur besseren Einordnung der betroffenen Abfälle bei.
Die Option, gegebenenfalls Abfälle des AS 180103* in einer Kombination aus Säcken und Rücklaufbehältern zu sammeln und zu transportieren, entfällt wiederum. Stattdessen werden an dieser Stelle nur noch bauartgeprüfte Gefahrgutverpackungen oder „für den Transport zur und die Verwendung in der innerbetrieblichen Desinfektionsanlage geeignete“ Behältnisse erwähnt. Nennenswert ist auch ein neuer Passus am Ende des Abschnitts zu AS 180104, der die Möglichkeiten und das Vorgehen bei einer Entsorgung im Rahmen der Restmüllentsorgung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers konkretisiert. Dies dürfte insbesondere für Arztpraxen in Wohnhäusern von Belang sein, die ihre Entsorgung nicht gefährlicher Abfälle vielfach über diesen Weg abwickeln.
Als klare Reaktion auf die COVID-19-Pandemie findet sich neben den bereits erwähnten Ergänzungen im Geltungsbereich sowohl unter AS 180103* als auch unter AS 180104 jeweils ein ergänzender Absatz, der das Vorgehen bei neu auftretenden Infektionskrankheiten zum Gegenstand hat. Demnach seien in diesen Fällen „die jeweils aktuell herausgegebenen und an die aktuellen Erkenntnisse angepassten Empfehlungen und Informationen des Robert Koch-Institutes (RKI) und des Umweltbundesamtes zur Beurteilung des Infektionsrisikos von Abfällen (wie im Falle von COVID-19)” zu beachten.
Ausweitung von Kapitel 2.2 „Weitere im Gesundheitsdienst anfallende Abfälle“
Vor allem Kapitel 2.2 („Weitere im Gesundheitsdienst anfallende Abfälle“) fällt wesentlich umfangreicher aus als in der Vorgängerversion und ist zudem nun in die fünf Unterpunkte
- Verpackungen (AVV-Gruppe 15 01),
- Elektroaltgeräte, Batterien und Akkumulatoren,
- Speiseabfälle,
- sonstige Siedlungsabfälle (AVV-Kapitel 20) sowie
- sonstige Abfälle untergliedert.
Die bislang anderthalb Seiten sind dadurch auf sechs angewachsen. Dies liegt zum einen an einer ausführlicheren Ausarbeitung zu den einzelnen Abfallsorten. Betroffen sind hier insbesondere die Verpackungen (2.2.1), die zuvor, bis auf AS 150110*, lediglich in Form der jeweiligen Abfallschlüssel und Bezeichnungen aufgelistet waren. Zum anderen zeichnen die zwei neu hinzugekommenen Abfälle Elektroaltgeräte (2.2.2) sowie Batterien und Akkumulatoren (2.2.3) für den größeren Umfang verantwortlich.
Entsorgung von Verpackungsabfällen
In der 2021er LAGA-Mitteilung wird nun näher auf die rechtlichen Grundlagen nach dem Verpackungsgesetz (VerpackG) eingegangen. Demnach handelt es sich bei Einrichtungen des Gesundheitsdienstes im Regelfall um sogenannte (mit privaten Haushalten) „vergleichbare Anfallstellen“ gemäß § 3 Abs. 11 VerpackG, deren Verkaufs- und Umverpackungen über die Sammeleinrichtungen der (dualen) Systeme eingesammelt werden. Alternativ können auch Branchenlösungen nach § 8 VerpackG für die kostenlose Rückgabe von Verkaufsverpackungen genutzt werden. Ausnahmen bilden Transportverpackungen wie Paletten, Verkaufs- und Umverpackungen, „die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen“ sowie Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter. Diese müssen gemäß den Rücknahme- und Verwertungspflichten der Hersteller und Vertreiber nach § 15 VerpackG am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurückgenommen werden. Abgesehen von den genannten Möglichkeiten ist auch eine Entsorgung über gewerbliche Entsorger gemäß Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) möglich. Da im Juli erst ein novelliertes Verpackungsgesetz veröffentlicht wurde, sind weitere Anpassungen der LAGA-Mitteilung in naher Zukunft denkbar.
