Alten- und Pflegeheime sind keine bloßen Haushalte, in denen ältere Menschen leben und betreut werden. Als Einrichtungen des Gesundheitsdienstes sind sie in ihren Leistungen und ihrem Abfallaufkommen in vielerlei Hinsicht mit Krankenhäusern vergleichbar. Entsprechend komplex gestaltet sich auch die Abfallentsorgung in diesen Betrieben. Dazu zählen auch ambulante Pflegedienste. Wir haben uns mit den Abfallfraktionen auseinandergesetzt, die am häufigsten anfallen.
Die Komplexität beginnt bereits mit den rechtlichen Grundlagen: Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), das untergesetzliche Regelwerk zum KrWG [insbesondere Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) und Nachweisverordnung (NachwV)], die Landesabfallgesetze und kommunalen Abfallsatzungen, die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV), das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die Biostoffverordnung (BioStoffV) und das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind allesamt bei der Abfallverwertung in Alten- und Pflegeheimen zu beachten. Einen anwendungsfreundlichen Überblick über die relevanten Regelungen bietet die LAGA-Mitteilung 18 „Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“. Die darin zusammengefassten Anforderungen gelten gleichwohl für ambulante Pflegedienste.
Inkontinenz-Abfällen nach AS 180104 entsorgen
Die mit Abstand am häufigsten anfallende Abfallart in Alten- und Pflegeheimen sind Inkontinenzartikel wie Stuhlwindeln. In manchen Gemeinden machen Windeln aus Heimen allein zehn Prozent des gesamten Abfallaufkommens aus. Diese und andere Inkontinenz-Abfälle sind in der Regel nach AS 180104 (Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden) zu entsorgen. Dementsprechend erfolgt
- die Sammlung in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen,
- die Beförderung zur zentralen Sammelstelle ohne weiteres Umfüllen oder Sortieren,
- kein Lagern auf Gängen und vor Türen und
- die Entsorgung in einer dafür zugelassenen Abfallverbrennungsanlage.
Das hohe – und damit teure – Abfallvolumen der Windeln lässt sich mit unterschiedlichen Systemen bspw. unter Nutzung des Eigengewichts (in Unterflurcontainern) oder durch Vakuumierung erheblich verringern. Körperflüssigkeiten wie Urin können unter Berücksichtigung der Anforderungen an Hygiene, Infektionsprävention und Arbeitsschutz auch dem Abwasser zugeführt werden. Davon ausgenommen ist Urin als infektiöser Abfall. Katheterurin ist generell als potentiell infektiös einzustufen.
Zu häufigen Heimabfällen, die ebenfalls unter AS 180104 fallen, zählen außerdem:
- Medikamente (müssen vor Zugriff geschützt werden)
- Verbandsmaterialien und andere weiche Abfälle
- Corona-Schnelltests
- Katheter-Systeme
- Einmal-Handschuhe und -Kittel
Durch Corona-Schutzimpfungen und Schnelltests fallen verstärkt Abfälle an, die sicher zu entsorgen sind. Bei COVID-19-Infektionen sind die anfallenden Abfälle grundsätzlich nicht als infektiös einzustufen. Gebrauchte Schnelltests gelten als nicht gefährliche Abfälle und zählen zur ASN 180104 und können als solche gemeinsam mit Siedlungsabfällen entsorgt werden. Werden nicht nur einzelne Testkits beseitigt, ist darauf zu achten, dass Flüssigkeiten durch die Zugabe von saugfähigen Materialien wie Küchenpapier vermieden werden. Beim Anfall von spitzen und scharfen Gegenständen (z. B. Kanülen) sind bei der Abfallentsorgung die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen zu beachten und das Verletzungsrisiko durch eine bruch- und durchstichfeste Verpackung zu minimieren. Von einer Sammlung in Weichspülerflaschen oder ähnlichen Behältnissen ist abzusehen, da diese nicht sicher sind. Sie können erneut geöffnet werden und bieten keine ausreichende Stich- und Bruchfestigkeit.
Für ambulante Pflegedienste ist es wichtig, sämtliche Abfälle dem Hausmüll so zuzuführen bzw. den Standort der Abfallbehälter so zu wählen, dass keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht (z. B. keine Zugriffsmöglichkeit für spielende Kinder).
