Dass Abfall ihre Leidenschaft ist, betont Prof. Dr. Gilian Gerke immer wieder sehr gern. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht die Professorin für Kreislaufwirtschaft vor allem darüber, wie sie sowohl Studierende als auch Mitarbeitende der Medizinbranche mit ihrer Begeisterung ansteckt. Ihre Botschaft: Fast hinter jedem Abfall steckt ein Wertstoff und damit ein Potenzial, medizinische Einrichtungen nachhaltiger auszurichten. Welche Möglichkeiten der Gedanke der Kreislaufwirtschaft bietet und welche Herausforderungen sich beim Recycling jedem Krankenhaus stellen, beantwortet die Expertin für Abfallwirtschaft im Interview.
Zur Person: Prof. Dr. Gilian Gerke
- seit Oktober 2012 Professorin im Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit an der Hochschule Magdeburg-Stendal
- seit Oktober 2012 selbstständige Unternehmensberaterin bei Gerke – International Environmental Consulting
- 2006 – 2012 Director Business Development bei Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland
- 1999 – 2006 Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei RWTH Aachen Universität
Kreislaufwirtschaft ist in Deutschland auch ein politisches Thema. Könnten Sie für uns einmal den aktuellen Stand aus Ihrer Sicht darstellen? Wo stehen wir?
Allgemein ist die Abfallwirtschaft in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau. Wir haben Entsorgungsstrukturen und -hierarchien, eine starke Gesetzgebung und die Produktverantwortung durch die Hersteller. Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir im Sinne der Kreislaufwirtschaft also wirklich gut aufgestellt. Diese fußt auf den drei Säulen: Gesetzgebung und Kontrolle, Entsorgungsinfrastrukturen wie Sammel- oder Verwertungssystemen und der Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger. Die Voraussetzungen für die Kreislaufwirtschaft sind damit gegeben, aber wie sieht es mit der Umsetzbarkeit aus? Ein großes Problem sind die oft fehlenden Kontrollen aufgrund des Fachkräftemangels in der gesamten Entsorgungskette. Deutschland hat auch noch lange nicht alle Ziele und Quoten der europäischen Abfallgesetzgebung und Kreativwirtschaft erreicht. Hier besteht vor allem bei den Einwegprodukten noch Nachholbedarf. Zudem ist die Gesetzgebung in der Abfallwirtschaft oft sehr schwierig. Weitere komplizierte Vorgaben brauchen wir deshalb wirklich nicht, wichtiger wäre, dass der Gesetzgeber Rücksprache mit der Praxis hält und so umsetzbare Entsorgungs- und Verwertungsstrukturen schafft.
Welche Rolle spielt die Thematik in Kliniken und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens?
Speziell in der Medizin setzen sich viele Kliniken sehr intensiv mit dem Thema auseinander, die Häuser verfügen über sichere und in den meisten Fällen nachhaltig ausgerichtete Entsorgungskonzepte, es gibt vielfältige Strategien zur Abfallreduzierung sowie eine Vielzahl von Recyclingprojekten. Hier besteht vor allem vonseiten der Hersteller Optimierungsbedarf, denn viele Produkte erzeugen einen wahren Verpackungswust und einzelne Produktbestandteile können nur schlecht oder teilweise gar nicht recycelt werden. Zudem wird der Markt nahezu überschwemmt mit Kunststoff-Neuware, welche deutlich günstiger als der recycelte Rohstoff ist. Damit ist die Frage für oder gegen ein Recyclingmaterial oft eine reine Kostenfrage.
Unterstützung im Nachhaltigkeitsmanagement
Frau Prof. Dr. Gerke, in Ihrer Tätigkeit als Professorin für Kreislaufwirtschaft beraten Sie neben Ihrer eigentlichen Lehrtätigkeit auch Unternehmen zur Abfallentsorgung und Nachhaltigkeit. Was gehört zu dieser Tätigkeit?
Hier stehen wir als „Externe“ beratend zur Seite, decken Nachhaltigkeitsdefizite auf und unterstützen bei der Umsetzung von konkreten Maßnahmen. Gerade auch mit der Pflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung wächst das Interesse der Unternehmen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wir helfen Kliniken bei der Berichterstattung und auch bei der Vorbereitung verschiedener Zertifizierungen – beispielsweise im Qualitätsmanagement.
