Infektionsschutzgesetz nach Corona Wie COVID-19 das IfSG verändert hat

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde seit der Pandemie 38 Mal verändert. Wichtigster Meilenstein ist § 28a. (Foto: klavdiyav, AdobeStock)
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde seit der Pandemie 38 Mal verändert. Wichtigster Meilenstein ist § 28a. (Foto: klavdiyav, AdobeStock)

Kein Gesetz von vergleichbarer Tragweite hat in den letzten Jahren so viele Veränderungen durchlaufen wie das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Der Grund dafür ist weitgehend singulär und hinlänglich bekannt: SARS-CoV-2. Zum 8. April 2023 endeten nun die letzten Sondermaßnahmen, die speziell auf die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ausgerichtet waren. Aber hat sich das Thema Corona damit auch für das IfSG erledigt? Wir gehen der Frage nach, welche bleibenden Spuren die Atemwegserkrankung im Gesetz hinterlassen hat. Da diese mitunter immens sind, beschränken wir uns dabei in erster Linie auf diejenigen, die sich am meisten auf den Alltag in Krankenhäusern auswirk(t)en: Die Schutzmaßnahmen.*

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Das IfSG wurde seit der Pandemie 38 Mal verändert.
  • Wichtigster Meilenstein ist § 28a.
  • Ein zentraler Begriff, der bleibt, ist die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“.
  • Letzte Schutzmaßnahmen wie Immunitätsnachweise im Gesundheitsdienst oder Maskenpflicht entfallen.
  • Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker dürfen weiterhin bestimmte Impfungen durchführen.
  • Abfälle in Verbindung mit COVID-19 sind nicht gefährlich – bis auf eine Ausnahme.

38 Mal. So oft wurde das IfSG seit dem 28. März 2020 inzwischen geändert. Die initiale Anpassung ging damals auf Artikel 1 des „Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (Bevölkerungsschutzgesetz) zurück – eine erste Reaktion auf das sich rasant ausbreitende neue Coronavirus. Auch der Großteil der 37 nachfolgenden Änderungsrunden stand im Zusammenhang mit der Eindämmung des hochansteckenden Erregers. Manches davon ist trotz überstandener Pandemie noch immer Teil des Gesetzes – in ruhender Form sozusagen.

Schutzmaßnahmen nach § 28a

Einen wichtigen Meilenstein stellt die Gesetzesnovelle vom 19. November 2020 dar, beschlossen durch das nunmehr „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“.

Mit dieser wurde erstmalig der neue § 28a „Besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ erlassen. Darin wurden die zuvor in § 28 erwähnten notwendigen Schutzmaßnahmen nun hinsichtlich der Eindämmung des Coronavirus in Form eines Maßnahmenkatalogs konkretisiert. Medizinische und pflegerische Einrichtungen waren dabei insbesondere von den folgenden Vorschriften betroffen:

  • Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht),
  • Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten für Betriebe, Einrichtungen oder Angebote mit Publikumsverkehr,
  • Untersagung oder Beschränkung des Betretens oder des Besuchs von Einrichtungen des Gesundheits- oder Sozialwesens,
  • Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen,
  • Anordnung der Verarbeitung der Kontaktdaten,
  • Untersagung des Betretens oder des Besuchs von Alten- oder Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Entbindungseinrichtungen oder Krankenhäusern für enge Angehörige.

Die Entscheidungen über die jeweiligen Schutzmaßnahmen sollten nach § 28a Abs. 3 „insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems“ ausgerichtet werden. 35 bzw. 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen wurden dabei explizit als Schwellenwerte ausgewiesen.

§ 28a wurde im Laufe der Pandemie immer wieder an neue Entwicklungen bzw. Erkenntnisse hinsichtlich COVID-19 angepasst. So wurde etwa zum 31. März 2021 die Berücksichtigung absehbarer „Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten“ in § 28a Abs. 3 aufgenommen. Am 15. September 2021 fand die „Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises“ („3G“) Einzug in den Maßnahmenkatalog. Diese sowie Maskenpflicht, Abstandsgebot, Hygienekonzepte sowie die Verarbeitung von Kontaktdaten wurden nun als präventiver Infektionsschutz eingestuft. Für den Erlass weiterer Schutzmaßnahmen war indes nicht mehr eine feste Zahl an Neuinfektionen je 100.000 Einwohner, sondern eine differenzierte Betrachtung des Infektionsgeschehens aus Neuinfektionen, verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und der Anzahl der bereits geimpften Personen ausschlaggebend.

