Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) Rechtsgrundlage zur verbesserten Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten

Mensch im Kittel am Computer (Foto: WrongWay)
Mit der Forcierung von Big Data soll die Gesundheitsversorgung mittelfristig effektiver und effizienter werden - dafür schafft das Gesundheitsdatennutzungsgesetz die rechtliche Grundlage. (Foto: WrongWay)

Daten bilden die wichtigste Grundlage einer evidenzbasierten Medizin. Je umfassender die Datenlage zu einer Krankheit ist, desto besser lassen sich effektive Behandlungsmethoden identifizieren oder ableiten. Die Digitalisierung eröffnet hierfür bislang ungeahnte Chancen: Werden alle Behandlungsdaten in Deutschland digital erfasst, entstehen gewaltige Datensätze mit einer enormen Dichte an Informationen zu Krankheitsbildern, möglichen Behandlungsformen sowie deren Erfolgen und Misserfolgen. Da es sich dabei um hochsensible geschützte Daten handelt, bedarf es jedoch genauer gesetzlicher Regelungen, um sie sicher als Big Data für eine bessere medizinische Versorgung nutzbar zu machen. Hier kommt das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) ins Spiel.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Das GDNG soll Daten für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens verfügbar machen.
  • Dafür wird u. a. eine Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten eingerichtet.
  • Daten des Forschungsdatenzentrums Gesundheit lassen sich nun mit denen der klinischen Krebsregister der Länder verknüpfen.
  • Bei länderübergreifenden Forschungsvorhaben dient eine übergeordnete Aufsichtsbehörde als zentrale Anlaufstelle.

Der genaue Zweck des am 26. März 2024 in Kraft getretenen GDNG ist in seinem (vollen) Namen festgeschrieben: Gesetz zur Nutzung von Gesundheitsdaten zu gemeinwohlorientierten Forschungszwecken und zur datenbasierten Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Letzteres wird in § 1 GDNG als „lernendes System“ konkretisiert. Das Gesundheitswesen soll sich demnach auf Basis der verfügbaren Daten sozusagen lernenderweise weiterentwickeln bzw. verbessern.

Einrichtung einer Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz regelt die nötige Datenverfügbarkeit. Hierzu wird zunächst eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingerichtet (§ 3). Die neue Behörde soll Datennutzende beim Zugang von Gesundheitsdaten unterstützen und beraten. Unter anderem führt und pflegt sie hierzu einen öffentlichen und barrierefreien Metadaten-Katalog mit Informationen zu den im deutschen Gesundheitswesen öffentlich zugänglichen Gesundheitsdaten und deren Haltern. Gleichsam nimmt sie Anträge auf Zugang zu Gesundheitsdaten bei den datenhaltenden Stellen entgegen und leitet sie an diese weiter. Die Informationen zu den jeweiligen Anträgen werden in einem öffentlichen Antragsregister erfasst.

Verknüpfung und Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten

Das GDNG erlaubt eine Verknüpfung pseudonymisierter Daten aus den klinischen Krebsregistern der Länder mit Daten des Forschungsdatenzentrums Gesundheit (§ 4). Für die Verknüpfung ist ein Antrag bei der Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten zu stellen. Die Bewilligung eines Antrags hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. So muss etwa dargelegt werden, warum eine Verknüpfung der Daten „für die zu untersuchende Forschungsfrage erforderlich ist“.

Ferner ist in § 6 die Nutzung von Versorgungsdaten durch datenverarbeitende Gesundheitseinrichtungen für Qualitätssicherung, Forschung und statistische Zwecke geregelt. Damit unterstützt und stärkt das Gesetz gleichwohl die Eigenforschung dieser Einrichtungen. Die personenbezogenen Daten sind in diesem Zusammenhang zunächst zu pseudonymisieren bzw., sobald es der jeweilige Zweck der Weiterverarbeitung erlaubt, zu anonymisieren. Eine Pseudonymisierung ist beispielsweise notwendig, um Verbindungen zwischen einer bestimmten Vorerkrankung und einer späteren Krebserkrankung erkennen zu können. Bei der sichereren Anonymisierung lassen sich derartige Zusammenhänge nicht mehr herstellen. Auch die „Ergebnisse der Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten“ müssen gemäß GDNG nach Möglichkeit anonymisiert werden, um so den größtmöglichen Datenschutz zu gewährleisten.