Sie unterstützen u. a. Kliniken bei der nachhaltigen Ausrichtung und der Priorisierung der Kreislaufwirtschaft. Wie läuft so ein Beratungseinsatz ab?
Treffen Kliniken den Entschluss „Wir wollen Nachhaltigkeit priorisieren“ müssen Strukturen verändert werden. Wichtige Faktoren, um dieses Großprojekt umzusetzen, sind sowohl organisatorische und technische Aspekte als auch die persönliche Motivation – sowohl die der Mitarbeitenden als auch auf Führungsebene. Kommen wir in die Kliniken, gehört zu unseren Hauptaufgaben einerseits das Beobachten und damit das Aufdecken von Möglichkeiten sowie Einsparmöglichkeiten und andererseits die Aufklärung der Mitarbeitenden. Als Außenstehende kann diese Aufgaben für uns deutlich einfacher sein, denn wir nehmen eine neutrale Position ein. Gerade mit unserem Forschungshintergrund haben wir vielleicht auch nochmal ganz andere Möglichkeiten, Mitarbeitende von den Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu überzeugen. In vorangegangenen Workshop haben wir gemeinsam überlegt, wie ein Abfallkonzept, welches wir erstellt haben, in der Praxis umgesetzt werden kann. Man kann aber auch andere Maßnahmen nutzen, um Mitarbeitende für die Thematik zu sensibilisieren. Hier könnte beispielsweise der CO2-Abdruck der Einrichtung transparent berechnet oder ich würde Verpackungsabfälle von einer Station des Hauses mitbringen und den Teilnehmenden deren Recyclingpotenzial direkt am Objekt erklären.
Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet Kliniken
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ab 2025 verpflichtend, das wird viele Häuser im kommenden Jahr vor eine Reihe von Herausforderungen stellen. Was bedeutet das und wie kann hier Hilfe geleistet werden?
Die Berichtspflicht greift für viele Unternehmen ab 2025, dabei müssen sie über das Bilanzjahr 2024 berichten. Die Vorbereitungen müssten in den Kliniken also aktuell schon längst laufen, was aber in vielen Einrichtungen noch nicht der Fall ist. In vielen Einrichtungen fehlen die entsprechenden Strukturen und auch das Wissen, um die benötigten Informationen zusammenzutragen. Dieser Rückstand erklärt sich mit den oft sehr knapp bemessenen finanziellen und personellen Ressourcen. Hier unterstützen wir die Häuser, indem wir die benötigten Unterlagen zusammenstellen, bei der Beschaffungen der Informationen behilflich sind und auch bei der Konzeption der Texte. Wir reichen Ihnen sozusagen die Hand, damit sie sich nachhaltiger aufstellen können. Problematisch ist in Anführungszeichen, dass die europäische Berichterstattungsrichtlinie noch nicht fertiggestellt ist und wir damit nicht abschätzen können, worüber die Kliniken final alles berichten müssen. Eine Orientierung bietet aber der deutsche Nachhaltigkeitskodex.
Mitarbeitende als entscheidende Größe im Bereich Nachhaltigkeit
Besonders wichtig für die nachhaltige Ausrichtung einer Klinik ist die Motivation der Mitarbeitenden. Wie kann man verschiedene Teams auf diesem Weg mitnehmen?
Der Erfolg der Maßnahmen hängt immer von der Stimmung in der Einrichtung ab. Hier muss man sich als Vorgesetzter oder beispielsweise auch ich als gebuchte Expertin die Frage stellen: Wie überzeuge ich die Mitarbeitenden von der Notwendigkeit der Nachhaltigkeitsmaßnahmen? Ein erster entscheidender Schritt ist die Aufklärung. Diese kann beispielsweise durch den Workshop eines externen Experten oder einer externen Expertin realisiert werden, durch einen Vertreter oder eine Vertreterin eines Entsorgungsunternehmens oder durch eine hauseigene Arbeitsgruppe zum Thema Nachhaltigkeit. Will man als Einrichtung erfolgreich Maßnahmen in bestehende Strukturen integrieren, ist es essenziell, alle Beteiligten auf dieser Reise mitzunehmen. Ziel sollte es sein, Berührungsängste abzubauen, Problemfelder darzustellen und zu beheben. Mir wurde beispielsweise bei einer solchen Veranstaltung einmal gespiegelt: Ihnen glauben wir, dass Sie Abfall lieben. Und so ist es auch: Ich sehe Abfälle als Wertstoff und das möchte ich auch meinen Workshop-Teilnehmenden weitergeben.
