Interview mit Peter Schinhammer „Ein Krankenhaus, welches nicht baut, ist krank“

Peter Schinhammer, Leiter Technik und Bau im SRH Wald-Klinikum Gera (Foto: Wald-Klinikum Gera)
Peter Schinhammer, Leiter Technik und Bau im SRH Wald-Klinikum Gera (Foto: Wald-Klinikum Gera)

„Ein Krankenhaus, welches nicht baut, ist krank“, sagt Peter Schinhammer. Er leitet die Bereiche Technik und Bau im SRH Wald-Klinikum Gera. Hier wurden in den letzten Jahren viele und vor allem weitreichende Bauprojekte realisiert – u. a. ein Neubaukomplex von etwa 78.000 m², zuletzt ein Kindergarten, aktuell ein Rehabilitationszentrum. Abfallmanager Medizin hat mit Peter Schinhammer über die Umsetzung von Klinik-Bauprojekten und damit verbundene Besonderheiten, natürlich auch die aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie gesprochen. Weitere Themen des Interviews sind die Einhaltung von Hygieneanforderungen, die Anordnung von Entsorgungsräumen und die Entsorgung von Bauabfällen.

Das SRH Wald-Klinikum Gera feiert aktuell 100-jähriges Jubiläum. Das Krankenhaus der Maximalversorgung und Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Jena liegt inmitten des Geraer Stadtwaldes. Bis 2013 wurde hier ein groß angelegtes Zukunftskonzept umgesetzt. In dessen Mittelpunkt stand eine Generalsanierung einschließlich eines Neubaus, in dem die Idee eines Kulturkrankenhauses zum Tragen kam. Das Magazin Focus zeichnete das Klinikum Gera zuletzt als „Top Nationales Krankenhaus 2020“ aus.

Zur Person: Peter Schinhammer, Dipl.-Ing. (FH)

  • seit Oktober 2019 Leiter Technik und Bau im SRH Wald-Klinikum Gera
  • 2012-2019 Technischer Leiter im Klinikum Ludwigsburg und der Regionalen Kliniken-Holding (RKH)
  • 2003-2012 Technischer Leiter in der Enzkreis-Klinik gGmbH
  • zunächst Bauleiter in Amberg, ab 1992 Planung und Bauüberwachung für Haustechnische-Anlagen für ein Ingenieurbüro in Gera
  • Studium der Versorgungstechnik an der Fachhochschule für Bauwesen in Erfurt

Sehr geehrter Herr Schinhammer, welche Aufgaben übernehmen Sie für das SRH Wald-Klinikum Gera als Leiter Bau / Technik?

Peter Schinhammer: Ich bin für die Sicherstellung der Funktions- und Betriebssicherheit der gesamten Haustechnik und der Gebäudesubstanz unseres Klinikums zuständig. Dazu gehört auch die Planung und Durchführung von Instandhaltungs- und Investitionsmaßnahmen. Ebenso obliegt mir die Vorbereitung, Mitwirkung und Abwicklung von Baumaßnahmen. Übergeordnet unterstütze und berate ich die Geschäftsführung bei allen technischen und baulichen Fragen sowie bei Investitionen.

2008 begann das SRH Wald-Klinikum Gera mit der Umsetzung des sogenannten Zukunftskonzeptes 2013. Gemeinsam mit dem Freistaat Thüringen sollten 160 Mio. € in den Bau eines der modernsten Krankenhäuser Deutschlands investiert werden. Welche Maßnahmen wurden umgesetzt? Welche Zielstellungen erreicht?

Peter Schinhammer: Erreicht haben wir die Generalsanierung des SRH Wald-Klinikums Gera für eine zukunftsfähige und qualitativ hochwertige Infrastruktur in Ostthüringen. Die besondere Herausforderung für die Generalsanierung lag darin, gleich mehreren Anforderungen gerecht zu werden. So mussten das denkmalgeschützte Ensemble, der historische Ursprungsbau von 1920 und der Park erhalten und integriert sowie das vorhandene OP-Zentrum in einen rationellen und wirtschaftlichen Klinikbetrieb eingebunden werden. Eine Realisierung der Gesamtbaumaßnahme musste schrittweise erfolgen und durfte den Klinikbetrieb nicht stören. Ein zentrales Thema im Krankenhausbau ist neben der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit auch die Flexibilität. Dank eines ausgefeilten Raumkonzeptes kann jederzeit auf sich ändernde Nutzungsanforderungen, Erweiterungsmöglichkeiten und Flächenreduzierungen reagiert werden. Das neue Klinikum besteht aus einem vier Gebäudeteile umfassenden Neubaukomplex von etwa 78.000 m² mit insgesamt 795 Betten. Die Neubauten gruppieren sich zentral um das chirurgische Zentrum/Funktionsgebäude und runden zusammen mit dem denkmalgeschützten Krankenhaus das Wald-Klinikum zu einem Gesamtensemble inmitten einer attraktiven Park- und Waldlandschaft ab.

