PFAS in Medizin­produkten

Arzt mit Herkatheter in der Hand. (Foto: Jan-Otto)
In vielen medizinischen Produkten kommen PFAS zum Einsatz. Die Stoffe sind besonders beständig gegen Hitze, Wasser und chemische Reaktionen und erhöhen vor allem die Stabilität und Langlebigkeit der Produkte. (Foto: Jan-Otto)

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – besser bekannt als PFAS – werden aufgrund ihrer vorteilhaften Produkteigenschaften in einer Vielzahl von Alltagsgegenständen und medizinischen Produkten eingesetzt. Studien haben jedoch gezeigt, dass diese Chemikalien bei der Herstellung oder Entsorgung in die Umwelt freigesetzt werden und sich in Böden, Gewässern und letztlich auch im menschlichen Körper anreichern können. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass der Umgang mit PFAS in Zukunft deutlich eingeschränkt werden soll.

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen sind eine Stoffgruppe von über 10.000 synthetischen Chemikalien, die sich durch die starke Bindung von Kohlenstoff- und Fluoratomen auszeichnen. Diese Bindungen machen die Stoffe besonders beständig gegen Hitze, Wasser und chemische Reaktionen. Ihre thermische und chemische Stabilität sorgt für eine hohe Langlebigkeit, weshalb PFAS in vielen Produkten eingesetzt werden – unter anderem in Textilien, Lebensmittelverpackungen, Feuerlöschschäumen, aber auch in verschiedenen medizinischen Produkten wie Instrumenten oder technischen Geräten.

Warum sind PFAS gefährlich?

Die hohe Stabilität von PFAS führt dazu, dass diese Substanzen extrem persistent sind und sich nicht auf natürliche Weise abbauen. Sie reichern sich in Böden und Gewässern an, und Rückstände der Chemikalien können über Luft, Nahrung oder Trinkwasser in den menschlichen Körper gelangen. Die Forschung zu vielen Chemikalien dieser Stoffgruppe steckt noch in den Anfängen, sodass die langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit nur eingeschränkt vorhersehbar sind. Bei einigen PFAS ist jedoch bereits nachgewiesen oder wird vermutet, dass sie mit verschiedenen Erkrankungen in Zusammenhang stehen, darunter Fruchtbarkeitsstörungen, verschiedene Krebsarten, Leberschäden und Schilddrüsenerkrankungen.

Verbote und rechtliche Beschränkungen im Umgang mit PFAS

Aufgrund des Gefährdungspotenzials der Chemikalien für Mensch und Umwelt wollen mehrere Staaten der Europäischen Union, auch Deutschland, ihre Nutzung stark einschränken. Das Umweltbundesamt sowie weitere renommierte europäische Institutionen befürworten die Einleitung rechtlicher Schritte. Seit 2021 ist bereits die Herstellung, der Vertrieb und die Verwendung von POP-Chemikalien, darunter auch ausgewählte PFAS, durch eine europäische Verordnung sowie das Stockholmer Übereinkommen verboten bzw. stark eingeschränkt. Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat im Februar 2023 einen entsprechenden Entwurf für ein Verbot der Herstellung, Verwendung und des Inverkehrbringens einschließlich der Einfuhr von PFAS vorgelegt.

Die „Verordnung (EU) 2024/2462 vom 19. September 2024 zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 hinsichtlich Undecafluorhexansäure (PFHxA), ihrer Salze und PFHxA-verwandter Stoffe“ erlässt stufenweise Verbote für bestimmte Produktgruppen. Diese sind in Anhang XVII der REACH-Verordnung, Eintrag Nr. 79, einsehbar. Die definierten Verbote gelten zukünftig für PFAS-haltige Papiere und Pappen, die als Lebensmittelkontaktmaterialien im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 verwendet werden, sowie für verschiedene Textilien und Feuerlöschschäume. Inwieweit Kliniken davon betroffen sind, muss im Einzelfall geprüft werden. Medizinprodukte gemäß der Medizinprodukteverordnung (MDR), bestimmte Schutzausrüstungen und In-Vitro-Diagnostica fallen aber unter die Ausnahmeregelungen und sind zum jetzigen Zeitpunkt von den Verboten ausgenommen.