Warum ist gerade der Aspekt Aufklärung so entscheidend für die Umsetzung eines nachhaltigen Abfallmanagements?
Problematisch ist, dass viele Mythen und Halbwissen zur Abfallwirtschaft in den Köpfen der Menschen existieren. Gerade auch Beiträge in einschlägigen Medien vermitteln oft das Bild, dass Abfälle sowieso verbrannt werden. Dass Müll ein wichtigerRecyclingrohstoff sein kann und Abfälle nicht einfach verbrannt, sondern thermisch verwertet werden, wissen viele Menschen nicht. Meine Aufgabe ist es daher, Menschen zu zeigen, dass wir alle Teil der Wertschöpfungskette sind und damit einen Beitrag für eine ressourcenschonende Zukunft leisten können und müssen. Mir ist es wichtig, eine Menschen-nahe Forschung zu betreiben und Abfall als Teil des Alltags darzustellen – so gelingt meiner Meinung nach Aufklärungsarbeit für die Kreislaufwirtschaft.
Herausforderungen des medizinischen Abfallmanagements
Was sind Ihrer Meinung nach Hürden des nachhaltigen Abfallmanagements in Klinken?
Es gibt zunächst einmal verschiedene Richtlinien und Gesetze, die viele Ideen für nachhaltige Materialien, die Aufbereitung von Medizinprodukten oder die Abfallreduzierung einschränken. Hier braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Forschung, den Praktikern aus den Kliniken und dem Gesetzgeber, um umsetzbare Strategien zu entwickeln. Zudem sind Zeitmangel, falsche oder fehlende Kommunikation zwischen den Abteilungen, nicht vorhandene Motivation bei den Mitarbeitenden sowie der Zeitmangel Gründe, die in diesem Kontext oft genannt werden. Hier sollten allerdings Möglichkeiten gefunden werden, diesen Hürden aus dem Weg zu gehen, denn die meisten Probleme lassen sich durch organisatorische, technische oder personelle Anpassungen beheben. Wichtig ist allerdings, dass der Schutz der Patientinnen und Patienten und auch der Mitarbeitenden immer Priorität hat.
Abfalltrennung wird vor allem in stressigen Umgebungen in der Klinik wie im OP oft vernachlässigt. Was sind hier die großen Probleme?
Viele Kliniken entsorgen alle OP-Abfälle gemeinsam in einem großen Beutel und dabei ist es egal, ob es sich um Verpackungsabfälle, mit Blut kontaminierte OP-Tücher oder um Instrumente handelt. Ist das wirklich ressourcenschonend? Für mich ganz klar: Nein. Natürlich gibt es auch Kliniken wie die Charité in Berlin oder das Universitätsklinikum Bonn, die Abfalltrennung priorisieren. Aber auf einem meiner Vorträge habe ich vor einiger Zeit das Feedback bekommen, dass wir hier noch ganz am Anfang stehen. Oft ist die fehlende Abfalltrennung im OP eine Platzfrage – absolut nachvollziehbar, denn nicht für alle Abfälle können überall passende Behälter aufgestellt werden. Aber hier sollte man dann vielleicht klein starten und einzelne Abfallgruppen – wie den Kunststoff von der Vielzahl an Verpackungen – voneinander trennen.
Kliniken entsorgen Plastikverpackungen oder ähnliches aufgrund der Angst vor Kontamination zusammen mit anderen OP-Abfällen. Ist das ihrer Meinung nach notwendig?