Auf einem Wiesenstück zwischen Wald-Klinikum und Stadtwald baute SRH Wald-Klinikum Gera in den letzten Monaten einen Kindergarten für die Stadt Gera. Wie kam es zur Idee, einen kliniknahen Kindergarten zu bauen? Gibt es durch den medizinischen Background Unterschiede zu anderen Kita-Neubauten?

Peter Schinhammer: Der Neubau einer Kindertagesstätte am SRH Wald-Klinikum Gera schließt zum einen eine Lücke in der Bereitstellung öffentlicher Kita-Plätze durch die Stadt, dient zum anderen aber auch dazu, die Attraktivität des Klinikums als Arbeitgeber zu steigern. Das Klinikum beschäftigt als größter Arbeitgeber der Stadt Gera über 1.900 Mitarbeitenden, davon liegt der Frauenanteil bei über 80 %. Der Arbeitgeber schafft durch die Kooperation mit dem Kindergartenträger neue familienfreundliche Rahmenbedingungen für das in Schichten arbeitende Personal. Die Möglichkeit einer arbeitsplatznahen Kinderbetreuung ist nicht nur ein wichtiges Argument der Arbeitnehmerbindung, sondern auch bei der Personalgewinnung, bei dem das Klinikum in Zeiten des Fachkräftemangels mit anderen Arbeitgebern im Wettbewerb steht. Nur wenn es gelingt, ausreichend Fachkräfte anzuwerben und zu binden, kann das Klinikum in Gera seine Aufgabe im Rahmen der Daseinsfürsorge für das Allgemeinwohl erfüllen.

Derzeit entsteht auf Ihrem Klinikgelände ein ambulantes Rehabilitationszentrum. Wie sind Sie in die Arbeiten eingebunden?

Peter Schinhammer: In meiner Funktion als Leiter Technik und Bau nehme ich die Bauherrenaufgaben vertretend für die Geschäftsleitung und die Abstimmungen mit dem späteren Nutzer wahr. Als erster Ansprechpartner für die Architekten und Fachplaner fungiere ich von der Entwurfsgestaltung über die Ausschreibungen bis zur Bauausführung und Abnahmen für diese Maßnahme. Auch die Abstimmungen mit den örtlichen Behörden und Versorgern (Stadtverwaltung, Kreisbrandmeister, Feuerwehr, Stadtwerke und Zweckverband Wasser/Abwasser) gehört zu diesen Aufgaben. Die Übergabe des Gebäudes an den Nutzer und die spätere Betreuung des Gebäudes (Wartung und Instandhaltung) runden diese Aufgaben ab.

Durch die Corona-Pandemie kam es auch bei Ihren Bauprojekten zu Bauverzögerungen. Welche Probleme gab es und wie sind Sie damit umgegangen?

Peter Schinhammer: Beide Baumaßnahmen (Neubau KITA und ambulantes REHA-Zentrum) sind durch die Corona-Pandemie in Verzug geraten. Wir hatten für die Maßnahmen „ambulante Reha“ vier Wochen Stillstand, dem geschuldet, dass eine Festlegung zum Schutze unserer Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitenden durch die Geschäftsleitung alle Fremdhandwerker des Klinikums verwiesen hat.
Nach Wiederbeginn der Arbeiten gab es Lieferschwierigkeiten mit einzelnen Materialien, so z. B. Bodenbeläge und Innentüren. Da die Lieferketten aus dem europäischen Ausland unterbrochen waren. Ebenfalls gab es Probleme mit einzelnen Firmen, die Mitarbeiter aus dem europäischen Ausland beschäftigt hatten, die nun nicht mehr nach Deutschland einreisen durften. Somit haben wir durch Corona ca. acht Wochen Verzug.
Bei dem Neubau KITA sah es besser aus, da wir noch im März von einem Notfall-Kindergarten ausgegangen sind, wurden die Arbeiten termingerecht fertiggestellt. Jedoch stand das Gebäude dann ca. vier Wochen leer, da es nicht als Notfallkindergarten gebraucht wurde und ein normaler Kindergartenbetrieb untersagt war. Im Mai zogen dann die ersten Kinder in das neue Gebäude ein.