Die Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte im Rahmen der Weiterverarbeitung ist zunächst untersagt, solange die betroffene Person in diese nicht einwilligt oder eine Rechtsvorschrift des Bundes oder Landes oder ein unmittelbarer Rechtsakt der EU diese vorsieht. Gleichsam ist die Weitergabe innerhalb öffentlich geförderter Zusammenschlüsse datenverarbeitender Gesundheitseinrichtungen möglich, wenn

  • die Verarbeitung für die Qualitätssicherung erforderlich ist,
  • die Anforderungen zum Datenschutz (Pseudonymisierung, Anonymisierung etc.) bei der Verarbeitung eingehalten werden,
  • „die Interessen des datenschutzrechtlich Verantwortlichen an der Verarbeitung die Interessen der betroffenen Person an einem Ausschluss der Verarbeitung erheblich überwiegen und
  • die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde der gemeinsamen Nutzung und Verarbeitung der Daten zugestimmt hat.“

Datenverarbeitende Gesundheitseinrichtungen sind dazu verpflichtet, über die Zwecke der von ihnen durchgeführten Weiterverarbeitung der Versorgungsdaten „öffentlich und allgemein in präziser, transparenter, leicht verständlicher und zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache“ zu informieren. Das Gleiche gilt für registrierte laufende Forschungsvorhaben (siehe unten) und veröffentlichte Forschungsergebnisse.

Registrierungs- und Publikationspflichten

Werden Gesundheitsdaten im öffentlichen Interesse (ohne Einwilligung der betroffenen Personen) zu Forschungszwecken verarbeitet, muss das Forschungsvorhaben laut § 8 GDNG in einem „von der Weltgesundheitsorganisation anerkannten Primärregister für klinische Studien“ registriert werden. Hiervon ausgenommen sind Forschungsprojekte, die bereits auf Grundlage eines (anderen) Gesetzes an anderer Stelle registriert wurden.

Geheimhaltungspflichten und Strafvorschriften

Die in § 6 geregelte Datennutzung unterliegt bestimmten Geheimhaltungspflichten (§ 7). So dürfen etwa für Forschungszwecke verfügbar gemachte Daten nur für diejenigen Zwecke genutzt werden, für die sie zugänglich gemacht wurden, und nicht an Dritte weitergegeben werden. Ferner ist es untersagt, die Daten zur Identifizierung der Patientinnen oder Patienten (einschließlich Verstorbener), der Leistungserbringer oder Leistungsträger zu nutzen. Verstöße gegen diese Pflichten mit dem Motiv, sich oder andere zu bereichern oder andere zu schädigen, werden mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet (§ 9).

Übergeordnete Aufsichtsbehörde bei länderübergreifenden Forschungsvorhaben

Eine wichtige Neuerung durch das GDNG ist die Möglichkeit einer übergeordneten, zentralen Aufsichtsbehörde bei länderübergreifenden Forschungsvorhaben (§ 5). Diese ist federführend und alleiniger Ansprechpartner in allen Datenschutzfragen und übernimmt die Koordination zwischen den insgesamt 18 Datenschutzaufsichten. Dadurch soll sich der Prozess für die Freigabe medizinischer Daten massiv beschleunigen. Zuletzt hatte es beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Anforderungen an die Datenfreigabe in den einzelnen Ländern mehr als zwei Jahre gedauert, bis radiologische Daten zu schweren Corona-Erkrankungen verfügbar waren.

GDNG ist Teil der Nationalen Pharmastrategie

Das GDNG bildet einen zentralen Teil der Nationalen Pharmastrategie des Bundes, die mit dem Digital-Gesetz (DigiG) und dem Medizinforschungsgesetz (MFG) noch zwei weitere neue Gesetze umfasst. Ziel dieses Aktionsplans ist es, die Bundesrepublik wieder attraktiver für Forschung und Produktion im Pharmabereich zu machen – und damit gleichzeitig auch die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu verbessern. Neben der digitalen Nutzung von Gesundheitsdaten beinhaltet dies unter anderem diverse Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren in der medizinischen Forschung.

Es ist letztlich die Kombination dieser Gesetze, die Verbesserungen im Gesundheitswesen verspricht. Während das Digital-Gesetz mit der Einführung der elektronischen Patientenakte und des elektronischen Medikationsplans sowie der Ausweitung des E-Rezepts die Datenbasis für Big Data in der medizinischen Forschung schafft, sorgt das GDNG dafür, dass diese Daten auch genutzt werden dürfen, ohne vom Datenschutz ausgebremst zu werden.

Auswirkungen auf das Abfallaufkommen in Krankenhäusern und Arztpraxen

Geht die Rechnung des Gesetzgebers auf, dürfte die Gesundheitsversorgung mittelfristig durch Big Data effektiver und effizienter werden. So könnte eine eindeutige Datenlage etwa zu weniger Fehlbehandlungen (z. B. durch falsche Medikation) führen. Entsprechend geringer wäre beispielsweise die Menge an Altmedikamenten aus Behandlungsabbrüchen. Insofern sind zumindest indirekte Auswirkungen des GDNG und seiner „Schwestergesetze“ auf das Abfallaufkommen in Krankenhäusern und Arztpraxen denkbar.

Quellen

Mensch im Kittel am Computer (Foto: WrongWay)
Mit der Forcierung von Big Data soll die Gesundheitsversorgung mittelfristig effektiver und effizienter werden - dafür schafft das Gesundheitsdatennutzungsgesetz die rechtliche Grundlage. (Foto: WrongWay)