Epidemische Lage von nationaler Tragweite

Notwendige Grundlage für die Sondermaßnahmen nach § 28a war von Anfang an eine sogenannte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“. Die Definition einer solchen ist seit der Novelle vom 19. November 2020 im gleich lautenden § 5 (ehemals „Bund-Länder-Informationsverfahren“) IfSG festgehalten. Demnach liege eine epidemische Lage von nationaler Tragweite vor, „wenn die Bundesregierung eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland festgestellt hat, weil:

  1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler
    Tragweite ausgerufen hat und die Einschleppung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit in die Bundesrepublik Deutschland droht oder
  2. eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht.“

Eigentlich sollten die Schutzmaßnahmen nur in dieser Situation erfolgen. § 28a Abs. 7 sah jedoch noch eine Sonderregelung vor. So konnten die Maßnahmen auch nach dem Ende einer durch den Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite in einem Bundesland angewandt werden, sofern das jeweilige Landesparlament deren Anwendbarkeit feststellte. Diesem auf die Situation der Länder eingehenden Passus wurde in der Fassung vom 24. November 2021 noch einmal ein allgemeinerer vorangestellt, demzufolge nun auch schlicht bestimmte Schutzmaßnahmen, „soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich sind“, notwendig sein könnten. Hintergrund war der, dass die Bundesregierung die zum 25. November 2021 endende epidemische Lage von nationaler Tragweite aufgrund der hohen Impfquote damals nicht verlängert hatte. Der neue Abs. 7 sollte daher künftig auch unabhängig dieser Situation den nötigen Handlungsspielraum zur Eindämmung des Coronavirus gewährleisten. In zwei weiteren neuen Absätzen (Abs. 9 und 10) wurde der zeitliche Rahmen der so geregelten Schutzmaßnahmen festgelegt, der bei nachfolgenden Änderungen mehrfach angepasst wurde.

In seiner letzten Aktualisierung vom 1. Oktober 2022 entfallen die Absätze 7 bis 10. Stattdessen erhielt § 28a in seiner Bezeichnung den Zusatz „bei epidemischer Lage von nationaler Tragweite“. Seitdem ist also eine nationale Tragweite einer Epidemie für die Anwendung der Schutzmaßnahmen aus § 28a zwingend erforderlich.

Immunitätsnachweis und Impfpflicht im Gesundheitswesen

In der Fassung des IfSG vom 29. März 2021 wurden in § 20 („Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe“) bereits die Impfziele (z. B. Reduktion schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe) von Corona-Impfungen, an denen sich die Empfehlungen der STIKO auszurichten haben, in einem neuen Abs. 2a definiert. Am 12. Dezember 2021 wurden wiederum die beiden neuen Paragraphen 20a und 20b eingeführt. Laut § 20a („Immunitätsnachweis gegen COVID-19“) mussten nun in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes tätige Personen ab dem 15. März 2022 entweder geimpft oder genesen sein. Zum 17. September 2022 wurden Personen mit einer medizinischen Kontraindikation und Schwangere, die sich im ersten Schwangerschaftsdrittel befinden, als Ausnahmen von dieser Regelung bestimmt. In der letzten Aktualisierung vom 1. Januar 2023 ist § 20a aufgehoben.

§ 20b („Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2“) regelte erstmals, wer außer Fachärzten Schutzimpfungen unter welchen Voraussetzungen durchführen durfte – zu diesem Zeitpunkt waren dies Zahn- und Tierärzte sowie Apotheker. Letztere wurden in der letzten Aktualisierung vom 1. Januar 2023 gestrichen. Entsprechend geschulte Zahn- und Tierärzte dürfen demnach weiterhin Impfungen gegen SARS-CoV-2 durchführen.

Dafür geschulte Apotheker sind allerdings seit Einführung von § 20c („Durchführung von Grippeschutzimpfungen“) ab dem 30. Juni 2022 für die Durchführung von Grippeschutzimpfungen berechtigt. In der letzten Fassung vom 1. Januar 2023 wurde diese Berechtigung auf Corona-Impfungen ausgeweitet („Durchführung von Grippeschutzimpfungen und Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 durch Apotheker“).