Infektiöse Abfälle (AS 180103*) in Pflegeeinrichtungen
Insbesondere Stuhl und Urin können unter Umständen (z. B. bei einer Typhuserkrankung oder einer Infektion mit Noroviren) infektiöses Material enthalten. Ebenso können spitze und scharfe Gegenstände, die in der Pflege von Klienten mit meldepflichtigen Krankheiten eingesetzt wurden, oder sekretgetränkte Abfälle durch infektiöse Stoffe kontaminiert sein. Diese Abfälle sind dann nach AS 180103* zu entsorgen. Dies erfolgt in speziell dafür zugelassenen baugeprüften Behältern direkt am Ort ihres Anfallens. Die Behälter werden anschließend dicht verschlossen und lassen sich danach nicht mehr ohne Weiteres öffnen. Eine korrekte Kennzeichnung dieser Behältnisse ist unerlässlich.
Abfälle nach AS 180101 im Pflegebetrieb
Auch Kanülen, geöffnete Ampullen und Lanzetten fallen im Pflegebetrieb häufig als Abfall an. Diese (auch als Sharps bezeichneten) spitzen oder scharfen Gegenstände sind nach AS 180101 zu entsorgen. Sie müssen dementsprechend direkt nach dem Gebrauch in speziellen Abfallbehältnissen gesammelt werden, die sie sicher umschließen und möglichst nah am Verwendungsort aufgestellt sind. Ein Umfüllen ist nicht zulässig.
In der ambulanten Pflege ist zu beachten, dass diese Behälter vom Pflegepersonal mitgeführt werden. Die Behältnisse können anschließend ggf. über den Hausmüll der Patienten entsorgt werden. Da in Mehrfamilienhäusern die Abfalltonnen frei oder zumindest für andere Hausbewohner zugänglich sind, ist diese Vorgehensweise problematisch. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Arbeitgeber für die Nutzung eines medizinischen Entsorgungsservices: Vorgeschriebene Behälter werden angeliefert und gefüllt wieder zur sicheren Entsorgung abgeholt.
Entsorgung von Desinfektionsmitteln nach AS 180107
Gebrauchsfertige Lösungen wie Hand- und Hautdesinfektionsmittel zählen zumeist zu den nicht-gefährlichen Chemikalienabfällen und werden demnach gemäß AS 180107 (Chemikalienabfälle) entsorgt. Abgelaufene Mittel oder auch deren nicht restentleerte Verpackungen sind in dicht verschlossenen Spezialbehältern zu sammeln und in bandsicheren, kühlen, belüfteten und abschließbaren Räumen mit Auffangmöglichkeit zu lagern.
Desinfektionskonzentrate sind wiederum gefährlicher Abfall, den es nach AS 180106* (Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten) zu entsorgen gilt. Diese Abfälle werden wie in AS 180107 gelagert. Allerdings muss der Transport gemäß Gefahrgutrecht organisiert werden und die Entsorgung erfolgt als gefährlicher Abfall mit Sammel- und Entsorgungsnachweis in einer zertifizierten Anlage.
Quellen
- Abfallmanager-Medizin: Hygiene und Abfallentsorgung in Pflegeheimen
- Abfallmanager-Medizin: Corona-Schnelltests entsorgen
- Abfallmanager-Medizin: Abfallschlüsselnummer 180101, Entsorgung von spitzen und scharfen Gegenständen (Sharps)
- Abfallmanager-Medizin: Desinfektionsmittel entsorgen
- Abfallmanager-Medizin: Abfallschlüsselnummer 180107, Sammlung und Entsorgung ungefährlicher Chemikalien
- Abfallmanager-Medizin: Urin entsorgen
- Abfallmanager-Medizin: Abfallschlüsselnummer 180103*, Entsorgung von infektiösen Abfällen
- Remondis Medison: Abfälle aus Arztpraxen: Umfangreiche Kenntnisse erforderlich
- aerzteblatt.de: Medizinische Abfallentsorgung: Wenn Abfall nicht einfach Müll ist
- Länder-Arbeitskreis zur Erstellung von Hygieneplänen nach §§ 23 und 36 IfSG: Rahmen-Hygieneplan für ambulante Pflegedienste
- sharps-entsorgen.de: Die tägliche Gefahr für Müllwerker