Interview mit Monique Moch-Lasok Klimaschutz muss im Krankenhaus gelebt werden

Monique Moch-Lasok - Frau in blauem Shirt und schwarzen Blazer. (Foto: Knappschaft Kliniken)
Get green – dieses Motto hat sich Monique Moch-Lasok auf die Fahne geschrieben, um die Knappschaft Kliniken langfristig nachhaltig auszurichten. (Foto: Knappschaft Kliniken)

„Get green“ – unter diesem Motto will der Klinikverbund der Knappschaft Kliniken das Gesundheitswesen nachhaltiger gestalten. Damit dieses Vorhaben gelingen kann, hat Monique Moch-Lasok – Referentin im Geschäftsbereich Investitionen, Bauen und Technik – gemeinsam mit einem Dienstleister ein Transformationskonzept für die 7 Gesellschaften und 12 Liegenschaften erarbeitet, welches den Status Quo in den Krankenhäusern darstellt und die Transformation zu einem CO2-reduzierten Betrieb beschreibt. Welche Rolle das Abfallmanagement in diesem Plan spielt und welche Herausforderungen diese Aufgabe mit sich bringt, berichtet uns die Ingenieurin für Energiemanagement, Ver- und Entsorgungstechnik im Interview.

Zur Person: Monique Moch-Lasok

  • seit April 2023 Referentin im Geschäftsbereich Investitionen, Bauen und Technik – Knappschaft Kliniken GmbH, Recklinghausen
  • September 2017 bis April 2023 Referentin in der technischen Abteilung – KLINIKUM Westfalen GmbH, Dortmund
  • September 2015 bis September 2017 Masterstudium Systems Engineering und Facilitymanagement an der Westfälisches Hochschule
  • September 2012 bis September 2015 Bachelorstudium Ver- und Entsorgungstechnik an der Westfälischen Hochschule

Sie sind Ingenieurin für Energiemanagement, Versorgungs- und Entsorgungstechnik und Klimamanagerin bei den Knappschaft Kliniken. Können Sie uns einmal erzählen, wie es dazu kam?

Ich hatte schon immer eine gewisse Leidenschaft für technische Prozesse, weshalb ich mich für ein Ingenieurstudium im Bereich Ver- und Entsorgungstechnik und ein anschließendes Masterstudium für Energie und Facilitymanagement entschied. Nach meinem Studium habe ich dann beim Klinikum Westfalen GmbH eine Stelle im Bereich Bau und Technik angetreten, wo der Fokus vorerst vor allem auf dem Energiemanagement lag. Erst mit meiner Weiterbildung zur Klimamanagerin 2019 habe ich mich verstärkt mit Umwelt- und Klimaschutz auseinandergesetzt. Mit dieser Weiterbildung änderte sich auch meine Perspektive: Denn obwohl ich im Energiemanagement auch vorher verschiedene Einsparmaßnahmen umsetzte, haben wir erst ab diesem Zeitpunkt angefangen, Klimaschutz im Klinikum Westfalen verstärkt zu leben. Auch mit meinem Wechsel zu den Knappschaft Kliniken, zu denen das Klinikum Westfalen gehört, gehören Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu den Unternehmenszielen und prägen meinen Alltag.

Wie kann man sich „Klimaschutz leben“ konkret vorstellen?

Wir wollen Klimaschutz ganzheitlich leben, dazu gehört für uns die Verknüpfung zwischen Energiemanagement, ressourcenschonenden Strukturen und den Treibhausgasemissionen in den zwölf Häusern unseres Verbundes. Hierfür haben wir bereits verschiedene Maßnahmen wie die Nutzung von Mehrweggeschirr, Recyclingkonzepte für verschiedene Abfälle oder die Zerkleinerung unserer Lebensmittelanfälle für die Zufuhr zur Biogasanlage gestartet. Meine Arbeit wurde natürlich dadurch vereinfacht, dass damals das Klinikum Westfalen und später auch die gesamten Knappschaft Kliniken Klimaschutz als Unternehmensziel definiert haben. Unter dem Motto „Get green“ haben wir es uns zum Ziel gesetzt, 40 Prozent unserer CO2-Emissionen einzusparen und gemeinsam ein nachhaltiges Transformationskonzept zu entwickeln. Hierfür konzipieren wir momentan auch eine eigene Nachhaltigkeitspolitik, die 30 Zielsetzungen für unterschiedliche Abteilungen umfasst.

IST-Analyse als wichtiges Werkzeug der Nachhaltigkeit

Wie wollen Sie das große Ziel „Get Green! Wir für den Klimaschutz!“ erreichen bzw. was tun Sie dafür bereits?

