Schmerzmittel, Antibiotika, blutdrucksenkende Mittel, Psychopharmaka, Zytostatika: In Praxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen fallen eine Vielzahl überlagerter Präparate oder nicht aufgebrauchter Tabletten an. Was es bei der korrekten Entsorgung der Tabletten zu beachten gibt, erläutert Abfallmanager Medizin.
Bei nicht ordnungsgemäßer Beseitigung gelangen Medikamente auf verschiedenste Wege in die Umwelt und können Organismen und Ökosysteme belasten, weshalb eine umweltgerechte Beseitigung unabdingbar ist.
Tabletten können über den Restmüll entsorgt werden. Dieser wird in Deutschland vor einer Lagerung auf einer Deponie entweder verbrannt oder mechanisch-biologisch vorbehandelt. Dadurch findet eine Zerstörung der enthaltenen Wirkstoffe in den Medikamenten statt – die so keinerlei Einfluss mehr auf unsere Umwelt haben.
Grundsätzlich dürfen Tablettenreste nie über die Toilette oder Spüle vernichtet werden, da mit dem Abwasser die Inhaltsstoffe in die Kläranlagen gelangen. Dort werden sie weder zurückgehalten noch vollständig abgebaut und belasten Bäche, Flüsse und Seen sowie über eine landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlämmen auch Böden. Das Umweltbundesamt erklärt, dass einzelne Medikamenten-Wirkstoffe in Gewässern überwacht werden. Mehr als 150 verschiedene Wirkstoffe aus Medikamenten konnten in Studien bereits in der Natur nachgewiesen werden. Auch im Grundwasser fanden sich rund 40 verschiedene Wirkstoffe, darunter Schmerzmittel, Röntgenkontrastmittel und Lipidsenker.
Sammlung von Tablettenabfällen
Tabletten müssen innerhalb der Blisterverpackung oder in der Originalverpackung aufbewahrt werden. Falls diese nicht zur Verfügung stehen, sollten die Tabletten einer Sorte in Tablettenumschläge oder -töpfen gesammelt und für den innerbetrieblichen Transport bereitgestellt werden. Dabei sind die abfallrechtlichen Bestimmungen der Länder und Kommunen einzuhalten, die sich an der „Richtlinie über die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) orientieren.
AS 180109 Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter AS 180108* fallen:
Bei kleineren Mengen ist eine Entsorgung mit Abfallschlüssel 180104 (Abfälle, an deren Sammlung bzw. Entsorgung aus infektionspräventiver Sichtkeine besonderen Anforderungen gestellt werden) möglich. Die Ausführungen zu Praxen und Apotheken unter „Entsorgung haushaltsüblicher Mengen“ sollten dabei berücksichtigt werden. Auch für die Abfälle des AS 180104 ist hausintern ein täglicher Abtransport zur Sammelstelle anzustreben. Im Schadensfall infolge einer missbräuchlichen Verwendung der entsorgten Tabletten kann ein Krankenhaus oder eine Praxis haftbar gemacht werden. Daher sollten die entsorgten Medikamente sicher vor fremden Zugriffen aufbewahrt werden.
AS 180108* Zytotoxische und zytostatische Arzneimittel
Da Zytostatika zu den krebserzeugenden, erbgutverändernden oder reproduktionstoxischen Arzneimitteln gehören, gelten sie als gefährlicher Abfall. Dem Abfallschlüssel AS 180108* sind alle Abfälle zuzuordnen, die aus Resten oder Fehlchargen dieser Arzneimittel bestehen. Hierzu gehören auch verfallene Tabletten in Originalpackungen oder zerbrochene Tabletten. Die Entsorgung muss als gefährlicher Abfall mit Sammel-/Entsorgungsnachweis in zugelassenen Abfallverbrennungsanlagen erfolgen.
Gering kontaminierte Zytostatika-Abfälle (wie zum Beispiel Tupfer, Ärmelstulpen, Handschuhe) sollten vor der endgültigen Entsorgung bereits am Entstehungsort in Kunststoffbeuteln gesammelt und verschlossen werden. Beseitigt werden können sie nach dem Abfallschlüssel AS 180104.
Zytostatika sind Gefahrgut
Fallen Tablettenreste dieser Art an, sind sie in speziell dafür eingesetzte Entsorgungsbehältern (Gefahrgutbehältern) zu vernichten. Diese sind auslaufdicht undbesonders sicher. Die Abfälle dürfen nicht umgefüllt, sortiert oder vorbehandelt werden. Die Behälter sind mit der gefahrgutrechtlichen UN-Nummer (z.B. UN 2811 „Giftiger organischer fester Stoff“) dem zertifizierten Entsorger zu übergeben. Zur Risikokommunikation sollten die Transportbehältnisse von CMR-Arzneimitteln mit einem entsprechenden Hinweis sowie mit Angaben zum Verhalten bei Zwischenfällen versehen werden. Grundsätzlich muss zudem der Gefahrzettel Nr. 6.1 angebracht werden.
Betäubungsmittel unter Zeugen vernichten
Auch für Tabletten die unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fallen, gelten bei der Entsorgung spezielle rechtliche Regelungen. Nach §16 Betäubungsmittelgesetz sollen nicht mehr verkehrsfähige (z. B. beim Patienten nicht benötigte oder verfallene Betäubungsmittel) in Gegenwart zweier Zeugen in einer Weise vernichtet werden, die eine Wiedergewinnung der Betäubungsmittel ausschließt sowie den Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Einwirkungen sicherstellt. Kleine Mengen Betäubungsmittel in Tablettenform oder Kapseln können Privatpersonen vernichten, indem sie diese aus der Verpackung nehmen, zerstoßen und in geringer Menge heißen Wassers auflösen. Die gewonnene Lösung sowie flüssige Betäubungsmittel sind in saugfähiges Material wie Zellstoff zu geben, keinesfalls aber ins Abwasser. Die Vorschriften für die dokumentierte Vernichtung von Betäubungsmitteln gelten auch für Alten- und Pflegeheime sowie Hospize. Über die Vernichtung ist eine Niederschrift zu fertigen und diese drei Jahre aufzubewahren.
Medikamente als gefährlicher Abfälle
Spezielle Virustatika, Hormonpräparate sowie weitere Medikamente können gefährlicher Abfall sein. Hormonpräparate oder virushemmende Mittel sollten deshalb als Sonderabfall entsorgt werden. Dabei ist der Hinweis des Herstellers in der Gebrauchsinformation des Arzneimittels zur Aufbewahrung und Entsorgung ausschlaggebend.
Quellen
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA): LAGA-Mitteilung 18. Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes
- Umweltbundesamt: Alte Arzneimittel – ein Fall für die Tonne
- Umweltbundesamt: Arzneimittel in der Umwelt sind weltweites Problem
- Umweltbundesamt: Arzneimittel. Nicht in die Toilette und Spüle
- Bundesverband der Unfallkassen: Umgang mit Gefahrstoffen im Krankenhaus: Pflege- und Funktionsbereiche