Aktuell wird die Kommunalabwasserrichtlinie überarbeitet, in der die Rahmenbedingungen für Abwasserentsorger festgelegt werden. Die Richtlinie fordert unter anderem, Arzneimittel- und Kosmetikhersteller bei der Abwasserreinigung zur Verantwortung zu ziehen, da durch Medikamente und kosmetische Produkte viele Mikroschadstoffe ins Abwasser gelangen. Klärwerke seien nicht immer in der Lage, diese Schadstoffe vollständig zu entfernen, weshalb eine zusätzlicheBehandlung erforderlich sei. Die Politik befürwortet eine Verbesserung der Behandlung und Überwachung der Abwässer,um Krankheitserreger und schädliche Stoffe effektiver zu identifizieren und zu entfernen. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, den Schutz von Umwelt und Gesundheit zu verbessern.
Am 16. Oktober 2023 hat der Rat der Europäischen Union die allgemeine Ausrichtung zur Kommunalabwasserrichtlinie beschlossen. Mit der Einführung der vierten Reinigungsstufe sollen Spurenschadstoffe aus dem kommunalen Abwasser herausgefiltert werden. Die Einführung dieser Reinigungsstufe ist für Kläranlagen vorgesehen, die das Abwasser vonKommunen ab 200.000 Einwohnerinnen und Einwohner reinigen. Für kleinere Ortschaften soll die Festlegung der Reinigungsstufe auf Basis einer Risikoeinschätzung erfolgen.
Mit dem Beschluss der neuen kommunalen Abwasserrichtlinie sollen Pharma- und Kosmetikhersteller zukünftig finanziell an der Abwasserreinigung beteiligt werden. Während das EU-Parlament noch eine Kostenbeteiligung von 80 Prozent forderte, sollen die Hersteller nach den Ausführungen der EU-Umweltminister die Reinigungskosten zukünftig zu 100 Prozent tragen. Damit sollen Anreize geschaffen werden, auf weniger schädliche Inhaltsstoffe umzusteigen. Das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz begrüßt den Beschluss der Europäischen Union. Wie die Richtlinie nun aber für die Hersteller konkret umgesetzt wird, werden erst weitere Verhandlungen der Europäischen Kommission und des Parlaments zeigen.
Der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) Karsten Specht bezeichnet die Positionierung der EU-Umweltminister als einen längst überfälligen Paradigmenwechsel und Meilenstein für einen besseren Gewässerschutz. Denn damit würden Anreize zur Vermeidung von Wasserverschmutzungen geschaffen und Verbraucherinnen sowieVerbraucher vor steigenden Abwassergebühren geschützt. Vor der Positionierung der Umweltminister äußerten sich sowohl der VKU als auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kritisch zur Teilfinanzierung: „Sinnvoller wäre eine vollumfängliche Kostenübernahme der vierten Reinigungsstufe über die erweiterte Herstellerverantwortung. Nur so kann das Verursacherprinzip angemessen umgesetzt werden“, betonte der BDEW vor der Positionierung des Rats der Europäischen Union in einer Pressemitteilung.
Quellen
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: EU-Umweltrat einigt sich auf Verbesserungen bei der Behandlung kommunalen Abwassers
- Verband kommunaler Unternehmen: VKU-Vizepräsident Specht zur Kommunalabwasserrichtlinie
- Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft: BDEW zur kommunalen Abwasserrichtlinie
- Deutschlandfunk: EU-Länder wollen Pharmafirmen an Kosten beteiligen
- aerzteblatt.de: Pharmaindustrie soll an Kosten für Abwasserreinigung beteiligt werden