Schutzmaßnahmen bei „besonderem Infektionsgeschehen“ (§ 28b)

Zum 23. April 2021 wurde ein zusätzlicher Paragraph mit weiteren konkret anzuwendenden Schutzmaßnahmen erlassen, für die die epidemische Lage von nationaler Tragweite keine Rolle spielte: § 28b („Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit- 2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung“). Die darin enthaltenen Bestimmungen sollten für Landkreise und kreisfreie Städte greifen, die eine Sieben-Tage-Inzidenz ab 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner aufwiesen. Die Maßnahmen beinhalteten u. a. Beschränkungen privater Zusammenkünfte im privaten und öffentlichen Raum, Zutrittsbeschränkungen zu Arbeitsstätten (wo physischer Kontakt möglich ist) in Form der sogenannten 3G-Regelung (nur mit Impf-, Genesenen- oder negativem Testnachweis), Öffnungsverbote für Freizeiteinrichtungen und Geschäfte (mit Einschränkungen), das verpflichtende Tragen von FFP2-Masken im ÖPNV oder die Einschränkung des Präsenzunterrichts an Schulen bzw. Auflagen für diesen.

In der Novelle vom 24. November entfiel die Bedingung einer bestimmten Sieben-Tage-Inzidenz. Die Maßnahmen erhielten damit Allgemeingültigkeit, wurden allerdings zeitlich bis zum 19. März 2022 begrenzt, mit der Möglichkeit einer Verlängerung um bis zu drei Monate durch den Bundestag. Ab 20. März galt nur noch eine FFP2-Maskenpflicht im ÖPNV. In der letzten Fassung vom 24. September wurden noch einmal für den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 für den Fall „saisonal hoher Dynamik“ Bestimmungen festgelegt, die hauptsächlich das Tragen von FFP2-Masken in bestimmten Bereichen vorsehen.

Was bleibt nach Corona?

Von „nach Corona“ zu sprechen ist insofern irreführend, als das Virus noch immer da ist und gewiss bleiben wird. Der Erreger ist inzwischen jedoch endemisch geworden. Aufgrund praktisch flächendeckend durchlaufener Infektionen respektive Impfungen besteht mittlerweile eine hohe Immunität in der Bevölkerung, die vor hoch ausschlagenden Infektionswellen schützt. Was nach der Pandemie bleibt, ist also vor allem erst einmal COVID-19 selbst – und dessen Relevanz als endemische Atemwegserkrankung im medizinischen Alltag.

Im IfSG hat die Pandemie insbesondere sozusagen einen Präzedenzfall für eine epidemische Lage von nationaler Tragweite geschaffen. Die Definition und rechtlichen Konsequenzen einer solchen Situation sind nun als fester Bestandteil des IfSG in § 5 festgehalten. Gleichwohl bleibt auch § 28a bestehen, allerdings mit dem bereits erwähnten Zusatz „bei epidemischer Lage von nationaler Tragweite“ und somit sozusagen „ruhend“, solange diese Lage nicht gemäß § 5 vorliegt. Wer sich gegen Corona impfen lassen möchte, kann dies zudem immer noch in zahn- oder tierärztlichen Praxen oder Apotheken mit entsprechend geschultem Personal tun.

Abfälle in Verbindung mit COVID-19

Was mit dem Coronavirus natürlich ebenfalls bleibt, ist mit diesem in Verbindung stehender Abfall. Abfälle, die mit meldepflichtigen Erregern kontaminiert sein können, müssen in der Regel als gefährlicher Abfall nach dem Abfallschlüssel 180103* vernichtet werden. Laut Robert Koch-Institut fallen bei der Behandlung von an COVID-19 erkrankten Personen in der Regel jedoch keine gefährlichen Abfälle an. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Abfälle, die bei der mikrobiologischen und virologischen Diagnostik von COVID- 19 entstehen und nicht durch ein anerkanntes Verfahren desinfiziert werden können, erfordern AS 180103*. Schnelltests dürfen hingegen wie die übrigen nicht gefährlichen Abfälle in Zusammenhang mit dem Virus gemäß LAGA-Mitteilung 18 in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen nach AS 180104 in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen entsorgt werden.

 

*Hinweis: Die verwendeten Daten beziehen sich auf das Inkrafttreten der einzelnen Vorschriften, nicht auf den Zeitpunkt ihres Beschlusses.

Quellen

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde seit der Pandemie 38 Mal verändert. Wichtigster Meilenstein ist § 28a. (Foto: klavdiyav, AdobeStock)
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde seit der Pandemie 38 Mal verändert. Wichtigster Meilenstein ist § 28a. (Foto: klavdiyav, AdobeStock)