Neues Digital-Gesetz Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens

Digitale Daten abstrakt dargestellt.
Ziel des Digital-Gesetzes ist eine Weiterentwicklung und ein Vorantreiben der Digitalisierung des Gesundheitswesens für eine verbesserte Gesundheitsversorgung durch höhere Effizienz und Qualität sowie einen stärkeren Fokus auf die Patientinnen und Patienten. (Foto: Urupong)

Ein Ende von Doppeluntersuchungen, Fehldiagnosen und suboptimalen Therapien, dafür Datensegen für Forschung und eine bessere Gesundheitsversorgung – das und mehr soll das neue Digital-Gesetz (DigiG) bewirken. Tatsächlich verfügt das DigiG über das Potenzial, das deutsche Gesundheitswesen auf mehreren Ebenen maßgeblich zu verändern. Dies betrifft sowohl den Wandel bestimmter Behandlungen von analog zu digital (und die damit verbundene Ortsunabhängigkeit von Praxen und Krankenhäusern) als auch die medizinisch zweifellos lohnende Nutzung von Big Data. Solchen Vorteilen steht jedoch auch potenziell die Gefahr von Datendiebstahl und -missbrauch gegenüber. Abfallmanager Medizin beleuchtet die wichtigsten Regelungen und ihre möglichen Auswirkungen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Das neue Digital-Gesetz soll den Weg für eine bessere Gesundheitsversorgung durch Nutzung digitaler Möglichkeiten bereiten.
  • Gemäß DigiG wird im Januar 2025 für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland eine elektronische Patientenakte (ePA) eingeführt.
  • Digitale Gesundheitsanwendungen der höheren Risikoklasse IIb werden verschreibungsfähig.
  • Die Telemedizin wird weiter ausgebaut. Bisherige Mengenbegrenzungen fallen weg.
  • Für Datensicherheit und -schutz soll ein Digitalbeirat durch die Gesellschaft für Telematik (gematik – Nationale Agentur für Digitale Medizin) eingerichtet werden.

Das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz) trat am 26. März 2024 in Kraft. Ziel des Rechtstextes ist eine Weiterentwicklung und ein Vorantreiben der Digitalisierung des Gesundheitswesens für eine verbesserte Gesundheitsversorgung durch höhere Effizienz und Qualität sowie einen stärkeren Fokus auf die Patientinnen und Patienten. Hierfür werden umfangreiche Änderungen an bestehenden Gesetzen vorgenommen, insbesondere am Fünften Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung), aber auch am Siebten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Unfallversicherung), am Bundeskrebsregisterdatengesetz sowie an der Digitalen Gesundheitsanwendungen-Verordnung, der digitalen Pflegeanwendungen-Verordnung und diversen anderen.

Elektronische Patientenakte, elektronischer Medikationsplan und Ausweitung des E-Rezepts

Im Kern des Gesetzes steht die mehr oder weniger flächendeckende Einführung einer elektronischen Patientenakte (ePA), die ab Anfang 2025 für alle gesetzlich Versicherten erfolgen soll. Die darin erfassten Daten sollen unter anderem für medizinische Forschungszwecke genutzt werden. Patientinnen und Patienten können allerdings sowohl einer solchen Nutzung ihrer Daten als auch ganz allgemein ihrer ePA per Opt-Out-Verfahren widersprechen und dürfen durch ihren Widerspruch in der Behandlung weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Private Versicherungen haben wiederum die Möglichkeit, ihren Versicherten eine widerspruchsbasierte elektronische Patientenakte nach Vorbild der gesetzlichen Krankenkassen anzubieten.

Teil der geplanten ePA ist ein elektronischer Medikationsplan (auch als digitale Medikationsübersicht bezeichnet), in dem alle verschriebenen Medikamente erfasst werden. Sobald die ePA zur Verfügung steht (und ihr nicht widersprochen wurde), sind an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, einen solchen zu erstellen und zu aktualisieren. Was zunächst wie ein Mehraufwand für Praxen und Krankenhäuser klingt, dürfte in der Praxis weitgehend automatisiert über eine Weiterentwicklung des E-Rezepts ablaufen, das mit der ePA bzw. dem Medikationsplan verzahnt wird. Die E-Rezepte werden zudem künftig über eine spezielle ePA-App durch die Behandelten abrufbar sein. Die digitale Medikationsübersicht soll unter anderem unerwünschte Wechselwirkungen zwischen Medikamenten vermeiden und Ärzte bei der Behandlung unterstützen.

