ADR 2023 Aktuelles Regelwerk für die Beförderung gefährlicher Güter

Innerhalb der ADR ist der Transport von Gefahrgütern geregelt. Fahrzeuge die diese Stoffe transportieren, sind mit spezifischen Gefahrenschilder versehen. (Foto: U. J. Alexander )
Truck with dangerous goods

Wenn es um den Transport von Gefahrgütern auf europäischen – und inzwischen auch vielen weiteren internationalen – Straßen geht, gelten die Bestimmungen des ADR. Das „Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße“ wird alle zwei Jahre an den Stand der Technik angepasst. Die letzte Novelle trat zum 1. Januar 2023 in Kraft. Einige der darin enthaltenen Änderungen sind auch für Einrichtungen des Gesundheitsdienstes wie Krankenhäuser relevant. Mit dem Ende der Übergangsfrist zum 30. Juni 2023 ist das ADR 2021 nun endgültig obsolet und es gelten ausschließlich die Regelungen des neuen ADR 2023.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Seit 1. Januar 2023 gilt das neue ADR.
  • Medizinische Abfälle der UN-Nummer 3291 dürfen nun in Außenverpackungen ohne Deckel
  • transportiert werden.
  • Die Sondervorschrift SV 396 erlaubt die Beförderung von Gasflaschen mit offenen Ventilen.
  • Laut der Sondervorschrift SV 676 gelten für die Beförderung polymerisierender Stoffe zur
  • Entsorgung oder zum Recycling nicht mehr die Vorschriften von SV 386.
  • Der Transport mit Lastenrädern unterliegt nicht dem ADR.

Die Neuerungen im ADR 2023 sind ebenso umfassend wie umfangreich. Glücklicherweise ändert sich für Abfallbeauftragte im medizinischen Bereich jedoch bei alledem nur sehr wenig – gerade auch im Vergleich zur vorherigen Novelle. Nichtsdestotrotz gibt es drei neue Bestimmungen, die Abfallmanager und Abfallmanagerinnen kennen sollten.

Verpackungsanweisung P621: Außenverpackungen ohne Deckel

Eine Änderung, die den Krankenhausbetrieb ganz konkret betreffen könnte, findet sich in der Verpackungsanweisung P621. Diese ist bei Abfällen mit der UN-Nummer 3291 (unspezifizierter klinischer Abfall, [bio-]medizinischer Abfall, vorschriftsgemäßer medizinischer Abfall) anzuwenden. Gemäß P621 sind nun auch Behälter bzw. starre Außenverpackungen in Form bestimmter Fässer (z.B. 1B1 – aus Aluminium, mit nicht abnehmbaren Deckel) und Kanister (z.B. 3A1 aus Stahl, mit nicht abnehmbaren Deckel) für den Transport von Versandstücken, die „größere Mengen flüssiger Stoffe enthalten“, zulässig. Die Verpackungen müssen dabei den Prüfanforderungen der Verpackungsgruppe II für flüssige Stoffe entsprechen.

Sondervorschrift SV 396: Beförderung von Gasflaschen mit offenen Ventilen

Gleichwohl können zwei weitere neue Sondervorschriften medizinische Einrichtungen betreffen. Dies ist zum einen die Sondervorschrift SV 396. Dieser zufolge ist nun neuerdings die Beförderung großer und widerstandsfähiger Gegenstände mit angeschlossenen Gasflaschen mit geöffneten Ventilen erlaubt. Auch das gilt jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. So bezieht sich die Sondervorschrift lediglich auf Gasflaschen, die Stickstoff der UN-Nummer 1066, verdichtetes Gas der UN-Nummer 1956 (z. B. Sauerstoff) oder verdichtete Luft der UN-Nummer 1002 enthalten. Dies kann z. B. Krankenhäuser beim internen Transport (auf der Straße) von Beatmungsgeräten oder Kryotherapiegeräten betreffen.Weitere Voraussetzungen sind:

  • „die Gasflaschen sind mit dem Gegenstand durch Druckregler und feste Rohrleitungen so verbunden, dass der Druck des Gases (Überdruck) im Gegenstand 35 kPa (0,35 bar) nicht überschreitet;
  • die Gasflaschen sind ordnungsgemäß gesichert, so dass sie sich in Bezug auf den Gegenstand nicht bewegen können, und sind mit widerstandsfähigen und druckbeständigen Schläuchen und Rohren ausgestattet;
  • die Gasflaschen, Druckregler, Rohrleitungen und anderen Bauteile sind während der Beförderung durch Verschläge aus Holz oder andere geeignete Mittel vor Beschädigungen und Stößen geschützt;
  • das Beförderungspapier enthält folgenden Vermerk: ‚BEFÖRDERUNG GEMÄSS SONDERVORSCHRIFT 396‘;
  • Güterbeförderungseinheiten, die Gegenstände enthalten, die mit Flaschen mit offenen Ventilen befördert werden, die ein Gas enthalten, von dem eine Erstickungsgefahr ausgeht, sind gut belüftet und in Übereinstimmung mit Unterabschnitt 5.5.3.6 gekennzeichnet.“

Sondervorschrift SV 676: Beförderung polymerisierender Stoffe

Eine weitere neue Sondervorschrift widmet sich der Beförderung polymerisierender Stoffe. Letztere ist normalerweise durch die Sondervorschrift SV 386 geregelt. Derartige Stoffe finden in Krankenhäusern mitunter als medizinischer Kleber oder bei Füllungen in der Zahnmedizin Verwendung. Mit der Sondervorschrift SV 676 kommt nun eine zusätzliche Regelung hinzu, die speziell die Beförderung polymerisierender Stoffe zur Entsorgung oder zum Recycling betrifft. In diesem Fall gelten die Vorschriften von SV 386 nicht mehr, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • „vor der Verladung hat eine Prüfung ergeben, dass die Außentemperatur des Versandstücks und die Umgebungstemperatur nicht wesentlich voneinander abweichen;
  • die Beförderung erfolgt innerhalb eines Zeitraums von höchstens 24 Stunden nach dieser Prüfung;
  • die Versandstücke sind während der Beförderung vor direkter Sonneneinstrahlung sowie vor der Einwirkung anderer Wärmequellen (z. B. zusätzliche Ladungen, welche über Umgebungstemperatur befördert werden) geschützt;
  • die Umgebungstemperaturen während der Beförderung betragen weniger als 45 °C;
  • Fahrzeuge und Container sind ausreichend belüftet;
  • die Stoffe sind in Versandstücken mit einem Fassungsraum von höchstens 1.000 Liter verpackt.“

Beförderung mit Lastenrad unterliegt nicht ADR

Normalerweise unterliegt auch die innerbetriebliche Beförderung von Gefahrgut auf der Straße, wie sie etwa in großen Kliniken vorkommt, dem ADR. Es gibt jedoch eine interessante Ausnahme, auf die uns Silvia Hermes von der Uniklinik Münster im Interview freundlicherweise hingewiesen hat: Verwendet man ein Lastenrad für den Gefahrguttransport auf dem Gelände, gelten hierfür laut Verkehrsministerium die Bestimmungen des ADR nicht, da das Fahrzeug weder motorisiert noch vierrädrig ist.

 

Quellen

Innerhalb der ADR ist der Transport von Gefahrgütern geregelt. Fahrzeuge die diese Stoffe transportieren, sind mit spezifischen Gefahrenschilder versehen. (Foto: U. J. Alexander )
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