Gefährliche Abfälle aus Kliniken und Krankenhäusern müssen zur Beförderung eine vierstellige UN-Nummer, auch Stoffnummer genannt, erhalten. Die UN-Nummern wurden von den Vereinten Nationen festgelegt und existieren für alle gefährlichen Stoffe und Güter. Es gibt sie nicht nur für einzelne chemische Verbindungen, sondern auch für ganze Stoffgruppen und sonstige Gefahrgüter. Verwendet werden die Kennnummern in internationalen Übereinkünften wie dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR). Abfallmanager Medizin über Hintergründe, zentrale Begriffe und Gefahrgut von medizinischen Einrichtungen.
Die Einstufung als gefährlicher Abfall wirkt sich nicht nur auf die Nachweisführung und auf die Entsorgung aus. Auch die Beförderung ist betroffen. Denn gefährliche Abfälle müssen als gefährliche Güter gehandhabt, verpackt und transportiert werden. Gefährliche Güter sind laut Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) „Stoffe und Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere und Sachen ausgehen können“.
Einstufung als gefährlicher Abfall
Um festzustellen, ob ein Abfall gefährlich ist, ist zunächst seine Zusammensetzung zu betrachten. Dabei muss die Konzentrationen der gefährlichen Bestandteile genau bestimmt werden. Um den Aufwand für die Analyse möglichst gering zu halten, sind Erfahrungswerte über Herkunft, Produktionsprozesse und die frühere Verwendung von Vorteil. In den meisten Fällen liegen Informationen zu Bestandteilen des Abfalls vor. Hilfreich sind Produktbeschreibungen, Label, Produktinformationen oder Sicherheitsdatenblätter für Stoffe und Zubereitungen.
Der Gefahrgutbeauftragte von Kliniken sind in die Klassifizierung, Verpackung, Kennzeichnung und Versendung von gefährlichen Abfällen einzubinden. Wie die Arbeit eines Gefahrgutbeauftragten aussieht, können Sie am Beispiel der Kliniken Hannover und deren Gefahrgutbeauftragter Eva-Maria Meyer hier nachlesen.
Gefahrgutklassen und ihre Gefährlichkeitsmerkmale
Die grundsätzliche Entscheidung, ob Abfälle als Gefahrgut deklariert transportiert werden müssen, fällt anhand von Gefährlichkeitsmerkmalen. Derzeit sind die Gefahrgutklassen im Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) in neun Bereiche eingeteilt. Diese besitzen zum Teil weitere Unterklassen, die die Gefährlichkeitsmerkmale genauer definieren. Je nach Gefährlichkeit der Güter gelten bestimmte Beförderungsbestimmungen. Folgende Unterteilung wird derzeit vorgenommen:
- Klasse 1: Explosive Stoffe
- Klasse 2: Gase und gasförmige Stoffe
- Klasse 3: Entzündbare flüssige Stoffe
- Klasse 4: Entzündbare feste Stoffe
- Klasse 5: Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe
- Klasse 6: Giftige oder ansteckungsgefährliche Stoffe
- Klasse 7: Radioaktive Stoffe
- Klasse 8: Ätzende Stoffe
- Klasse 9: Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände
Besitzt ein Transportgut gefährliche Eigenschaften mehrerer Gefahrgutklassen, müssen diese sowohl bei der Kennzeichnung als auch der Verpackung berücksichtigt werden.
Kennzeichnung der Abfälle mit Gefahrzeichen
Die Gefahrgutklassen bestimmen die Kennzeichnung der gefährlichen Güter. In Kliniken fallen meist Güter der Gefahrklasse 6 (giftige oder ansteckungsgefährliche Stoffe) an. Gefährliche Abfälle, die transportiert werden müssen, sind zusätzlich zu Namen und UN-Nummer mit Gefahrzeichen zu versehen, die auf die gefährlichen Eigenschaften aufmerksam machen. Ihre Gestaltung ist im Detail in den UN-Modellvorschriften vorgegeben. Muster können auf der Website des Bundesverkehrsministeriums heruntergeladen werden.
Gefahrgut und Gefahrstoff in Kliniken
Nicht jeder Gefahrstoff ist auch gleichzeitig Gefahrgut und umgekehrt. Gefahrgut darf nicht mit Gefahrstoff verwechselt werden, da für diese zwei verschiedene Rechtsgebiete gelten. Die Kennzeichnung eines Gefahrstoffes informiert über Gefahren beim Umgang mit diesem Stoff, zum Beispiel bei der Herstellung, Weiterverarbeitung und Verwendung. Die Gefahrgutkennzeichnung betrifft lediglich die Transportgefahren, zum Beispiel mit Informationen über den Stoff und dessen Gefahren. So kann ein Stoff zwar ein Gefahrgut sein, aber kein Gefahrstoff und umgekehrt. Ist das Produkt ein Gefahrstoff, aber kein Gefahrgut, ist kein Gefahrszettel auf der Transportverpackung notwendig.
Gefahrgut von medizinischen Einrichtungen
Im Auftrag von Kliniken, Krankenhäusern, Laboren und Apotheken werden regelmäßig gefährliche Abfälle über öffentliche Verkehrswege befördert. Dazu gehören insbesondere Abfälle der Abfallschlüssel AS 180103* (infektiöse Abfälle), AS 180106* (Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen) und AS 180108*(zytotoxische und zytostatische Arzneimittel). Auch zu entsorgende lithiumhaltige Batterien und medizinische und technische Gase zählen beispielsweise zu den gefährlichen Gütern von medizinischen Einrichtungen. Diese sind in entsprechenden Gefahrgutbehältern unter Angabe einer gefahrgutrechtlichen UN-Nummer dem Entsorger zu übergeben.
Für Krankenhausabfälle häufig verwendete UN-Nummern sind:
- UN 2810 Giftiger, organischer, flüssiger Stoff
- UN 2811 Giftiger, organischer, fester Stoff
- UN 3243 Feste Stoffe mit giftigem, flüssigem Stoff
- UN 1851 Medikament, flüssig, giftig
- UN 3249 Medikament, fest, giftig
- UN 3248 Medikament, flüssig, entzündbar, giftig
- UN 2900 Ansteckungsgefährlicher Stoff, nur gefährlich für Tiere
- UN 2814 Ansteckungsgefährlicher Stoff, gefährlich für Menschen
- UN 3291 Klinischer Abfall, unspezifiziert
- UN 2809 Quecksilber
- UN 1170 Ethanol, Lösung
Eine Übersicht aller UN-Nummern ist bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung einsehbar.
Deklaration der Abfallbehälter
Bereits kleinste Abweichungen von den Deklarationsvorschriften des ADR für den Transport gefährlicher Abfälle können empfindliche Bußgelder bedeuten – nicht nur für den Abfallerzeuger, sondern auch für den Verpacker bzw. Verlader. Da sich insbesondere bei der Gestaltung der Gefahrzettel immer wieder Fehler einschleichen, haben wir dazu im Abfall-ABC alle wichtigen Informationen zusammengefasst.
Quellen
- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Gefahrgut-Recht
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Modellvorschriften der Vereinten Nationen für den Gefahrguttransport
- bussgeldkatalog.net: Gefahrgut: Klassen sind für den sicheren Transport hilfreich
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: Gefahrguttransport. Beförderung gefährlicher Güter im Gesundheitsdienst