Ausbau von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und der Telemedizin

Das Digital-Gesetz sieht auch den Ausbau des Einsatzes digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) vor. Diese „Apps auf Rezept“ sollen künftig stärker und zugleich transparenter in die medizinischen Versorgungsprozesse mit eingebunden werden. Dazu gehört etwa eine Ausweitung auf Anwendungen der höheren Risikoklasse IIb. Bislang waren lediglich DiGA niedriger Risikoklassen verschreibungsfähig. Durch diese Erweiterung lassen sich die digitalen Gesundheitsanwendungen gleichsam in komplexere Behandlungsprozesse (wie etwa das Telemonitoring) integrieren. Hersteller von DiGA höherer Risikoklassen müssen dabei allerdings deren medizinischen Nutzen (über eine prospektive Vergleichsstudie) nachweisen. Die Prüfung solch höherklassiger Anwendungen soll bis zum 31. März 2027 durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte evaluiert werden.

Neben den DiGA soll auch die Telemedizin ein fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung werden. Hierfür werden zum einen die bisher geltenden Mengenbegrenzungen (aktuell maximal 30 Prozent der Arbeitszeit von Ärztinnen und Psychotherapeuten) aufgehoben. Zum anderen wird der Zugang zu telemedizinischen Leistungen mithilfe einer assistierten Telemedizin erleichtert. Das Gesetz ermöglicht zudem eine telemedizinische Versorgung durch ambulante Einrichtungen (wie Hochschul- oder psychiatrische Institutsambulanzen) sowie telemedizinische psychotherapeutische Sprechstunden.

Datenschutz und -sicherheit: Einrichtung eines Digitalbeirats

Neben zahlreichen Vorteilen birgt die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung auch gewisse Risiken in sich. Das betrifft insbesondere die Frage, wie sicher die empfindlichen medizinischen Daten sind, die über digitale Anwendungen ausgetauscht werden. Deshalb ist dem Digital-Gesetz zufolge bis zum 30. Juni 2024 ein Digitalbeirat durch die Gesellschaft für Telematik (gematik) einzurichten. Diesem fest angehörig sind das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie die oder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Darüber hinaus kann die Gesellschaft noch zusätzliche Mitglieder berufen. Wichtig ist, dass bei der Besetzung des Digitalbeirats vor allem auch medizinische und ethische Perspektiven berücksichtigt werden.

Aufgabe des Beirats ist es neben dem Schaffen einer eigenen Geschäftsordnung u. a., die gematik „laufend zu Belangen des Datenschutzes und der Datensicherheit sowie zur Nutzerfreundlichkeit der Telematikinfrastruktur und ihrer Anwendungen“ zu beraten. Das Bundesministerium für Gesundheit soll dabei bis zum 30. Juni 2025 evaluieren, inwiefern dieses Gremium zu ausgewogenen Entscheidungen in den drei Bereichen beigetragen hat.

Auswirkungen auf das Abfallaufkommen in Gesundheitseinrichtungen

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens – insbesondere die Ausweitung digitaler Behandlungsmethoden – birgt grundsätzlich das Potenzial in sich, bestimmte medizinische Abfälle zu vermeiden bzw. den Verbrauch von Medizinprodukten zu reduzieren. So dürften durch die vermehrte Nutzung von Telemedizin beispielsweise weniger Desinfektionsmittel anfallen, da diese nur bei Untersuchungen und Behandlungen vor Ort benötigt werden. Gleichsam könnte auch die perspektivisch stärkere Vermeidung von Falschbehandlungen zu weniger Abfällen (z. B. in Form von nicht aufgebrauchten Medikamenten) beitragen.

Quellen

Digitale Daten abstrakt dargestellt.
Ziel des Digital-Gesetzes ist eine Weiterentwicklung und ein Vorantreiben der Digitalisierung des Gesundheitswesens für eine verbesserte Gesundheitsversorgung durch höhere Effizienz und Qualität sowie einen stärkeren Fokus auf die Patientinnen und Patienten. (Foto: Urupong)