Abfallende-Verordnung Eckpunktepapier definiert Kriterien für mineralische Ersatzbaustoffe

Innenausbau eines Gebäudes.
Abfallende Verordnung: rechtliche Rahmenbedingungen für die Herstellung und Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe

Das Eckpunktepapier zur Abfallende-Verordnung für bestimmte mineralische Ersatzbaustoffe gilt als wichtiger Meilenstein in der nachhaltigen Ausrichtung des Bauwesens und schafft klare rechtliche Rahmenbedingungen zur Herstellung und Verwendung der Ersatzbaustoffe. Die gesamte Branche leistet mit der Nutzung dieser Recyclingbaustoffe einen großen Beitrag für den Ressourcenschutz, denn einerseits wird die Recyclingquote erhöht und andererseits können wertvolle und immer knapper werdende natürliche Wertstoffe eingespart werden. Von diesen Nachhaltigkeitsaspekten können auch Bauprojekte des Gesundheitswesens profitieren. Mit dem Eckpunktepapier stellen sich Bundesregierung und Bauwirtschaft gemeinsam den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen, fördern die Kreislaufwirtschaft und den Umweltschutz in der Branche und stärken damit langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauwirtschaft.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag definiert, dass korrekte Kriterien zur Erreichung des Abfallendes für bestimmte Sekundärrohstoffe ausgearbeitet werden sollen.
  • Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz veröffentlichte im Dezember 2023 das Eckpunktepapier zur Abfallende-Verordnung für bestimmte mineralische Ersatzbaustoffe.
  • Rechtliche Grundlage des Eckpunktepapiers sind die Abfallrahmenrichtlinie, das Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Ersatzbaustoffverordnung.
  • Kritik: Die Abfallende-Verordnung konterkariere die Stärkung der Kreislaufwirtschaft.
  • Mineralische Ersatzbaustoffe können Rohstoffe für umweltfreundliche Gesundheitsbauten sein, allerdings müssen dafür Widersprüche in der Planung und Realisierung dieser behoben werden.

Umweltprobleme, zunehmende Ressourcenknappheit und Bestimmungen zum Klimaschutz machen es notwendig, effiziente Strategien im Umgang mit (knappen) Ressourcen zu entwickeln. Auch die Bundesregierung und die deutsche Bauwirtschaft brauchen hier ein Umdenken, welches mit dem Eckpunktepapier zur Abfallende-Verordnung angestoßen wird. Es beleuchtet einen innovativen Ansatz im Umgang mit mineralischen Ersatzbaustoffen, die das Potenzial in sich tragen, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Somit ist die Verordnung eine direkte Antwort auf eine zukünftig umweltfreundlichere Bauweise sowie den Plan, die großen Mengen an mineralischen Abfällen verwerten zu können.

Was sind mineralische Ersatzbaustoffe?

In Deutschland fielen im Jahr 2020 mehr als 200 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an, die vor allem aus dem Baugewerbe stammen oder Nebenprodukte aus der industriellen Produktion und thermischen Prozessen sind. Damit gilt diesesAbfallaufkommen als einer der größten Abfallströme der Bundesrepublik. Der größte Teil der Abfälle entsteht bei Bau- und Abbruchtätigkeiten. Darunter fallen unter anderem Bodenmaterialien, Aschen, Schlacken und Gleisschotter. Aus diesen mineralischen Abfällen oder aus den Nebenprodukten stellen Unternehmen Baustoffe her, die vor allem für den Einsatz in technischen Gebäuden vorgesehen und geeignet sind. Laut der privatwirtschaftlichen Initiative Kreislaufwirtschaft Bau konnten 2020 knapp 90 Prozent der Abfälle als Ersatzbaustoffe verwertet werden. Diese Baustoffe stellen eine nachhaltige Alternative zu mineralischen Rohstoffen dar und werden zukünftig immer mehr an Relevanz gewinnen.

