GefStoffV-Novelle Neuerungen im Umgang mit Gefahr­stoffen

Pharmazeutische Chemikalien in Flaschen mit Gefahrensymbol (Foto: Jacob Wackerhausen)
Der Bundestag hat eine Novelle der Gefahrstoffverordnung verabschiedet - daraus resultieren auch Neuerungen für das Gesundheitswesen. (Foto: Jacob Wackerhausen)

Wenn es um den Umgang mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz geht, führt in Deutschland an der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) kein Weg vorbei. Der Rechtstext regelt den Schutz sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen bei Arbeiten mit gefährlichen Stoffen und Gemischen. Seit 2022 wird an wichtigen Neuerungen der GefStoffV gearbeitet. Nach diversen Änderungsschleifen wurde am 21. August nun vom Bundestag die Novelle verabschiedet. Die wichtigsten Änderungen betreffen unter anderem Regelungen zu CMR-Stoffen sowie zu Asbest. Letztere sind zwischenzeitlich vielfach kritisiert worden. Sie würden wichtige Ergebnisse des Nationalen Asbestdialogs nicht ausreichend berücksichtigen. Das letzte Wort zur Novellierung ist jedoch noch nicht gesprochen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der Bundestag hat am 21. August 2024 eine Novelle der Gefahrstoffverordnung abgesegnet.
  • Im Vordergrund steht die verbesserte Prävention arbeitsbedingter Krebserkrankungen.
  • Wichtige Neuerungen betreffen CMR-Stoffe der Kategorien 1A und 1B.
  • Einen weiteren Schwerpunkt stellen Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest dar.
  • Die Novelle wird von Seiten des Bauwesens und der Kreislaufwirtschaft scharf kritisiert.

Im Zentrum der „Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung und anderer Arbeitsschutzverordnungen“ (die Neuerungen der GefStoffV wirken sich auf die PSA-Benutzungsverordnung und die BAM Besondere Gebührenordnung aus) steht eine verbesserte Prävention arbeitsbedingter Krebserkrankungen. Hierfür wird unter anderem das risikobezogene Maßnahmenkonzept, wie es bereits aus der TRGS 910 bekannt ist, bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen der Kategorien 1A und 1B vollständig in die Verordnung integriert. Die Anforderungen an die Schutzmaßnahmen werden damit direkt an das statistische Risiko einer Krebserkrankung, das durch eine konkrete Tätigkeit besteht, gekoppelt.

Neue Regelungen für CMR-Stoffe

Nicht nur für krebserregende Stoffe, sondern insgesamt für CMR-Stoffe (cancerogen, mutagen, reprotoxic – krebserregend, keimzellmutagen und reproduktionstoxisch) der Kategorien 1A bzw. 1B sind die Vorschriften in der neuen Fassung der GefStoffV nun detaillierter und konkreter ausgeführt (§ 10). Dies umfasst unter anderem eine Verwendung im geschlossenen System als oberste Maßnahme. Ferner sind nun auch reproduktionstoxische Stoffe in ein Expositionsverzeichnis aufzunehmen, mit einer minimalen Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren. Die obligatorische Erfassung in einer Expositionsdatenbank betraf zuvor lediglich krebserregende und keimzellmutagene Stoffe. Eine Erleichterung gibt es bei der Lagerung von CMR-Stoffen der Kategorien 1A und 1B sowie zielorgantoxischer Stoffe (STOT) der Kategorie 1. Die bisherige Pflicht zur Lagerung respektive Aufbewahrung unter Verschluss entfällt künftig.

Diese Neuregelungen betreffen Krankenhäuser, medizinische Labore oder Apotheken, insbesondere im Umgang mit zytostatischen und zytotoxischen Medikamenten. Mit der Regelung zu reproduktionstoxischen Stoffen wird die EU-Richtlinie 2022/431 zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG (über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit) in nationales Recht umgesetzt.

