Die Herstellung, Vermarktung und Verwendung von Asbestprodukten ist in Deutschland bereits seit 1993 verboten. 2005 beschloss die Europäische Union den vollständigen Ausstieg aus der Asbestverwendung. Und dennoch sind hierzulande noch immer über 35 Millionen Tonnen asbesthaltiges Material – meist in Form von Asbestzement – verbaut. Problematisch daran ist: Bei Abbrucharbeiten sowie Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an Gebäuden können feine Asbestfasern freigesetzt werden. Gelangen diese über die Atemluft in den Körper, können lebensbedrohliche Erkrankungen wie Asbestose, Lungenkrebs und Mesotheliome die Folge sein. Die CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 stuft Asbest offiziell als krebserzeugenden Stoff ein. Vor diesem Hintergrund wird nachvollziehbar, warum der Umgang und die Entsorgung von Asbest in Deutschland streng reglementiert ist.
Die Bezeichnung Asbest steht für eine Gruppe natürlich vorkommender, feinfaseriger Minerale (Silikate), die besonders hitze- und chemikalienbeständig sind und deshalb vor allem im Baubereich verwendet wurden, beispielsweise als Fassaden- und Dachplatten, Fußbodenbeläge oder in Rohren für den Hoch- und Tiefbau. Auch in Elektro-Heizgräten, Wärme- und Heizungstechnik, Haushaltsgeräten, Lüftungs- und Brandschutztechnik, Elektrotechnik und Tresoren kam in der Vergangenheit asbesthaltiges Material zum Einsatz. Den Umgang mit Asbest im Rahmen von Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten regelt die Technische Regel für Gefahrstoffe 519 (TRGS 519).
Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) fielen von 2001 bis heute rund vier Millionen Tonnen asbesthaltiger Müll an. Nach der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) sind alle asbesthaltigen Abfallarten als gefährliche Abfälle eingestuft. Die Entsorgung ist in Deutschland auf Bundeslandebene geregelt, die Vorschriften unterscheiden sich in Details. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft LAGA hat zum Thema eine Vollzugshilfe, die Mitteilung 23, veröffentlicht. Sie gilt für den Umgang mit asbesthaltigen Abfällen bei kontrolliertem Rückbau, Beförderung, Behandlung, Verwertung, Lagerung, Beseitigung und soll zu einem bundeseinheitlichen Vorgehen nach dem Stand der Technik führen. Nachfolgend sind die wichtigsten Informationen für Abfall- und Umweltbeauftragte in medizinischen Einrichtungen zusammengefasst.
Grundsätzliches zur Entsorgung von Asbest
Gefährliche asbesthaltige Abfälle müssen ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder gemeinwohlverträglich beseitigt werden. Sie sind gesondert zu erfassen und getrennt zu halten. Wenn eine vollständige Zerstörung der Asbestfasern oder eine sorgfältige Reinigung erfolgt, ist der Abfall nach der Behandlung nicht mehr als asbesthaltiger Abfall einzustufen und eine Verwertung oder Beseitigung zulässig.
Die Maßnahmen zur Überwachung gefährlicher Abfälle wie Asbest sind in der Nachweisverordnung (NachwV) beschrieben.
Abfallschlüssel asbesthaltiger Abfälle
- AS 060701*: asbesthaltige Abfälle aus der Elektrolyse
- AS 150111*: Verpackungen aus Metall, die eine gefährliche feste poröse Matrix (z. B. Asbest) enthalten, einschließlich geleerte Druckbehältnisse
- AS 150202*: Aufsaug- und Filtermaterialien (einschließlich Ölfilter a. n. g.), Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind
- AS 160111*: asbesthaltige Bremsbeläge
- AS 160212*: gebrauchte Geräte, die freies Asbest enthalten
- AS 160215*: aus gebrauchten Geräten entfernte gefährliche Bestandteile
- AS 170601*: Dämmmaterial, das Asbest enthält
- AS 170605*: asbesthaltige Baustoffe
Am Anfallort von Asbest gereinigte Abfälle sind entsprechenden Abfallschlüsseln der AVV-Kapitel 16 und 17 zuzuordnen. Zudem können folgende Abfallarten in Frage kommen: Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung (AS 150203), Kunststoff und Gummi (AS 191204), Holz (AS 191207), Textilien (AS 191208) und sonstige Abfälle aus der mechanischen Behandlung von Abfällen (AS 191212).
Beispiele zu den Abfallschlüsseln, zu Behandlung und Beförderung sowie Entsorgungshinweise finden sich in der LAGA-Mitteilung 23 ab Seite 24.
Asbesthaltige Abfälle sind in der Regel durch Deponieren zu beseitigen. Nach Deponieverordnung (DepV) dürfen nur vorbehandelte, mineralisierte oder mineralische Abfälle abgelagert werden. Für die Ablagerung von Abfällen mit erhöhten organischen Anteilen ist im jeweiligen Einzelfall eine Zustimmung der zuständigen Behörde einzuholen.
Verpackung asbesthaltiger Abfälle
Behandlungsverfahren zur Verfestigung oder Oberflächenbehandlung von asbesthaltigen Abfällen ersetzen nicht die Verpackung nach den gefahrstoff- und gefahrgutrechtlichen Vorschriften. Folgende Verpackungen empfiehlt die LAGA:
- Verschließbare Kunststoffgewebesäcke unterschiedlicher Größe (Big-Bags, Platten-Big-Bags) für festgebundene asbesthaltige Abfälle
- Staubdichte, nach der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) bauartzugelassene Kunststoffgewebesäcke unterschiedlicher Größe (Big-Bags, Platten-Big-Bags) für schwachgebundene asbesthaltige Abfälle
- Einlagige PE-Kunststofffolien mit einer Mindestdicke von 0,4 mm; Stöße sind zu überlappen und zu verkleben (z. B. für stapelbare Asbestzementplatten)
Sammlung und Kennzeichnung des Gefahrstoffes
Asbesthaltige Abfälle müssen in geeigneten, sicher verschließbaren und gekennzeichneten Behältnissen gesammelt und befördert werden. Diese sind nach den Vorschriften der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in Verbindung mit der TRGS 519 sowie den Vorgaben der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) und dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) zu kennzeichnen. Unbedingt zu beachten sind die auch die Annahmekriterien der jeweiligen Entsorgungsanlage.
Entsorgung von Kleinmengen asbesthaltiger Abfälle
Zur Entsorgung von Kleinmengen asbesthaltiger Abfälle aus Haushalten und aus dem Kleingewerbe gibt es u. a. folgende Möglichkeiten:
- Annahme an Deponien, Wertstoffhöfen oder anderen Einrichtungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) oder deren beauftragte Dritte,
- Annahme in Lägern von Asbestentsorgungsbetrieben oder
- Annahme im Rahmen der Schadstoffkleinmengensammlungen der örE.
Quellen
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA): Mitteilung 23: Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle
- Umweltbundesamt: Asbesthaltige Abfälle
- Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft: 10 Abfallbehandlung
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Asbest – Vom Wundermineral zur gefährlichen Altlast
- test.de: Asbest: Die versteckte Gefahr