In Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen, ärztlichen Praxen oder auch Pflegeeinrichtungen können Beschäftigte mit gefährlichen Biostoffen wie Viren oder Bakterien in Berührung kommen. Die daraus resultierenden Anforderungen zum Arbeitsschutz legt die Biostoffverordnung (BioStoffV) fest. Die darin gestellten Anforderungen zu konkretisieren, ist die Aufgabe des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS), angesiedelt bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Fachlich geeignete Experten erarbeiten praxisnahe Handlungshilfen, die fortlaufend an neue Entwicklungen angepasst werden. Sie bestehen aus den sogenannten Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) und den Beschlüssen zu Anforderungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in besonderen Fällen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die TRBA konkretisieren die Anforderungen der Biostoffverordnung (BioStoffV).
- Für Kliniken, Praxen, Rettungsdienste, Pflegedienste, Reha-Zentren u. a. ist die TRBA 250 für infektionsgefährdende Tätigkeiten relevant, nicht jedoch für veterinärmedizinische Einrichtungen und Praxen der Labormedizin.
- Sie definiert Schutzstufen je nach Infektionsrisiko und hält Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit infektiösem Material bereit.
Der Aufbau des technischen Regelwerks zur Biostoffverordnung richtet sich nach thematischen Schwerpunkten, die sich an der Biostoffverordnung orientieren:
- Technische Regeln der Reihe 001-099: Allgemeines, Aufbau und Anwendung
- Technische Regeln der Reihe 100-299: Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen
- Technische Regeln der Reihe 300-399: Arbeitsmedizinische Vorsorge
- Technische Regeln der Reihe 400-499: Gefährdungsbeurteilung
- Technische Regeln der Reihe 500-599: Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen
- Beschlüsse des ABAS zu Anforderungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in besonderen Fällen
Eine Übersicht aller TRBA und Beschlüsse einschließlich Download-Möglichkeit pflegt die BAuA auf ihrer Website.
Da Arbeitgeber die Verantwortung für den Arbeitsschutz im eigenen Betrieb tragen, sind sie in der Pflicht, die jeweils zutreffenden TRBA und Beschlüsse bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Wer die Technischen Regeln einhält, kann davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der BioStoffV erfüllt sind. Wer andere Schutzmaßnahmen wählt, muss deren Gleichwertigkeit erreichen und nachweisen können.
TRBA 250 für infektionsgefährdende Tätigkeiten in Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege
Biologische Arbeitsstoffe (Biostoffe) sind in der Biostoffverordnung erstens definiert als Mikroorganismen, Zellkulturen und Endoparasiten einschließlich gentechnisch veränderten Formen und zweitens als mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierte Agenzien, die den Menschen durch Infektionen, übertragbare Krankheiten, Toxinbildung, sensibilisierende oder sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen gefährden (§ 2 Abs. 1 BioStoffV). Da im Anwendungsbereich der TRBA 250 in der Regel nur biologische Arbeitsstoffe mit infektiösen Eigenschaften eine Rolle spielen, werden die Begriffe „Infektionserreger“, „Krankheitserreger“ oder „Erreger“ in der Technischen Regel synonym verwendet.
Wer Menschen medizinisch untersucht, behandelt, pflegt und versorgt oder mit Menschen, Produkten, Gegenständen oder Materialien in Berührung kommt, die gefährliche Mikroorganismen freisetzen können, fällt in den Geltungsbereich der TRBA 250. Eingeschlossen sind weiterhin Arbeiten, die der Ver- und Entsorgung oder der Aufrechterhaltung des Betriebes dienen. Damit ist die Technische Regel 250 relevant für:
- Krankenhäuser und Kliniken,
- Arzt- und Zahnarztpraxen,
- Rettungsdienste, Krankentransport und sanitätsdienstliche Versorgung,
- Reha-Einrichtungen und Heime,
- Arbeitsbereiche der stationären und ambulanten Alten- und Krankenpflege, Hospize,
- humanmedizinische Lehr- und Forschungsbereiche,
- Blut- und Plasmaspende-Einrichtungen,
- Anatomie, Pathologie und Rechtsmedizin,
- Praxen von Heilpraktikern,
- Arbeitsbereiche der Medizinischen Kosmetik
- und Arbeitsbereiche, in denen zahntechnische Werkstücke angenommen oder desinfiziert werden.