Diese Angst ist verständlich, aber in den meisten Fällen völlig unbegründet. Die ausgepackten Materialien, Instrumente oder Werkzeuge werden den Chirurginnen und Chirurgen steril übergeben, sodass die Kontamination mit potenziell gefährlichen Körperflüssigkeiten im Regelfall ausgeschlossen werden kann. Trotzdem wird beispielsweise der Endo-Cutter in einigen Einrichtungen nach der Operation zurück in die Plastikverpackungen gelegt und zusammen mit dieser entsorgt. Das ist meiner Meinung nach eine absolute Ressourcenverschwendung. Stellt man nun einen gesonderten Abfallbehälter für Plastik auf, könnte die Verpackung in den Recyclingkreislauf zurückgegeben und verwertetet werden. Bei Unsicherheiten, ob es zu einer Kontamination gekommen sein könnte, kann man sich immer noch für die Entsorgung mit den OP-Abfällen entscheiden. Allerdings sollte diese Unsicherheit die Mitarbeitenden nicht davon abhalten, die getrennte Entsorgung und damit die Recyclingfähigkeit der Abfälle auszuschließen.
Viele medizinischen Instrumente oder Geräte können aufgrund verschiedener Faktoren – z. B. unterschiedlicher Rohstoffe oder schwieriger Dekontaminationsmöglichkeiten – nur schlecht recycelt werden. Können sie uns hierzu eine Einschätzung abgegeben?
Viele medizinische Werkzeuge werden nach ihrem einmaligen Einsatz in der Patientin bzw. im Patienten direkt entsorgt. Dies liegt unter anderem daran, dass eine Kontamination nicht ausgeschlossen werden kann und viele Geräte aufgrund ihres nicht-modularen Aufbaus nicht zur Dekontamination geeignet sind. Trotzdem gibt es bereits eine Vielzahl an Projekten, in denen getestet wird, wie beispielsweise Geräte aufgearbeitet, desinfiziert oder recycelt werden können. Denn auch das Recycling gestaltet sich aufgrund der verschiedenen verbauten Materialien oft schwierig. Hier braucht es dringend recycling- und aufbereitungsfähige Alternativen, denn die Rohstoffe, die in den Geräten verbaut sind, werden nicht unendlich verfügbar sein. Diese Rohstoffendlichkeit wird zwar mittlerweile überall thematisiert, aber noch nicht gelebt.
Verpackungsabfälle im medizinischen Alltag
In welcher Abfallgruppe sehen Sie das größte Recyclingpotenzial und welche Vorteile hat das für die Kliniken?
Großes Recyclingpotenzial sehe ich vor allem in der Vielzahl von Verpackungsmaterialien, denn fast alle Produkte kommen beispielsweise in großen Papier- oder Kartonverpackungen an. Würde man diesen Abfall direkt bei der Anlieferung in einerbereitstehenden Papierpresse entsorgen, kann bereits ein großer Teil dieser Abfälle dem Recyclingkreislauf zugeführt werden. Zusätzlich können sich Kliniken damit noch ein kleines finanzielles Zubrot verdienen. Kliniken dürfen ein Teil ihrer Abfälle dem dualen System zuführen und sollten dies auch nutzen. Werden beispielsweise Kunststoffabfälle über den gelben Sack und nicht mit den anderen medizinischen Abfällen entsorgt, kann die Menge gefährlicher Abfälle deutlich reduziert werden. Das spart bares Geld. Aus Angst, unbeabsichtigt kontaminierte Abfälle falsch zu entsorgen und aufgrund fehlender personelle Ressourcen verzichten viele Kliniken auf diese Entsorgungsmöglichkeit. Kliniken sollten sich meiner Meinung nach aber trotzdem für die Mülltrennung entscheiden, da dies gerade aus Sicht der nachhaltigen Abfallwirtschaft entscheidende Vorteile bietet.
In Kliniken kommen verschiedene Kunststoffe zum Einsatz. Was sind die Unterschiede und warum können manche Verpackungen besser oder schlechter recycelt werden?
Viele medizinische Produkte sind in Verbundsverpackungen eingeschweißt. Diese Multilayer werden vor allem verwendet, da sie bedruckbar sind und die hygienischen Auflagen der Medizinbranche gut realisiert werden können. Um diese Verpackungen zurecyceln, müssen die unterschiedlichen Bestandteile voneinander getrennt und entsorgt werden. Eine weitere Schwierigkeit sind die unterscdlichen Eigenschaften der verschiedenen Kunststoffarten. So ist das gemeinsame Verarbeiten von PET-Flaschen und PET-Blisterverpackungen schwierig. Zudem sollte PET nicht mit PE eingeschmolzen werden – das macht das Recycling vieler Kunststoffe zur Herausforderung.