Ziele des Eckpunktepapiers

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde festgelegt, konkretisierte Kriterien zur Erreichung des Abfallendes für bestimmte Sekundärstoffströme auszuarbeiten – darunter fallen auch mineralische Ersatzbaustoffe. Bis dato lag der Fokus in der Herstellung der Ersatzbaustoffe weniger auf der Hochwertigkeit der Verwertung gemäß Abfallhierarchie, was sich mit denspezifischen Regelungen des Eckpunktepapiers ändern soll. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hat das lang erwartete Eckpunktepapier Ende Dezember 2023 zur Anhörung vorgelegt.

Die Abfallende-Verordnung soll gemeinsam mit der Ersatzbaustoffverordnung dazu beitragen, mineralische Ersatzbaustoffe – kurz auch MEB genannt – effektiver in den Rohstoffkreislauf zurückzuführen und ihre Vermarktung als hochwertige und qualitätsgesicherte Recyclingrohstoffe zu fördern. Sie sollen als Baustoffe in technischen Gebäuden und zukünftig auch in Bereichen – wie dem Garten- und Landschaftsbau eingesetzt werden. Gerade letztere nutzen bis dato kaum bis keine Ersatzbaustoffe. Dafür müssen nachhaltige Absatzmärkte geschaffen und bestehende Vorurteile und Hemmnisse gegenüber Ersatzbaustoffen abgebaut werden. Zusätzlich müssen spezifische mit dem Abfallrecht verbundene Verpflichtungenfür den Transport oder die Lagerung entfallen.

Abfallrahmenrichtlinie, Kreislaufwirtschaftsgesetz und Ersatzbaustoffverordnung bilden Rechtsrahmen

Die rechtlichen Hintergründe und Vorgaben des Eckpunktepapiers speisen sich aus den drei bestehenden Regelungen: der Abfallrahmenrichtlinie, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und der Ersatzbaustoffverordnung. Bereits 2008 wurde in der Abfallrahmenrichtlinie (ARRL) ein Artikel ergänzt, welcher die Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaften formuliert. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Abfälle die folgenden Bedingungen erfüllen:

  1. Der Stoff oder Gegenstand soll für bestimmte Zwecke weiter verwendet werden können.
  2. Für den Recyclingrohstoff muss ein Bedarf am Markt vorhanden sein.
  3. Die technischen Anforderungen im Umgang mit dem Rohstoff müssen bestehenden Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse genügen.
  4. Die Verwendung des Rohstoffes bzw. des Produktes oder Gegenstandes führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen.

Die Richtlinie ist einer der Eckpfeiler der europäischen Umweltpolitik und definiert die Behandlung von Abfällen in der Europäischen Union. Mithilfe der in der ARRL festgelegten Abfallhierarchie – Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, Verwertung und Beseitigung – sollen die Umweltauswirkungen aller Abfälle minimiert und Abfälle stärker als mögliche Ressourcen wahrgenommen werden. Die Richtlinie schafft die Grundlage für das Ende derAbfalleigenschaften und hat direkten Einfluss auf die Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten. Diese müssen klare Kriterien erfüllen, damit Abfälle als Rohstoffe – hier mineralische Ersatzbaustoffe – verwertet werden können.

Die Umsetzung der Richtlinie, die in Deutschland durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) realisiert wird, dient der Förderung der zirkulären Wirtschaft. Das Gesetz regelt die Konditionen, wann und wie Abfälle als beendet – sprich recycelt, thermisch verwertet oder beseitigt – gelten und legt damit den Grundstein für die Herstellung und Verwendung mineralischerErsatzbaustoffe. Das Eckpunktepapier hat die in § 5 Absatz 1 des KrWG festgeschriebenen Aspekte – Zweckbindung, bestehende Nachfrage, Erfüllung technischer Anforderungen sowie die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt – als Kriterien der Vorauswahl der Abfälle definiert und den letzten Punkt „Auswirkungen auf Mensch und Umwelt“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 4) mit vergleichenden Sicherheitsbetrachtungen zur Herstellung, Transport, Lagerung und Verwertung erweitert.