Entsorgung von Elektroaltgeräte
In Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen kommen durch technologische Fortschritte im Gesundheitsdienst immer mehr Elektrogeräte zum Einsatz. Die neue LAGA 18 nimmt sich dieses wichtigen Themas an und hilft nun dabei, zu differenzieren, welche Elektroaltgeräte einer Entsorgung gemäß Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG) und welchen anderen Regelungen unterliegen. „Ausgenommen vom Geltungsbereich des ElektroG“, heißt es in der Mitteilung, „sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 u. a. medizinische Geräte und In-vitro-Diagnostika, bei denen jeweils zu erwarten ist, dass sie vor Ablauf ihrer Lebensdauer infektiös werden, und aktive implantierbare medizinische Geräte.“ So können haushaltsübliche Altgeräte bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (z. B. Wertstoffhof) oder den Vertreibern zurückgegeben werden. Elektroaltgeräte anderer Nutzer als privater Haushalte (u. a. medizinische Geräte) müssen, wenn sie nicht dem ElektroG unterliegen, nach den Vorgaben des KrWG in dafür zugelassenen Anlagen entsorgt werden. Unterliegen die Altgeräte von anderen Nutzern wiederum dem ElektroG, sind aber sogenannte historische Altgeräte, die vor dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wurden, hat der Besitzer diese in den dafür zertifizierten Erstbehandlungsanlagen zu entsorgen. Eventuelle enthaltene Batterien sind vor der Entsorgung den Geräten zu entnehmen, sofern sie von letzteren nicht fest umschlossen sind und dies ohne Werkzeuge und zerstörungsfrei möglich ist (§ 10 Abs. 1 ElektroG).
Entsorgung von Batterien und Akkumulatoren
Mit dem zunehmenden Einsatz von elektronischen Geräten steigt auch die Verwendung von Batterien und Akkumulatoren. Insbesondere Lithium- bzw. Hochenergiebatterien stellen dabei auch eine nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle dar und drohen bei unsachgemäßem Gebrauch sogar zu explodieren. Zum speziellen Umgang lithiumhaltiger Geräte-Altbatterien wird auf die LAGA-Mitteilung 31A (Kapitel 6) verwiesen. Allgemein führt die LAGA 18 § 9 des Batteriegesetzes (BattG) an, demzufolge für alle Batteriearten die Rücknahmepflichten der Vertreiber gelten, wonach „Altbatterien an oder in unmittelbarer Nähe des Handelsgeschäfts (beim Versandhandel: des Versandlagers) unentgeltlich zurückzunehmen“ sind, sofern diese vom Vertreiber in seinem Sortiment als Neubatterien geführt werden oder wurden. Darüber hinaus werden für die drei Arten Geräte-, Fahrzeug- und Industriebatterien (alle drei fallen im Gesundheitsdienst an) verschiedene Entsorgungsmöglichkeiten genannt. Während etwa Fahrzeugbatterien ausschließlich über die Vertreiber, die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und die Behandlungseinrichtungen für Altfahrzeuge entsorgt werden dürfen, kann die Entsorgung von Geräte-Altbatterien etwa auch über freiwillige Rücknahmestellen in Kombination mit einem nach § 7 BattG genehmigten Rücknahmesystem erfolgen. Aufgrund der rapiden Entwicklungen im Bereich der Elektrogeräte und Batterien werden ElektroG und BattG regelmäßig an diese angepasst, was wiederum wohl künftig auch häufig entsprechende Novellierungen der LAGA 18 nach sich ziehen dürfte.
Ausarbeitung von „3.2 Außerbetriebliche Anforderungen“
Neben einigen kleinen Änderungen hat Kapitel 3 (Anforderungen an die ordnungsgemäße Entsorgung) insbesondere unter 3.2 („Außerbetriebliche Anforderungen“) eine umfangreiche Ausarbeitung erfahren. Zuvor fand sich hier lediglich der recht einsame Satz: „Beim Umgang mit den Abfällen außerhalb der Einrichtung des Gesundheitsdienstes ist im Hinblick auf die Anforderungen des Umweltschutzes, Arbeitsschutzes, der Seuchenhygiene und der öffentlichen Sicherheit besondere Sorgfalt anzuwenden.“ Nun beinhaltet das Unterkapitel weitere Abschnitte mit ausführlichen Informationen zu den Bestimmungen bezüglich Getrennthaltung, Überlassungspflichten, Abfalleinstufung, Nachweis- und Registerführung, Abfallverbringung und Gewerbeabfallverordnung. So wird bei letzterem Punkt etwa die Pflicht von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes zur Getrenntsammlung von gewerblichen Siedlungsabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen hervorgehoben.
LAGA 18 für klares und zeitgemäßes medizinisches Abfallmanagement
Alles in allem ist die neue LAGA 18 um einiges klarer und zeitgemäßer und somit ein präziseres und umfassenderes Regelwerk als die 2015er Version. Ergänzungen zum Vorgehen bei neu auftretenden Infektionskrankheiten etwa tragen nicht nur der aktuellen COVID-19-Pandemie Rechnung, sondern auch einem Risiko durch vergleichbare Situationen, das uns in Zukunft weiterhin begleiten wird. Besonders zu begrüßen sind überdies die neuen Punkte zu Elektroaltgeräten sowie Batterien und Akkumulatoren, die mittlerweile eine gewichtige Rolle im Arbeitsalltag von Abfallbeauftragten in Kliniken und anderen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes spielen.