Welche Bauabfälle fallen an und wie ist deren Entsorgung organisiert?

Peter Schinhammer: Bauabfälle, die auf den Baustellen anfallen, z. B. Beton- und Mauerschutt, Trockenbauabfälle, Bodenbelagsabfälle, Fliesenabfälle, aber auch Verpackungsmaterialien aller Art werden von den jeweiligen Firmen abtransportiert und entsorgt. Dies zu überwachen ist Aufgabe des jeweiligen Bauleiters, des Architekten bzw. des Fachplaners. Dies ist natürlich die Theorie. In der Praxis gibt es immer wieder einzelne Firmen, die sich nicht oder nur teilweise an die Vorgaben halten. Hier haben wir in der aktuellen Baustelle „ambulantes REHA-Zentrum“ einen Sammelschuttcontainer bereitgestellt und allen Firmen einen Gebäudeteil zugewiesen, der „besenrein“ zu übergeben war. Die Variante, eine Drittfirma zu beauftragen und Kosten auf alle Firmen umzulegen, finde ich unfair gegenüber denen, die gleich ihren Bauschutt und Verpackungsmüll entsorgen. Nachdem die Baustelle besenrein war, ist unsere Dienstleistungsfirma der SRH mit den weiteren Reinigungen bis zur Übergabe des Gebäudes an den Nutzer beauftragt worden.

Welche Gesetze und Verordnungen sind für die Bauprojekte des Geraer Klinikums maßgeblich? Welche Hygieneanforderungen sind im Speziellen zu berücksichtigen und wer kontrolliert deren Einhaltung?

Peter Schinhammer: Bei Bautätigkeiten in Thüringen gilt als erstes die Thüringer Bauordnung (ThürBO). Weiterhin gelten für die Bauvorhaben im SRH Wald-Klinikum Gera alle gültigen Gesetze und Verordnungen, die auch bei anderen Bauvorhaben in Deutschland greifen. Beispielhaft für notwendige Hygieneforderungen sind z. B. für Trinkwassersysteme die Trinkwasser-verordnung von 2016, für Raumluft- und Klimaanlagen die DIN 1964. Aber auch viele andere Gesetze, Normen und Verordnungen von Land, Bund und Europa sind zu beachten. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist in erster Linie Aufgabe der Architekten und Fachplaner. Die Krankenhaushygiene fordert die Einhaltung dieser Vorschriften und meine Aufgabe ist es, die Umsetzung zu kontrollieren und auf eventuelle Missstände aufmerksam zu machen.

Zu idealen Hygienebedingungen gehören auch günstig liegende, optimal ausgestattete Entsorgungsräume. Wie wurden diese bei den zurückliegenden Bauprojekten berücksichtigt, geplant und ausgestattet?

Peter Schinhammer: Entsorgungsräume im Klinikum sind zentral angeordnet, aber auch so, dass der Abfall auf kürzestem Weg aus den Stationen gebracht werden kann. Die Räume sind so groß gewählt, dass die unterschiedlichen Abfallcontainer mühelos Platz finden und eine ordnungsgemäße Abfalltrennung möglich ist. Die Räume sind mit breiten Türen, Wandschutz und Be- und Entlüftung ausgestattet.

Das Klinikum Gera hat eine Vielzahl an Bauprojekten in den letzten Jahren realisiert. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse möchten Sie Kollegen aus anderen Häusern mitgeben?

Peter Schinhammer: Als erstes möchte ich ausführen: „Ein Krankenhaus, welches nicht baut, ist krank“. Um medizinisch auf dem modernsten Stand zu sein und für die Patienten die optimale Versorgung zu sichern, müssen ständig Umbaumaßnahmen, Erneuerungen, neue und zusätzliche medizinische Großgeräte angeschafft und eingebaut werden. Die technischen Anlagen in den Häusern müssen den gültigen Vorschriften entsprechen und demzufolge in regelmäßigen Abständen erneuert und modernisiert werden. Neue Technologien wie auch Energieeffizienz spielen hier eine große Rolle. Aktuelle Brandschutzanforderungen müssen umgesetzt werden, da es hier keinen Bestandsschutz gibt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Quellen

Peter Schinhammer, Leiter Technik und Bau im SRH Wald-Klinikum Gera (Foto: Wald-Klinikum Gera)
Peter Schinhammer, Leiter Technik und Bau im SRH Wald-Klinikum Gera (Foto: Wald-Klinikum Gera)