Zusätzlich wird das Kreislaufwirtschaftsgesetz mit der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) ergänzt. Diese Verordnung konkretisiert die Anforderungen an die Qualität, Herstellung und Verwertung der Materialien, aus denen Ersatzbaustoffe gewonnen werden können. Um die Aufbereitung der Materialien umweltschonend und sicher für Mensch und Umwelt zu gestalten, sind in der Verordnung Richtwerte zur Schadstoffkontrolle, technische Faktoren und Kriterien zur Überwachung der Produktion festgelegt.

Kritik am Eckpunktepapier zur Abfallende-Verordnung

Neben den Befürwortern der Verordnung gibt es auch Kritiker. Die Mitglieder der Wirtschaftsvereinigung Stahl beispielsweise lehnen die aktuell vorliegenden Eckpunkte der Abfallende-Verordnung grundsätzlich ab, da diese laut Wirtschaftsvereinigung nicht nur die verknüpften Ziele zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft konterkariere, sondern vielmehr einen gesetzlichen Flickenteppich schaffe, der den Bestrebungen der Vereinheitlichungen des gesetzlichen Rahmens entgegenstehe. Bisherige Absichtserklärungen und Rechtsregelungen zielten bis dato darauf ab, das zirkuläre Wirtschaften zu verstärken, die Ressourceneffizienz zu verbessern bzw. den Ressourcenverbrauch zu reduzieren – heißt es im Statement der Wirtschaftsvereinigung. Deshalb müsse die Wirkung der Abfallende-Verordnung im Zusammenspiel mit den bisherigen Zielen der Kreislaufwirtschaft bewertet werden. So sah man bereits mit der Einführung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) erste negative Folgen für die Materialströme. Diese Effekte würden mit der Abfallende-Verordnung nur verstärkt, was eine zirkuläre Wirtschaft sabotiere.

Auch der bvse – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung übt Kritik am aktuellen Eckpunktepapier. Zwar begrüßt der Verband die umfassende Regelung zum Abfallende für mineralische Ersatzbaustoffe (MEB), die aus Sicht des Verbandsdringend notwendig und überfällig sei, allerdings sei die Einschränkung auf nur bestimmte mineralische Ersatzbaustoffe (MEB) und Materialklassen in einer Abfallende-Verordnung nach dem Verband rechtlich nicht begründbar und unnötig. Diese Einschränkungen stünden den Zielen der Verordnung sowie der Zielsetzung einer nachhaltigen Kreislaufführung in der Bauwirtschaft im Weg.

Berührungspunkte zwischen Gesundheitswesen und der Abfallende-Verordnung für mineralische Ersatzbaustoffe

Ein großer Teil der aktuellen Krankenhausarchitektur weist im Bereich Nachhaltigkeit starke Mängel auf. Die Gründe für die großen Defizite liegen allerdings nicht allein bei der Planung und baulichen Realisierung, sondern laut einer Veröffentlichung von Tom Guthknecht – Architekt und Dozent für „Planung von Gesundheitsbauten“ an der Eidgenössischen TechnischenHochschule Zürich – u. a. in den hohen Baukosten, fehlenden Anreizen, unberücksichtigten Patientenbedürfnissen, fehlender Planungskonsistenz und zersplittertem Planungswissen. Dementsprechend können nachhaltige Bauprojekte – darunter die Verwendung von ökologischen Materialien wie Ersatzbaustoffen sowie Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen – nur dann gelingen, wenn Widersprüche bei der Planung und Realisierung von Gesundheitsbauten aus dem Weg geräumt würden, sodass nicht auf veraltete, ineffiziente und vor allem nicht-nachhaltige Lösungen zurückgegriffen werden müsse.

Quellen

Innenausbau eines Gebäudes.
Abfallende Verordnung: rechtliche Rahmenbedingungen für die Herstellung und Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe