Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung

Seit Januar 2019 gilt in Deutschland ein neues Strahlenschutzrecht (Foto: romaset, AdobeStock)
Seit Januar 2019 gilt in Deutschland ein neues Strahlenschutzrecht (Foto: romaset, AdobeStock)

Vor nicht allzu langer Zeit wurden die gesetzlichen Vorgaben zur Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin neu gefasst: Seit 31. Dezember 2018 gilt die neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) in Verbindung mit dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) auf Grundlage der EURATOM-Richtlinie 2013/59. Die Röntgenverordnung, wie auch die alte Strahlenschutzverordnung sind abgelöst – und damit auch die Unterscheidung von Röntgenstrahlung auf der einen und nuklearmedizinischen oder strahlentherapeutischen Verfahren auf der anderen Seite. Das neue Strahlenschutzrecht hält für die Bereiche der Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie in Kliniken und Praxen nun einheitliche, zum Teil neue Regelungen bereit. Abfallmanager Medizin fasst die zentralen Punkte zusammen. Denn auch Abfallbeauftragte sollten über Grundwissen im Strahlenschutzrecht verfügen. Verletzen sie die gesetzlichen Strahlenschutz-Vorgaben, könnte die für ihre Position erforderliche Zuverlässigkeit (§ 8 Abfallbeauftragtenverordnung) aberkannt werden.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Röntgenverordnung ist nicht mehr in Kraft. Stattdessen gilt seit 31. Dezember 2018 die Strahlenschutzverordnung in Verbindung mit dem Strahlenschutzgesetz. Die meisten Regelungen zur Medizin sind jedoch gleich geblieben.
  • Die Strahlenschutzverordnung konkretisiert das Strahlenschutzgesetz.
  • Der Strahlenschutz bei medizinischen Anwendungen ist in Teil 2 der Strahlenschutzverordnung geregelt.
  • Neuerungen im Strahlenschutzrecht betreffen u.a. den Wegfall des Röntgenpasses und die stärkere Einbindung von Medizinphysik-Experten.

Die Strahlenschutzverordnung trat als wesentlicher Teil der „Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts“ am Silvestertag 2018 in Kraft. Sie konkretisiert das bereits 2017 erneuerte Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) macht es vollzugsfähig. Das Strahlenschutzgesetz enthält essentielle, grundrechtsrelevante Aspekte des Strahlenschutzes wie die Strahlenschutzgrundsätze, Genehmigungs- und Anzeigetatbestände, Grenz- und Referenzwerte, inklusive Regelungen zu Zuständigkeiten, Aufsicht und Verwaltungsverfahren.

Strahlenschutzverordnung gilt zusammen mit dem Strahlenschutzgesetz

Für medizinische Einrichtungen relevante Regelungen können sich nach dem neuen Strahlenschutzrecht sowohl in der StrlSchV als auch im StrlSchG finden. So kann es vorkommen, bei einem Thema (z. B. der Teleradiologie) beide Regelwerke zur Hand nehmen zu müssen. Experten verweisen auf den noch bestehenden Interpretationsspielraum oder Nachbearbeitungsbedarf an mehreren Stellen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht verwunderlich, dass die Ärztekammer des Saarlandes – Abteilung Zahnärzte betont, dass sowohl das Strahlenschutzgesetz als auch die Strahlenschutzverordnung für medizinisches Personal „ständig verfügbar zur Einsicht bereitgehalten werden“ müssen. „Empfehlenswert ist die elektronische Speicherung beider Dokumente bzw. der entsprechenden Links auf dem Desktop des Praxisrechners und diese sämtlichen Mitarbeitern auf diesem Wege zur Verfügung zu stellen, da das neue Strahlenschutzrecht sehr umfangreich ist“, heißt es auf der Website.

Für medizinische Einrichtungen Teil 2 relevant

Die Gliederung der Strahlenschutzverordnung orientiert sich an der des Strahlenschutzgesetzes. Für Praxen und Kliniken ist Teil 2 der Verordnung relevant. Dieser regelt den Strahlenschutz in geplanten Expositionssituationen, d. h. bei medizinischen Anwendungen. Wie in der „Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts“ ausgeführt , werden in Teil 2 insbesondere Schutzvorschriften benannt, die der oder die für die Tätigkeit Verantwortliche beachten muss, z. B. Vorgaben zur physikalischen Strahlenschutzkontrolle, zum Schutz beruflich exponierter Personen, im Zusammenhang mit der Anwendung am Menschen oder zum Schutz der Bevölkerung und Umwelt. Darüber hinaus enthält Teil 2, so heißt es in der Verordnung, Regelungen zur Rechtfertigung von Tätigkeitsarten, ergänzende Vorschriften im Zusammenhang mit der Vorabkontrolle von Tätigkeiten wie etwa zur Genehmigungs- und Anzeigefreiheit und den Freigrenzen sowie die Voraussetzungen und das Verfahren der Freigabe bzw. die Entlassung von Rückständen aus der Überwachung. Ergänzungen zum Strahlenschutzgesetz gibt es zudem hinsichtlich der betrieblichen Organisation des Strahlenschutzes, der Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz sowie der Anforderungen an die durch den Hersteller oder Lieferanten bereitzustellenden Informationen über Geräte.

Teil 3 betrifft den Strahlenschutz bei Notfallexpositionssituationen. Teil 4 widmet sich bestehenden Expositionssituationen, z. B. durch natürliche Strahlung verursachte. Teil 5 formuliert Regelungen, die alle drei genannten Situationen betreffen. Danach folgen in Teil 6 Bußgeldvorschriften und Übergangsvorschriften.

