Zum Verständnis der Medizin vergangener Zeiten tragen neben noch erhaltenden Büchern und Schriften vor allem archäologische Funde bei, die Zeugnis darüber ablegen, wie Medizinerinnen und Mediziner bis zurück in die Antike arbeiteten. Als besonders zuverlässige Quellen gelten dabei Abfälle – sowohl medizinischer als alltäglicher Natur. Im Gegensatz zu bewusst geschaffenen Zeugnissen für die Nachwelt – wie Bildern, Schriften u. Ä. – sollten diese Überreste eigentlich niemals für die Nachwelt erhalten werden und geben daher in den meisten Fällen auch kein beschönigtes Bild der Vergangenheit, sondern „harte“ historische Fakten wieder.
Eine solche Abfallgrube wurde kürzlich von einer Gruppe von Archäologen der Universität Aarhus unter dem Caeasarforum, dem ältesten römischen Kaiserforum in Rom, entdeckt. Die medizinische Deponie konnte dem damaligen Krankenhaus Ospedale dei Fornari zugeordnet werden und wurde wahrscheinlich im Jahr 1564 erstmals für die Entsorgung medizinischer Abfälle genutzt. In der Abfallgrube fand das Forschungsteam unter anderem keramische Medizinbehältnisse sowie Glasgefäße, in denen Urin gesammelt wurde. Neben Artefakten für die medizinische Behandlung wurden auch verbrannte Überreste von Möbeln, Textilien und Geschirr gefunden. Diese mussten gemäß der damaligen Krankenhausprotokolle verbrannt werden, um die Ausbreitung gefährlicher Infektionskrankheiten wie der Pest zu verhindern. Darauf deutet auch die zusätzliche Versieglung der Zisterne mittels Lehm hin. Die gefundenen Abfälle lassen so nicht nur Rückschlüsse auf Instrumente und Behandlungsmethoden zu, sondern belegen gleichsam das medizinische Krisenmanagement der frühen Neuzeit.
Die Identifizierung von medizinischen Abfalldeponien kann sich nach Ausführungen der Forschungsgruppe herausfordernd gestalten, da eine Fülle unterschiedlichster Materialien analysiert und kontextualisiert werden muss. Bisher wurden nur wenige medizinische Abfalldeponien aus dieser Zeit entdeckt, weshalb dieser Fund seltene Einblicke in die Geschichte des medizinischen Abfallmanagements sowie dessen Bedeutung für die Bekämpfung von Krankheiten in den Metropolen der Renaissanceermöglicht. Dies ist gerade für die Deutung schwerer Pandemieverläufe – wie der Beulenpest im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit – und der damaligen Lebenswirklichkeit von großer Bedeutung.
Quellen
- Bischetti, Chrstina et al: Disease control and the disposal of infectious materials in Renaissance Rome: excavations in the area of Caesar’s Forum
- Mauch, Christof: Deponierte Schätze – Archäologien des Mülls als Spiegel der Gesellschaft
- Future Zone: Bizarrer Fund in Rom – Das entdeckten Archäologen unter dem Caesarforum