Kliniken, Altenheime und andere medizinische Einrichtung erzeugen besonders große Verpackungsmengen. Das liegt vor allem an der Vielzahl von Einwegprodukten, die hier genutzt werden. Gibt es Möglichkeiten, diese Verpackungsmengen zu reduzieren?
Empfehlungen sind hier nur schwer auszusprechen, da Kliniken zur Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten auf dieseProdukte angewiesen sind und sich nur in den seltensten Fällen auf eine abfallarme Alternative zurückgreifen lässt. Ein Tipp wäre, clever einzukaufen, sprich Großverpackungen zu bestellen, und so die Lagerkapazitäten der Einrichtung voll auszunutzen. Zudem sollten die Produkte wie z. B. Schutzhandschuhe nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich genutzt werden, um den unnötigen Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Identifizieren Kliniken beispielsweise Möglichkeiten, mit denen konkret Abfälle eingespart oder nachhaltige Materialien genutzt werden können, ist die direkte Ansprache von Händlern oder Herstellern eine Möglichkeit, das Gesundheitswesen vielleicht etwas nachhaltiger zu gestalten.
Kreislaufwirtschaft attraktiver gestalten
Was braucht es seitens der Hersteller, um Kreislaufwirtschaft besser umsetzbar und vielleicht auch attraktiver zu gestalten? Können Rücknahmesysteme eine Lösung sein?
Recyclingfähigkeit hat immer etwas mit Sortierbarkeit zu tun, damit Werkzeuge und Materialien aus dem OP also besser recycelbar sind, müssen die einzelnen Bestandteile einfach voneinander getrennt werden können. Viele Hersteller haben hier bereits erste Prototypen entwickelt, aber diese Entwicklung ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen umsetzbar ist. Zudem braucht es praktikable designete Produkte, um deren Dekontamination und Verwertung zu vereinfachen, sowie weitere recyclingfähige Verpackungen. Auch Rücknahmesysteme für Medizinprodukte sind eine gute Idee, allerdings kann sich deren Umsetzung schwierig gestalten. Hier fehlen oft die Anreize und zudem müssten die Systeme herstellerunabhängig ähnlich des Flaschenpfand-Systems funktionieren, um die Rücknahmequote hochzuhalten. Dies erfordert Abstimmungen zwischen den Herstellern. Rücknahmesysteme müssen also praktikabel gedacht sein, um wirklich zu funktionieren. Um Krankenhäuser von diesen Systemen zu überzeugen, muss deren Sinnhaftigkeit im Vordergrund stehen und der Mehraufwand sollte – vor allem aufgrund des Fachkräftemangels – so gering wie möglich sein.
Sie sind Professorin für Kreislauf- und Abfallwirtschaft, da gibt es doch bestimmt Wünsche für Recyclingmaterialien oder an konkrete Produktoptimierungen, oder?
Großes Stichwort ist hier die angesprochene Separierbarkeit, die es zwingend für ein erfolgreiches Recycling braucht. Damit diese besser umsetzbar ist, müssen Geräte modular zusammengesetzt werden. Dies gilt vor allem für verschiedene Kunststoffe. Zudem sollte möglichst nur eine Art von Kunststoff genutzt werden, welcher zusätzlich sterilisierbar sein müsste, um eine Mehrfachnutzung zu ermöglichen. Weitere Wünsche wären klar zuordenbare Metalle sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Forschung und Kliniken.
Wie lässt sich die Zusammenarbeit aller beteiligten Stakeholder Ihrer Meinung nach verbessern?
Hier braucht es enge Absprachen zwischen allen Beteiligten und natürlich würden auch unbegrenzte finanzielle Mittel Innovationen in der Kreislaufwirtschaft fördern. Um wirklichen Fortschritt zu schaffen, müssen wir aber auch mutig sein. Wir müssen die Angst vorm Scheitern ablegen und Dinge auszuprobieren, dafür ist Forschung da – nur so kann es Fortschritt geben.
Vielen Dank für das Gespräch!