Medizinische Anwendungen: Wesentliche Regelungen gleich geblieben

Die Ärztekammer Niedersachsen kommt zu dem Schluss, dass die meisten der bislang aus der Röntgenverordnung (RöV) und der alten StrlSchV bekannten Regelungen zur Medizin inhaltlich gleich geblieben sind, z. B. die Strahlenschutzgrundsätze, alle Regelungen zu den Fachkunden im Strahlenschutz und zu den betrieblichen Strahlenschutzbereichen, einschließlich der bekannten Organisationsvorgaben bzw. der Auftrennung der Zuständigkeiten in die Bereiche des Strahlenschutzverantwortlichen und des Strahlenschutzbeauftragten.

Auch Walz, Wucherer und Loose halten in „Der Radiologe“ fest, dass die grundsätzlichen Anforderungen des Strahlenschutzes weiterhin gelten. Sie seien lediglich in einigen Aspekten ergänzt oder in der Umsetzung bzw. in Details überarbeitet worden, u. a. beim Einsatz von Medizinphysik-Experten (siehe weiter unten im Text), beim Umgang mit Vorkommnissen und der Erstellung von Arbeitsanweisungen. Deshalb gäbe es mehrere Übergangsvorschriften.

Aufbewahrungsfristen einhalten

Vorgaben zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen, Röntgenbildern, digitalen Bilddaten und sonstigen Untersuchungsdaten finden sich in § 85 StrlSchG sowie in § 125 StrlSchV. Die Regelungen haben sich im Vergleich zur alten Rechtslage grundsätzlich nicht geändert. Die genannten Unterlagen sind im Falle von Untersuchungen zehn Jahre aufzubewahren, bei Minderjährigen bis zum Ende des 28. Lebensjahres. Im Falle von Behandlungen schreibt das Gesetz 30 Jahre Aufbewahrung vor. Die Archivierung muss sicher erfolgen, so dass unbefugter Zugriff ausgeschlossen werden kann.

Mitarbeiter-Unterweisungen sind weiterhin über fünf Jahre hinweg aufzubewahren (§ 63 Abs. 6 StrlSchV). Für Aufzeichnungen zur Konstanzprüfung hingegen wurde die Aufbewahrung von zwei auf zehn Jahre nach Abschluss der Prüfung verlängert. Aufzeichnungen über die Abnahmeprüfung müssen für die Dauer des Betriebes des Röntgengeräts aufbewahrt werden, mindestens jedoch drei Jahre – statt vorher zwei – nach Abschluss der nächsten vollständigen Abnahmeprüfung (§ 117 StrlSchV).

Röntgenpass nicht mehr vorgeschrieben, aber empfohlen

Nach der alten Röntgenverordnung mussten Kliniken und Arztpraxen, in denen Röntgenuntersuchungen durchgeführt werden, ihren Patienten Röntgenpässe anbieten. Die Pflicht ist mit dem neuen Strahlenschutzrecht entfallen. Jedoch empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), den Röntgenpass weiter zu verwenden, um Wiederholungsuntersuchungen zu vermeiden und Vergleichsmöglichkeiten mit vorherigen Aufnahmen zu schaffen. Auch nuklearmedizinische Untersuchungen sollten darin eingetragen werden. Wer noch keinen Röntgenpass besitzt, kann ihn auf der Website des BfS herunterladen.

Medizinphysik-Experten verpflichtend

Bisher mussten Medizinphysiker nur in der Strahlentherapie und in der nuklearmedizinischen Therapie eingebunden werden. Nach dem neuen Strahlenschutzrecht ist ein Medizinphysik-Experte bei einer Behandlung mit radioaktiven Stoffen oder ionisierender Strahlung zur engen Mitarbeit bei der Festlegung des Bestrahlungsplans und der Durchführung der Behandlung hinzuzuziehen (§ 14 StrlSchG, § 131 StrlSchV). Hierfür gelten Übergangsvorschriften (§ 198 und § 200 StrlSchG). Die Aufgaben des Medizinphysikers fasst § 132 der Strahlenschutzverordnung zusammen. Dazu zählen die Qualitätssicherung, die Auswahl von Ausrüstungen, Geräten und Vorrichtungen sowie die Expositionsüberwachung.

Weitere Neuerungen im Überblick (Auswahl)

  • Pflicht zur Aufzeichnung und direkten Überprüfung jeder Strahlenexposition in der Diagnostik und Therapie
  • Ausstattung von Röntgengeräten hinsichtlich der Anzeige der Strahlenexpositionen und deren elektronischer Auswertung
  • Verpflichtung zur Vermeidung, Verarbeitung und Meldung von ungeplanten Strahlenexpositionen (bedeutsamen Vorkommnissen)
  • Organisation der Teleradiologie
  • Absenkung des Grenzwerts für die Augenlinsen bei der Strahlenexposition des Personals, entsprechende Schutzmittel sind zu nutzen
  • Früherkennungsuntersuchungen können vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) geprüft und genehmigt werden.

Quellen

Seit Januar 2019 gilt in Deutschland ein neues Strahlenschutzrecht (Foto: romaset, AdobeStock)
Seit Januar 2019 gilt in Deutschland ein neues Strahlenschutzrecht (Foto: romaset, AdobeStock)