In Krankenhäusern fallen nicht nur große Mengen an Abfällen an, sondern auch viele unterschiedliche Abfallarten. Dazu gehören ebenfalls Gefahrstoffe wie Chemikalien. Bei fehlerhafter Entsorgung besteht hier ein wesentliches Risiko für Gesundheit und Umwelt, da langlebige und schädliche Chemikalien freigesetzt werden können und sich dauerhaft in Lebewesen oder Gewässern anreichern.
Chemikalien oder Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften entstehen insbesondere in Laboratorien bei diagnostischen Arbeiten, aber auch in der Pathologie, in Krankenhäusern, Tierkliniken, Pflegestationen oder Zahnarztpraxen sowie in Apotheken. Zu den chemischen Abfällen, die zur Abfallschlüsselnummer 180106* zählen, sind folgende Gruppen von Labor- und Chemikalienabfällen mit gefährlichen Eigenschaften zu verstehen:
- Säuren,
- Laugen,
- halogenierte Lösemittel,
- sonstige Lösemittel,
- anorganische Laborchemikalien einschließlich Diagnostikarestmengen,
- organische Laborchemikalien einschließlich Diagnostikarestmengen,
- Spül- und Waschwässer, die gefährliche Stoffe enthalten,
- Fixierbäder,
- Entwicklerbäder,
- Desinfektions– und Reinigungsmittelkonzentrate,
- Formaldehydlösungen und
- nicht restentleerte Druckgaspackungen.
Die ordnungsgemäße Entsorgung dieser Chemikalien ist für die Umwelt eine wichtige, jedoch gleichwohl aufwendige Aufgabe. Eine Vermeidung und Verminderung sollte daher an erster Stelle stehen. Zielführend kann hier eine präzise und sorgfältige Experimentplanung sein sowie eine grundsätzliche Reduzierung des Mengeneinsatzes von Chemikalien. Des Weiteren vermeiden Labore bestenfalls eine Überbevorratung und vermeiden Versuche, in denen schwer zu entsorgende Reaktionsprodukte entstehen. Vor Beginn jedes Experimentes muss geklärt werden, welche Abfälle und Reste entstehen und wie diese gefahrlos entsorgt werden können.
Speziellere Abfallschlüssel bei größeren Mengen Chemikalienabfällen
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) räumt ein, dass Labor- und Chemikalienabfälle mit gefährlichen Eigenschaften unter AS 180106* entsorgt werden dürfen, wenngleich sie getrennt zu sammeln sind. Gerade bei größeren Mengen sollten aber spezifischere Abfallschlüssel verwendet werden – das kann letztendlich auch Entsorgungskosten reduzieren:
- AS 060106*: andere Säuren oder Zuordnung zu AS 060101* bis AS 060105*
- AS 060205*: andere Basen oder Zuordnung zu AS 060201* bis AS 060204*
- AS 070103*: halogenorganische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen
- AS 070104*: andere organische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen
- AS 090101*: Entwickler und Aktivatorenlösungen auf Wasserbasis
- AS 090103*: Entwicklerlösungen auf Lösemittelbasis
- AS 090104*: Fixierbäder
- AS 090105*: Bleichlösungen und Bleich-Fixier-Bäder
- AS 150202*: Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind
- AS 160506*: Laborchemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten, einschließlich Gemische von Laborchemikalien
- AS 160507*: gebrauchte anorganische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten
- AS 160508*: gebrauchte organische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten
Kliniken oder Arztpraxen mit wenig Chemikalienabfällen nutzen statt Entsorgungsunternehmen häufig auch kommunale Entsorgungslösungen, z. B. Schadstoffmobile oder feste Schadstoff-Annahmestellen.
Chemikalien gelten als gefährliche Abfälle
Als Entsorgungswege stehen die thermische Behandlung (Sonderabfallverbrennung) und verschiedene chemisch-physikalische Behandlungsverfahren zur Verfügung. Für die Einstufung und Entsorgung sind vorhandene Herstellerinformationen (z. B. das Sicherheitsdatenblatt) zu berücksichtigen. Für die Klassifizierung, Kennzeichnung und Verpackung ist die CLP-Verordnung, beim Transport der Chemikalien ist die Gefahrgutverordnung Straße bindend.
Bei Großmengen über 20 t pro Jahr muss das Klinikum als Abfallerzeuger mit Entsorgungsnachweis und Begleitscheinen über jeden einzelnen Transport einen elektronischen Nachweis führen. Bis 20 t pro Jahr kann die Entsorgung von gefährlichen Abfällen über einen Sammelentsorgungsnachweis eines Entsorgungsfachbetriebes mit Übernahmescheinen erfolgen.
Sammlung und Lagerung von Abfälle des AS 180106*
Chemikalien mit der Abfallschlüsselnummer 180106* gelten als gefährlicher Abfall, an die Sammlung und Lagerung bestehen deshalb spezielle Anforderungen. Die Lagerung unterliegt unter anderem den Vorgaben der Technischen Regeln für Gefahrstoffe wie der TRGS 510. So muss die Sammlung und Lagerung in für den Transport zugelassenen, dicht verschlossenen Behältnissen erfolgen. Die Lagerräume sollten ausreichend belüftet sein. Der Transport ist nach Gefahrgutrecht zu organisieren und die Entsorgung muss in einer zertifizierten Anlage durchgeführt werden.
Quellen
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA): Mitteilung 18. Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes
- Abfallmanager Medizin: Entsorgungswege nach LAGA
- Universität Ulm: Ordnung zur Vermeidung und Entsorgung von Abfällen
- Abfallmanager Medizin: Entsorgung von hochtoxischen oder reaktiven Chemikalien. Entsorgungsmanager Ludger Depenbrock im Interview