Ein erster großer Schritt war eine umfassende Status-quo-Analyse in all unseren Häusern bezüglich aller Themen, die den Klimaschutz tangieren. Man sollte sich erst mal ausführlich mit den eigenen Ressourcen, Möglichkeiten und bereits bestehenden Maßnahmen auseinandersetzen, um wirklich beurteilen zu können, wie klimarelevante Strukturen optimiert werden müssen bzw. können. Dabei habe ich natürlich von meinem Wissen aus dem Klinikum Westfalen profitiert und konnte viele der bewährten Konzepte auf die anderen Häuser in abgewandelter Form übertragen. Wichtig war hier: Nicht alle Ideen lassen sich in jeder Einrichtung umsetzen, da beispielsweise andere bauliche Voraussetzungen vorliegen, sich personelle Kapazitäten unterscheiden und auch der Wissensstand ganz unterschiedlich ist.

Mit Beginn meiner Tätigkeit als Nachhaltigkeitsmanagerin bei den Knappschaft Kliniken war es mir daher sehr wichtig, ein starkes Netzwerk – sowohl in unseren Einrichtungen als auch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kliniken – aufzubauen, um Wissen einerseits zuverlässig zu streuen und andererseits im Vergleich mit anderen abzuwägen, wie zielführend unsere Ideen wirklich sind. So sind wir beispielsweise Gründungsmitglied der KliMeG – worauf ich persönlich besonders stolz bin. Hierfür sind wir auch mit Melissa Kurscheid und Lucia Donath von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V. in engemKontakt, unterstützen hier die Initiative Klimaneutrales Krankenhaus und haben den Letter of Intent unterzeichnet, um unser gemeinsames Ziel – die nachhaltige Ausrichtung des Gesundheitswesens – zu erreichen.

Wie haben Sie den Status quo analysiert und was waren die Herausforderungen dabei?

Aufgrund der Größe der Knappschaft Kliniken von zwölf Häusern war die Erhebung bzw. das Zusammentragen aller für die IST-Analyse notwendigen Informationen sehr aufwendig. In der Analyse haben wir zusammengefasst, welche Mengen an Energie und Abfall zu berücksichtigen sind. All diese Daten sind Grundlage unserer Treibhausgasbilanz, die wir kontinuierlich mit weiteren Daten anreichern. Die Daten für Scope 1 und 2 haben wir bereits ermittelt, aktuell bilanzieren wir alle Bereiche, die unter Scope 3 fallen. Basierend auf diesen Ergebnissen und auch den verschiedenen Bedürfnissen aller Einrichtungen haben wir uns für ein ganzheitliches Transformationskonzept entschieden, mithilfe dessen wir die Strukturen in unseren Häusern nachhaltiger gestalten möchten. Dabei dienen uns die Analyseergebnisse vor allem als Kommunikationsgrundlage, um all unsere Mitarbeitenden von notwendigen Einsparmaßnahmen, zusätzlichen Arbeitsschritten oder vom Tausch bestimmter Produkte zu überzeugen. Um hier ein konkretes Beispiel zu nennen: In einigen Häusern machten Narkosegase über sechs Prozent der Gesamttreibhausgasemissionen aus. Diese Ergebnisse haben wir den Häusern gespiegelt, die als konkrete Maßnahme die Nutzung von Desfluran eingestellt und Narkosegasfilter eingebaut haben. Über diesen ersten Erfolg haben wir uns sehr gefreut!

Wie überwachen Sie die Umsetzung des Transformationskonzeptes?

Innerhalb des Klinikverbundes gibt es sieben Koordinatoren, die in den Liegenschaften für die Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen Sorge tragen. Diese Mitarbeitenden koordinieren die Umsetzung verschiedener Projekte und sind erste Ansprechpartner, wenn jemand Fragen zu den großen Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Krankenhaus hat. Geplant ist diese Koordinatoren zu zertifizierten Klimamanagern auszubilden, damit sie sich intensiv den klimarelevanten Themen im Krankenhaus widmen können. Damit würde beispielsweise auch die CSRD oder der Aufbau eines nachhaltigen Energiemanagements in den einzelnen Liegenschaften in ihre Zuständigkeitsbereiche fallen. Die Aufgaben der zukünftigen Klimamanager sind sehr umfangreich, somit werden ausreichend personelle Ressourcen benötigt. Diesbezüglich haben wir letztes Jahr für unsere Krankenhäuser über die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) Fördermittel beantragt, wie auch das UK Essen und Münster. Wir hoffen auf eine zeitnahe Rückmeldung, damit wir Tempo aufnahmen können.

Abfallmanagement nachhaltig ausrichten

Welche Lehren konnten Sie direkt für das Abfallmanagement ableiten?

Unser anfängliches auf der IST-Analyse basierendes Transformationskonzept fokussierte zu Beginn vor allem die Bereiche Energie und Gebäude. Im letzten Sommer haben wir eine konkrete Untersuchung des Abfallmanagements vorgenommen. Übergeordnete Abfallkonzepte für all unsere Häuser haben wir allerdings nicht, das wäre aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit – u. a. bezüglicher baulicher Gegebenheiten, dem zur Verfügung stehenden Platz etc. – auch nur schwer möglich. Vielmehr soll es zukünftig individuelle Entsorgungskonzepte geben, die sich an der nachhaltigen Ausrichtung des Klinikverbundes orientieren. Um wirklich ausgereifte Konzepte umsetzen zu können, müssen wir aber erst eine starke Basis schaffen. Dafür würden wir auch im Abfallmanagement gern auf Fördermittel zurückgreifen. Diese fehlen aktuell aber, obwohl sie Kliniken die Umstellung auf nachhaltige Entsorgungskonzepte erleichtern würden. Hier wäre ein klarer Wunsch an die Politik: Kliniken Fördermittel für das Abfallmanagement zur Verfügung zu stellen.