Detaillierte Maßnahmen bei Arbeiten unter Asbestbelastung

Die Verbesserung der Prävention arbeitsbedingter Krebserkrankungen umfasst auch den Umgang mit Asbest. Obwohl das Inverkehrbringen der mineralischen Fasern bereits seit 31. Oktober 1993 in Deutschland verboten ist, sind die Fallzahlen ungebrochen hoch. So erkrankten in den letzten zehn Jahren allein 30.000 Menschen nachweislich durch eine berufsbedingte Exposition mit Asbest an Krebs. 16.000 Betroffene starben infolge ihrer Erkrankungen.

Um besser vor den Gefahren durch den Stoff zu schützen, wurden im mehrjährigen Nationalen Asbestdialog konkrete Maßnahmen erarbeitet. Die Ergebnisse des seit 2020 abgeschlossenen Dialogs werden nun (zum Teil) in der GefStoffV umgesetzt (§ 5 GefStoffV). So führt die Verordnung etwa detaillierte Maßnahmen auf, die bei Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten an belasteten Gebäuden durchzuführen sind. In Anhang I Nr. 3.8 sind zudem asbesthaltige Produkte aufgeführt, die noch bis Ende 1994 in Umlauf waren.

Psychische Belastungen jetzt Teil der Gefährdungsbeurteilung

Neben den neuen Bestimmungen für eine bessere Krebsprävention enthält die Gefahrstoffverordnung auch einige kleinere Änderungen wie Lösungen von Rechts- und Vollzugsproblemen sowie sprachliche und strukturelle Verbesserungen. Darüber hinaus werden diverse Regelungen zur Verwendung von Biozid-Produkten – hauptsächlich Übergangsregelungen – angepasst. Eine wichtige Neuerung betrifft psychische Belastungen, die bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen auftreten können. Diese sind nun bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

Kritik an neuer Gefahrstoffverordnung

Scharfe Kritik an der neuen Gefahrstoffverordnung kommt aus der Bau- und Kreislaufwirtschaft. Sie setzt bei den Neuerungen zum Umgang mit möglichen Asbestbelastungen bei Bauvorhaben im Bestand an. In einem gemeinsamen Brandbrief verschiedener Verbände beider Wirtschaftszweige an den Gesetzgeber bemängelten diese insbesondere, dass eine Erkundungspflicht für den Veranlasser einer Bautätigkeit, die in früheren Entwürfen noch vorgesehen war, nun einer einfachen Informationspflicht gegenüber den ausführenden Unternehmen gewichen ist. Dies liefe sicherheitsrelevanten Ergebnissen des Asbestdialogs zuwider. Ebenso fehle eine eindeutige Stichtagsregelung für die Asbestvermutung.

Ein Hoffnungsschimmer für die Kritiker kommt derweil aus dem Bundesrat. In einem Entschluss vom 18. Oktober bittet dieser die Bundesregierung um Vorlage einer „Auswertung der Anzeigen, Anerkennungen und Todesfälle von mit Asbest in Zusammenhang stehenden Berufskrankheiten seit dem nationalen Asbestverbot nach Kalenderjahr und Alter der Versicherten“. Auf Grundlage dieser Daten soll der Gesetzgeber schließlich bewerten, „ob und in welchem Rahmen eine anlassbezogene Erkundung durch die Veranlasser zur Erfüllung der Ziele der Verordnung angezeigt ist“. Die Ausschüsse des Bundesrats hatten zuvor eine (gestufte) Erkundungspflicht des Veranlassers gemäß den Ergebnissen des Asbestdialogs empfohlen. Damit dürfte sich das Inkrafttreten der neuen Gefahrstoffverordnung weiter verzögern. Im Falle einer Absegnung durch den Bundesrat hatte man zuvor mit November 2024 gerechnet.

Quellen

Pharmazeutische Chemikalien in Flaschen mit Gefahrensymbol (Foto: Jacob Wackerhausen)
Der Bundestag hat eine Novelle der Gefahrstoffverordnung verabschiedet - daraus resultieren auch Neuerungen für das Gesundheitswesen. (Foto: Jacob Wackerhausen)