Achtung: Nicht anzuwenden ist die TRBA 250 auf die veterinärmedizinische Versorgung von Nutz- und Zootieren (hier gilt TRBA 230), die Versuchstierhaltung (hier gilt TRBA 120) und Einrichtungen und Praxen der Labormedizin, Medizinischen Mikrobiologie bzw. Hygiene und Umweltmedizin sowie Laboratorien der Transfusionsmedizin (hier gilt TRBA 100).
Maßnahmen zum Infektionsschutz
Die TRBA 250 enthält zunächst detaillierte Informationen zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Dazu zählen die Gefährlichkeitsbeurteilung, die Informationsbeschaffung, Übertragungswege und tätigkeitsbezogene Gefährdungen sowie die wichtige Zuordnung zu vier Schutzstufen je nach Infektionsgefährdung:
- Schutzstufe 1: Tätigkeiten, bei denen kein Umgang oder sehr selten ein geringfügiger Kontakt mit potenziell infektiösem Material wie Körperflüssigkeiten, -ausscheidungen oder -gewebe und keine offensichtliche sonstige Ansteckungsgefahr besteht (z. B. bei Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen)
- Schutzstufe 2: Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig zum Kontakt mit potenziell infektiösem Material kommen kann oder eine offensichtliche sonstige Ansteckungsgefahr besteht, etwa durch eine luftübertragene Infektion oder durch Stich- und Schnittverletzungen (z. B. bei Blutentnahmen, Legen von Gefäßzugängen, Operationen und zahnärztlichen Behandlungen)
- Schutzstufe 3: Wenn biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 vorliegen, die schon in niedriger Konzentration eine Infektion bewirken können oder eine hohe Konzentration von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 auftritt und Tätigkeiten durchgeführt werden, die eine Übertragung möglich machen, z. B. Gefahr von Aerosolbildung, Spritzern oder Verletzungen
- Schutzstufe 4: Tätigkeiten im Rahmen der Untersuchung, Behandlung und Pflege von Patienten, die mit einem hochkontagiösen lebensbedrohlichen Krankheitserreger (Risikogruppe 4, z. B. Ebola-, Marburg- oder Lassaviren) infiziert sind oder bei denen der Verdacht vorliegt
Daran anschließend sind die notwenigen Schutzmaßnahmen aufgeführt – um beispielsweise zu vermeiden, dass Beschäftigte Bioaerosole einatmen, Haut- oder Schleimhaut mit Mikroorganismen in Kontakt kommt oder diese über Verletzungen in den Körper eindringen:
- Mindestschutzmaßnahmen für den kompletten Anwendungsbereich, u. a.: schriftlicher Hygieneplan
- Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten der Schutzstufe 2 (z. B. gesonderte Toiletten für Beschäftigte und Patienten, Prävention von Nadelstichverletzungen), der Schutzstufe 3 (z. B. Beschränkung der Mitarbeiterzahl auf das notwendige Maß) und der Schutzstufe 4 (z. B. Untersuchung, Behandlung und Pflege von Patienten, die mit einem Erreger der Risikogruppe 4 infiziert sind, erfolgt in Sonderisolierstationen)
- Besondere und zusätzliche Maßnahmen für spezifische Arbeitsbereiche und Tätigkeiten: ambulante Pflege, Instandhaltung, Reinigungsarbeiten, Aufbereitung von Medizinprodukten, Umgang mit benutzter Wäsche, Entsorgung von Abfällen nach Abfallverzeichnisverordnung (AVV) und LAGA-Mitteilung 18, multiresistente Erreger, Pathologien
Abschließend regelt die TRBA 250 das Verhalten bei Unfällen, die Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten, die Erlaubnis-, Anzeige-, Aufzeichnungs- und Unterrichtungspflichten, die Zusammenarbeit Beschäftigter verschiedener Arbeitgeber sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge. Angehängt sind ergänzende Informationen, z. B. zu Sonderisolierstationen und dem Einsatz von Praktikanten, sowie Musterdokumente.
Quellen
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung – BioStoffV): § 19 Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Struktur und Arbeitsweise des ABAS
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (TRBA 250)