Arbeitsschutz ist aus ethischer und ökonomischer Sicht unerlässlich. Gesunde Arbeitsbedingungen tragen nicht nur dazu bei, Fehlzeiten, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu reduzieren, sie fördern auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. In Deutschland entwickeln sich diese seit Jahren rückläufig. Dieser Erfolg wird auch dem Arbeitsschutz zugeschrieben, dem hierzulande ein duales System zugrunde liegt – geprägt durch den staatlichen Arbeitsschutz auf der einen und den Arbeitsschutz der gesetzlichen Unfallversicherungsträger auf der anderen Seite. Eine der zentralen staatlichen Rechtsverordnungen ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Kliniken, Labore und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens sind Arbeitsstätten, weshalb Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Vorschriften der ArbStättV umsetzen müssen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die Arbeitsstättenverordnung regelt die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten in Arbeitsstätten. Weiterhin benennt sie Anforderungen an die menschengerechte Gestaltung der Arbeit.
- Die ArbStättV enthält allgemeine Schutzziele. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) helfen bei der praktischen Umsetzung.
- Maßnahmen des Arbeitsschutzes hat die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber zu treffen.
Der Arbeitsstättenverordnung können Kliniken und Praxen entnehmen, welche Mindestvorschriften sie beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten in Bezug auf die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten beachten müssen. Gerade auch bei Bauvorhaben ist dieses Wissen essentiell.
Ziel der Verordnung ist es, Beschäftigte zu schützen und Arbeitsunfälle wie auch Berufskrankheiten zu vermeiden. Außerdem stützt die Verordnung die menschengerechte Gestaltung der Arbeit, worunter laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) gesundheitlich zuträgliche Luft-, Klima- und Beleuchtungsverhältnisse sowie einwandfreie soziale Einrichtungen (z. B. Sanitär- und Erholungsräume) zu verstehen sind.
Im Dezember 2016 wurde die Verordnung, die vor allem die EG-Arbeitsstättenrichtlinie 89/654/EWG umsetzt, zuletzt in größerem Umfang an die sich verändernde Arbeitswelt angepasst. Unter anderem wurden die Vorschriften der Bildschirmarbeitsverordnung modernisiert und in die Arbeitsstättenverordnung integriert sowie Regelungen zu Telearbeitsplätzen und mobilen Arbeitsmitteln an stationären Arbeitsplätzen ergänzt.
Was sind Arbeitsstätten?
Arbeitsstätten sind gemäß ArbStättV Arbeitsräume oder andere Orte in Gebäuden auf dem Gelände eines Betriebes, Orte im Freien auf dem Gelände eines Betriebes und Orte auf Baustellen, wenn sie als Arbeitsplätze genutzt werden. Zu den Arbeitsstätten zählen aber auch Verkehrswege, Fluchtwege, Notausgänge, Lager-, Maschinen- und Nebenräume, Sanitärräume, Kantinen, Pausen- und Bereitschaftsräume, Erste-Hilfe-Räume, Unterkünfte sowie Einrichtungen, die dem Betreiben der Arbeitsstätte dienen, z. B. Versorgungseinrichtungen, raumlufttechnische Anlagen und Laderampen (§ 2 ArbStättV).
Allgemeine Schutzziele statt konkreter Anforderungen
Die ArbStättV gliedert sich in zehn Paragraphen und einen sechsteiligen Anhang. Nach einführenden Formulierungen zu Zielen, Anwendungsbereich und zentralen Begriffen führt § 3 die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber genauer aus. Dabei sind sowohl physische als auch psychische Belastungen zu berücksichtigen, bei Bildschirmarbeitsplätzen vor allem auch die Belastung der Augen. „Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten gemäß den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhangs nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene festzulegen. Sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen“ (§ 3 ArbStättV). Werden Menschen mit Behinderungen beschäftigt, ist die barrierefreie Gestaltung der Arbeitsplätze sicherzustellen (§ 3a).
Anforderungen an das Betreiben von Arbeitsstätten beschreibt § 4: Danach müssen
- mit Gefahren verbundene Mängel unverzüglich beseitigt,
- die Arbeitsstätten den hygienischen Erfordernissen entsprechend gereinigt,
- Sicherheitseinrichtungen wie Brandmelde- und Feuerlöscheinrichtungen, Notschalter und raumlufttechnische Anlagen instand gehalten und auf Funktionsfähigkeit geprüft
- Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge freigehalten
- Flucht- und Rettungspläne erarbeitet, ausgehangen und geprobt und
- Mittel zur Ersten Hilfe bereitgestellt werden.
§ 5 regelt schließlich den Nichtraucherschutz, § 6 die Unterweisung der Beschäftigten anhand der Gefährdungsbeurteilung und über Maßnahmen im Gefahrenfall. Unterweisung müssen grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeit, mindestens ein Mal im Jahr und auch immer dann erfolgen, wenn sich die Tätigkeiten, die Arbeitsorganisation, Verfahren oder die Einrichtungen und Betriebsweisen in der Arbeitsstätte wesentlich verändern und zusätzliche Gefährdungen bedeuten. Den Ausschuss für Arbeitsstätten behandelt § 7, Übergangsvorschriften und Strafen bei Verstößen die letzten beiden Paragraphen.
Besondere Beachtung ist dem Anhang der Arbeitsstättenverordnung zu schenken. Hier sind die Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Absatz 1 skizziert:
- Allgemeine Anforderungen, z. B. an Konstruktion und Festigkeit von Gebäuden, an Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung, Fußböden, Türen und Laderampen
- Maßnahmen zum Schutz vor besonderen Gefahren, wie herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen und Bränden
- Arbeitsbedingungen, u. a. Ausstattung, Beleuchtung, Raumtemperatur und Lüftung
- Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen, Erste-Hilfe-Räume und Unterkünfte
- Ergänzende Anforderungen und Maßnahmen für besondere Arbeitsstätten und Arbeitsplätze wie Baustellen
- Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen
Zusammenfassend konstatiert die BAUA, dass die ArbStättV allgemeine Schutzziele statt konkreter Maßzahlen und Detailanforderungen vorgibt. Das verschaffe Arbeitgebern mehr Freiheit bei Entscheidungen zur Gestaltung und dem Betrieb von Arbeitsstätten.
Durchführungshilfe: Technische Regeln für Arbeitsstätten
Zur Umsetzung der ArbStättV empfiehlt sich, die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) heranzuziehen. Hier finden sich konkrete Maßnahmen und praktische Durchführungshilfen, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Sie helfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern insbesondere bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und der Ableitung von Maßnahmen für die Gesundheit und den Schutz der Beschäftigen.
Die bisher erschienenen Technischen Regeln für Arbeitsstätten sind auf der Website der BAUA veröffentlicht.
Weitere staatliche Vorschriften zum Arbeitsschutz (Auswahl)
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
- Biostoffverordnung (BioStoffV)
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- Gerätesicherheitsgesetz (GSG)
- Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
- Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)
Quellen
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV)
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Arbeitsstättenverordnung
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Informationen zur Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)
- Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) gesetzliche Unfallversicherung: Neue Arbeitsstättenverordnung in Kraft
- Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik Körperschaft des öffentlichen Rechts: Novellierte Arbeitsstättenverordnung
- Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Berufskrankheiten – Statistik
- Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Arbeits- und Wegeunfallgeschehen
- Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt (März 2007): Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 38, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten
- Robert Koch-Institut (2016): Arbeitsunfälle