Der schier unersättliche Hunger moderner Gesellschaften nach Rohstoffen ist ein globales Problem mit katastrophalen Folgen für das Klima, die Ökosysteme und letztlich auch uns Menschen. In der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) der Bundesregierung sollen daher verschiedene Maßnahmen und Teilstrategien zusammenfließen, um letztlich vor allem ein Ziel zu erreichen: Die Senkung des absoluten Rohstoffbedarfs. Der Weg dorthin führt nach Ansicht des Gesetzgebers nur über eine „Transformation zu einem ressourcensparenden zirkulären System“. Der NKWS kommt dabei sozusagen die Rolle eines Fahrplans zu. Welche Auswirkungen die Rahmenstrategie und der von ihr verfolgte Ressourcenwandel auf Konsumenten wie Krankenhäuser haben wird, ist allerdings noch unklar.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die NKWS soll den Weg in eine neue Kreislaufwirtschaft weisen, um den absoluten Rohstoffbedarf in Deutschland zu senken.
- Durch die Verringerung des Rohstoffbedarfs sollen Umwelt und Klima geschützt werden.
- Gleichzeitig soll mithilfe zirkulärer Systeme Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten werden.
- Die angestrebte Kreislaufwirtschaft bietet zudem hohe Wertschöpfungspotenziale.
- Einschätzungen des UBA zufolge sind die bisherigen Ansätze in der Ausarbeitung der NKWS für die Zielsetzung jedoch nicht ausreichend.
Die Senkung des primären Rohstoffbedarfs ist (ebenso wie die Entwicklung einer Nationalen Kreiswirtschaftsstrategie zu dessen Umsetzung) als Ziel im Koalitionsvertrag definiert. Das „zirkuläre System“, das der Bundesregierung dabei vorschwebt, unterscheidet sich von der Kreislaufwirtschaft im deutschen Sprachgebrauch, wie wir sie beispielsweise aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz kennen (mit starkem Fokus auf Vermeidung und Wiederverwendung). Stattdessen orientiert sie sich am Leitbild der „Circular Economy“ nach europäischem Vorbild (wie im Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft), wonach der Begriff sämtliche Wertschöpfungsphasen eines Produkts – von der Produktgestaltung bis zur Rückführung in die Wirtschaft als Recyclingrohstoff – umfasst.
Kreislaufwirtschaft als Werkzeug im Umwelt- und Klimaschutz
Neben dem Umwelt- und Klimaschutz soll eine solche Kreislaufwirtschaft Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten und somit resilienter gegen globale Engpässe und Krisen machen. Aufgrund der vergleichsweise bereits hohen Verwertungsquoten sowie einer Vorreiterrolle in Forschung, Technologie und industriellem Know-how bestünden laut Bundesregierung „sehr gute Voraussetzungen, um bei einer Kreislaufwirtschaft führend zu werden“. Studien zufolge ergäbe sich daraus Potenzial für eine zusätzliche Bruttowertschöpfung von bis zu zwölf Milliarden Euro.
Tatsächlich könnte eine starke Kreislaufführung von Rohstoffen zahlreiche Probleme entscheidend abmildern. Die Grundstoffindustrie (Stahl, Aluminium, Kunststoffe, Zement bzw. Beton) und die Herstellung von Vorprodukten verbrauchen mehr Energie und erzeugen entsprechend mehr klimaschädliche Treibhausgasemissionen als die Produktion der Endprodukte. Laut Bundesumweltministerium (BMUV) liegt ihr Anteil beispielsweise im Maschinenbau und in der Chemieindustrie bei 60 bis 80 Prozent – beides Bereiche, die auch für das Gesundheitswesen von großer Relevanz sind.
Zugleich ist der Rohstoffverbrauch pro Kopf in Deutschland so hoch, dass es auf die Weltbevölkerung umgerechnet drei Erden bräuchte. Der Anteil von Recyclingrohstoffen am Gesamtrohstoffverbrauch beträgt indes lediglich 13 Prozent. Ein effizientes zirkuläres System würde also nicht nur die vom Rohstoffabbau betroffenen Ökosysteme und die Biodiversität schützen, sondern auch Treibhausgasemissionen erheblich reduzieren und benötigte Ressourcen hierzulande sichern.
Erarbeitung der Kreislaufwirtschaftsstrategie braucht Stakeholder-Beteiligung
Den Weg in diese neue Kreislaufwirtschaft soll demnächst – das heißt, noch in diesem Jahr – die NKWS weisen. Momentan befindet sich die Rahmenstrategie noch in der Erarbeitung durch das BMUV unter Begleitung eines Forschungsvorhabens des Umweltbundesamtes (UBA). Teil der Strategieentwicklung ist außerdem ein umfangreicher Stakeholder-Prozess mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik, der seit dem zweiten Quartal 2023 läuft. Insgesamt gibt es neun Handlungsfelder, aus denen sich Stakeholder am Prozess beteiligen:
- Bekleidung und Textilien
- erneuerbare Energien-Anlagen
- Fahrzeuge und Batterien
- Gebäude und Rohstoffe
- IKT und Elektrogeräte
- Kunststoffe
- Metalle
- Öffentliche Beschaffung und
- zirkuläre Produktionsprozesse.