Wie sieht es mit den Verantwortlichkeiten im Abfallmanagement in den Häusern der Knappschaft Kliniken aus?

Jedes unserer Häuser verfügt über eine eigene Abfallbeauftragte bzw. einen eigenen Abfallbeauftragten, die meist aus der Technik stammen und noch andere Aufgaben haben. Zukünftig sehen wir das Abfallmanagement eng mit dem Klimaschutz verwoben. Wir wollen hier den Gedanken der Zirkularität weiterdenken und es soll eine enge Zusammenarbeit zwischen Abfallmanagement, Klimaschutz und dem Beschaffungsmanagement geben. Aktuell sind wir aber schlicht noch nicht an dem Punkt, dass Kreislaufwirtschaft im gesamten Verbund möglich ist.

Kliniken brauchen Umweltschutz und Nachhaltigkeit

Welche Möglichkeiten gibt es Ihrer Meinung nach, um Krankenhäuser zukünftig effizienter und gleichzeitig nachhaltiger zu gestalten?

Ich denke, die Idee von einem effizienten und trotzdem nachhaltigen Krankenhaus wird von den Säulen Energie, Abfall, Einkauf, Mobilität und Digitalisierung getragen. Gerade der letzte Punkt ist besonders wichtig, denn dadurch lassen sich viele Fehler vermeiden. Ein weiterer Faktor ist aber auch die bereits angesprochene klare Benennung von Verantwortlichkeiten für den Klimaschutz, das kann beispielsweise mithilfe von Klimamanagern oder Arbeitsgruppen gelöst werden. In den Knappschaft Kliniken arbeiten wir hier mit Checklisten, geben regelmäßiges Feedback an die einzelnen Abteilungen und suchen in verschiedenen Arbeitsgruppen gemeinsam nach Ideen und Lösungen. Zudem ist es wichtig, regelmäßig zu evaluieren und so zu prüfen, ob Maßnahmen wirklich erfolgreich sind oder diese nur unnötig personelle und/oder finanzielle Ressourcen binden. Damit all das wirklich funktionieren kann, sensibilisieren wir unsere Mitarbeitenden.

Aufklärungsarbeit für mehr Nachhaltigkeit im Krankenhaus

Sensibilisierung und Aufklärung sind wichtige Aspekte, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Zielbild „Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Krankenhaus“ zu motivieren. Wie gestalten Sie diese Aufklärungsarbeit?

Eine große Rolle spielt hier natürlich die regelmäßige Weiterbildung der Kolleginnen und Kollegen, welche aber auch herausfordernd sein kann. Während wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Technik und dem Einkauf zu Nachhaltigkeitsaspekten schulen, wollen wir dies zukünftig verstärkt auf alle Abteilungen ausweiten. Dazu bauen wir aktuell unser Intranet aus, um in spezifischen Schulungsreihen zu wichtigen Nachhaltigkeitsthemen wie dem Abfallmanagement, der Speisenversorgung oder dem Energiemanagement aufzuklären. Und auch in unserer eigenen Akademie, in der wir neue Fachkräfte ausbilden, wollen wir diese Themen ebenfalls fokussieren.

Was macht die Mitnahme oder vielleicht auch Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Maßnahmen des Ressourcenschutzes teilweise so herausfordernd?

Eine der größten Herausforderungen meines Jobs ist ganz klar: Alle mitzunehmen und von notwendigen Aktionen zu überzeugen. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Bereichen und überall sollen Nachhaltigkeitsmaßnahmen etabliert werden, ohne dabei dieVersorgungsstrukturen zu gefährden. Zudem verfügen alle Mitarbeitenden über einen unterschiedlichen Wissensstand und es ist meine Aufgabe, alle mit ins Boot zu holen. Hier habe ich aber das Glück, dass die Knappschaft Kliniken Klimaschutz und Nachhaltigkeit sehr offen gegenüber stehen. Trotzdem ist es wichtig, eine gemeinsame Sprache mit allen Mitarbeitenden zu finden. Effiziente Maßnahmen kommen direkt aus den Abteilungen, denn sie wissen genau, was machbar ist und was gebraucht wird. Nachhaltigkeit bedeutet für mich, Verschwendung zu vermeiden und das kann nur im Dialog funktionieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quellen

Monique Moch-Lasok - Frau in blauem Shirt und schwarzen Blazer. (Foto: Knappschaft Kliniken)
Get green – dieses Motto hat sich Monique Moch-Lasok auf die Fahne geschrieben, um die Knappschaft Kliniken langfristig nachhaltig auszurichten. (Foto: Knappschaft Kliniken)