PFAS in der Medizin

PFAS werden aufgrund ihrer positiven Eigenschaften häufig für die Herstellung von Medizinprodukten eingesetzt, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des menschlichen Körpers verwendet werden. Diese Produkte kommen regelmäßig mit Gewebe, Blut, Urin und anderen Körperflüssigkeiten in Kontakt. Um ihre Langlebigkeit sicherzustellen, die hohen Hygienestandards im Gesundheitswesen zu erfüllen und unerwünschte Reaktionen zu vermeiden, werden PFAS vor allem zur Beschichtung genutzt. Besonders verbreitet sind dabei seit Jahrzehnten verschiedene Fluorpolymere. Ihr Einsatzbereich ist vielfältig: Dank ihrer Zuverlässigkeit unter anspruchsvollen Bedingungen kommen sie unter anderem bei Instrumenten für die minimalinvasive Chirurgie, in Inkubatoren sowie bei verschiedenen Implantaten wie Gelenken, Herzschrittmachern oder Stents zum Einsatz.

Gefährdet ein mögliches PFAS-Verbot für Medizinprodukte die Versorgungssicherheit?

Ein mögliches, vollständiges PFAS-Verbot wird in der Gesundheitsversorgung kritisch betrachtet – sowohl von Herstellern als auch Verbänden, darunter auch der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed). Zum jetzigen Zeitpunkt gäbe es noch keine adäquaten Ersatzstoffe oder marktreifen Alternativen, die die Patientenversorgung nach den geltenden Standards gewährleisten könnten. Auch wenn Medizinprodukte derzeit nicht von Verboten betroffen sind, werden langfristig Alternativen benötigt. Neue Materialien müssten ähnlich gute Eigenschaften aufweisen, insbesondere in den Bereichen Haltbarkeit und Stabilität gegenüber Chemikalien, sollten eine hohe Hydrolysebeständigkeit aufweisen und gleichzeitig biokompatibel sowie verträglich sein. Zudem wären vertretbare Risiken für Mensch und Umwelt zwingend erforderlich. Verschiedene Unternehmen forschen bereits nach Alternativen. Unterstützung bietet dabei unter anderem der TÜV Süd mit dem Whitepaper „PFAS Chemicals in Medical Devices – Next Steps for Manufacturers“.

Entsorgung und Recycling von PFAS-belasteten Abfällen

Bei der Herstellung sowie den derzeitigen Entsorgungsmöglichkeiten der viel genutzten Fluorpolymere besteht das Risiko, dass die niedermolekularen PFAS-Verbindungen in die Umwelt gelangen. Die Verbrennungstemperaturen der Abfälle sind in der Regel nicht hoch genug, um die Chemikalien vollständig abzubauen. Bislang gibt es nur wenige wissenschaftliche Erkenntnisse zur PFAS-Entsorgung. Aus diesem Grund hat das Umweltbundesamt 2024 eine Studie durchgeführt, in der der PFAS-Gehalt erster relevanter Abfallgruppen – wie Alttextilien, Altpapier, Klärschlämme und Bodenaushub – quantifiziert und bewertet wurde. Die Studie zeigte, dass bestimmte Materialien und Abfälle, etwa Arbeitskleidung, mit PFAS belastet sein können, was die Notwendigkeit neuer Entsorgungsmethoden unterstreicht.

Entsorgungsunternehmen setzen sich bereits intensiv mit diesem Thema auseinander. Für die Aufbereitung von PFAS-kontaminiertem Wasser gibt es beispielsweise eine spezielle Chlordioxid-basierte Technologie, die es ermöglicht, die Chemikalien mithilfe chemischer Prozesse zu spalten und dauerhaft zu isolieren. Zudem laufen eine Reihe von PFAS-Forschungsprojekten, darunter ein Vorhaben des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT zur Beseitigung von per- und polyfluorierten Chemikalien aus Löschwasser. Ein weiteres Projekt ist KapillO-PFAS des DVGW, das darauf abzielt, die PFAS-Entfernung aus Wasser durch Hohlfaser-Nanofiltrationsmembranen voranzutreiben, um die Einhaltung neuer Grenzwerte sicherzustellen.

Verschiedene Programme, unter anderem vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, fördern derzeit Projekte, die beispielsweise die Festsetzung von Prüf- und Maßnahmewerten im Bodenschutzrecht voranbringen und die Rechtssicherheit für die Vollzugsbehörden gewährleisten sollen.

Quellen

Arzt mit Herkatheter in der Hand. (Foto: Jan-Otto)
In vielen medizinischen Produkten kommen PFAS zum Einsatz. Die Stoffe sind besonders beständig gegen Hitze, Wasser und chemische Reaktionen und erhöhen vor allem die Stabilität und Langlebigkeit der Produkte. (Foto: Jan-Otto)