Empfehlungen des Umweltbundesamtes zur Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie
Zu den bislang erarbeiteten Ergebnissen ist derzeit nur wenig bekannt. Eine Stellungnahme der Ressourcenkommission am Umweltbundesamt (KRU) vom 15. Dezember wies jedoch bereits darauf hin, dass es zum damaligen Zeitpunkt noch „deutlichen Verbesserungs- und Ergänzungsbedarf in den inhaltlichen Grundlagen und Zielsetzungen sowie den Formaten des Strategieprozesses“ gab. Demnach liege der Fokus zu einseitig auf zirkulärem Produzieren und Konsumieren, „um die Transformation zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Wirtschaft einzuleiten“.
Der Kommission zufolge müsse die NKWS in eine „übergeordnete, verbindliche und gerechte Ressourcenstrategie“ eingebettet werden, die gleichsam eine absolute Reduktion des Ressourcenkonsums sowie eine engagierte Suffizienzpolitik vorsieht. Im Klartext heißt das: Recycling und Wiederverwendung allein werden nicht ausreichen – die Gesellschaft selbst muss auch insgesamt ganz einfach weniger Rohstoffe konsumieren.
Insgesamt gibt die KRU drei Empfehlungen für die NKWS aus:
- „Die NKWS muss in eine übergeordnete, an den Klimaschutz- und Nachhaltigkeitszielen ausgerichtete Ressourcenstrategie eingebettet werden, die sich an zentralen Bedürfnisfeldern orientiert und die absolute Reduktion des Rohstoffverbrauchs zum Ziel hat. “
- „Suffizienz als Nachhaltigkeitsstrategie ist in der NKWS eine Leerstelle, dabei muss eine absolute Reduktion des Ressourcenkonsums bei gleichzeitig fairer Ressourcenverteilung das vorgeordnete Ziel werden. “
- „Die deutsche Kreislaufwirtschaft darf keine Festung werden. Eine zirkuläre Ökonomie erfordert auch eine zirkuläre Gesellschaft! Die NKWS muss daher auf vielen Schultern ruhen, mehr Beteiligung ermöglichen und dabei auch Perspektiven aus dem Globalen Süden aufnehmen. “
Inwiefern diese Empfehlungen bei der weiteren Ausarbeitung der Strategie berücksichtigt werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Allerdings zeigten sich auch Umweltschützer zuletzt wieder unzufrieden mit dem bisherigen Entwicklungsstand. So übte etwa die Deutsche Umwelthilfe Ende Januar Kritik an den Zwischenergebnissen und urteilte über den Prozess zur Erstellung der Rahmenstrategie: „Zu intransparent, industrienah und nimmt Umweltschutz nicht ausreichend in den Fokus.“
Auswirkungen der NKWS auf Krankenhäuser
Außerhalb solcher Kritikpunkte ist bislang nur wenig über die konkrete Ausgestaltung der NKWS bekannt, weshalb aktuell noch nicht sinnvoll über eventuelle Auswirkungen auf Konsumenten wie Krankenhäuser spekuliert werden kann. Gerade bei Krankenhäusern drängt allerdings das Thema Ressourcen bereits seit geraumer Zeit – allein schon aus finanzieller Sicht. Bestimmte Grundüberlegungen zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaftsstrategie, wie sie die KRU liefert, sollten deshalb sinnvollerweise ohnehin bei Einkauf und Nutzung von Produkten berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere für einen nachhaltigen Verbrauch im Sinne der Suffizienz (was wirklich gebraucht wird). Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen profitieren hier von einem intelligenten Ressourcenmanagement. Um dabei die Ressourcen so weit wie möglich zu schützen, sollte dies immer auch ein kluges Abfallmanagement umfassen.
Quellen
- BMUV: Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS)
- Umweltbundesamt: Für eine echte zirkuläre Wende aus der linearen Sackgasse
- Deutsche Umwelthilfe: Nationale Kreislaufwirtschafsstrategie droht Umwelt- und Klimaschutz nicht gerecht zu werden
- Dialog NKWS: Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie
- Dialog NKWS: Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie – Die wichtigsten Erkenntnisse aus der 3. Dialogwerkstatt
- BMUV: Keynote von Bundesministerin Steffi Lemke anlässlich der Fachkonferenz "Circular Economy"
- Die Bundesregierung: Viertes Spitzentreffen der Allianz für Transformation