Als marktbasiertes Klimaschutzinstrument findet der Emissionshandel (auch Emissionsrechtehandel) seit einigen Jahren bereits in diversen Ländern und in unterschiedlichen Ausformungen weltweit Anwendung. Auf EU-Ebene wurde 2005 der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) im Zuge des Klimaschutzabkommens von Kyoto eingeführt. Erfasst wurden zunächst bestimmte Anlagen aus Energiewirtschaft und energieintensiver Industrie. Seit 2012 sind noch der Luftverkehr sowie ab diesem Jahr auch der Seeverkehr hinzugekommen. Ab 2027 soll ein zusätzlicher Europäischer Emissionshandel (EU-ETS 2) für Brennstoffe in bestimmten Bereichen (v. a. Gebäude und Verkehr) eingeführt werden. In Deutschland gelten ähnliche Regelungen schon seit 2021 für den nationalen Emissionshandel durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Dessen Geltungsbereich wurde zu Jahresbeginn auf die Abfallverbrennung ausgeweitet – mit Folgen für Krankenhäuser.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Das BEHG ist eine deutsche Sonderregelung für den Emissionshandel auf nationaler Ebene.
- Ab 1. Januar 2024 unterliegt laut BEHG auch thermisch verwerteter Abfall dem Emissionshandel.
- Die Maßnahme soll zur Reduzierung thermisch verwerteter Abfälle beitragen.
- Branchenvertreter befürchten auch negative Folgen.
- Klinken müssen mit steigenden Entsorgungskosten rechnen.
- Einrichtung können mit dem sachgerechten sammeln und trennen der Abfälle hohe Zusatzkosten vermeiden.
Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) bildet die Grundlage für den nationalen Emissionshandel in Bereichen, die vom EU-Recht (EU-Emissionshandelsrichtlinie) noch nicht abgedeckt werden, nämlich Wärme und Verkehr. Als es im Dezember 2023 darum ging, den Bundeshaushalt neu aufzustellen, rückte dieser Handel mit Emissionszertifikaten als bevorzugtes Klimaschutzinstrument im Sparkurs der FDP ins Rampenlicht. Der Grund: Anders als bei einer staatlichen Förderung von Klimaschutzmaßnahmen, generiert ein Preis auf CO2-Emissionen keine Ausgaben, sondern zusätzliche Einnahmen für den Staat und setzt über die höheren Kosten Anreize für ein klimafreundlicheres Agieren der Emissionsverursacher.
Neu im BEHG: CO2-Bepreisung von thermisch verwerteten Abfällen
Bisher betraf die CO2-Bepreisung durch das BEHG lediglich Emissionen aus der Verbrennung von Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel. Zum 16. November 2022 trat jedoch eine Novelle in Kraft, die ab dem 1. Januar 2024 auch Kohle und thermisch verwertete Abfälle (§§ 2, 2a BEHG) miteinbezieht. Zur Kasse gebeten werden die Inverkehrbringer der Brennstoffe, die die Kosten dann wiederum an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. Das heißt, Krankenhäuser zahlen für die Entsorgung ihrer Abfälle künftig mehr. Der Gesetzgeber erhofft sich davon eine Reduzierung der Menge thermisch zu verwertender Abfälle.
CO2-Bepreisung gilt nur für fossile Anteile
Die CO2-Preise steigen laut § 10 BEHG gestaffelt. 2024 liegt der Preis für eine Tonne CO2 bei 45 Euro. 2025 werden bereits 55 Euro fällig und 2026 könnte eine Tonne Kohlenstoffdioxid bis zu 65 Euro kosten. Ab 2027 soll dann das neue Emissionshandelssystem der EU greifen. Die Erhöhung war zwischenzeitlich von der Bundesregierung aufgrund der Energiekrise ausgesetzt worden. Seit 1. Januar 2024 gelten jedoch wieder die ursprünglich festgelegten Preise.
Bei der Abfallverbrennung wird nicht der komplette Brennstoff bepreist, sondern lediglich die fossilen Anteile, während organische Abfälle von der Bepreisung ausgenommen sind. Die Emissionsmenge wird über Standard-Emissionsfaktoren bestimmt, die sich nach dem Abfallschlüssel richten. Diese Faktoren lassen sich der Emissionsberichterstattungsverordnung (EBeV 2030) entnehmen, ebenso wie die Werte für die abziehbaren organischen Anteile. Hier wird etwa Abfall der Schlüsselnummer 180104 unter der Brennstoffkategorie „Gewerbeabfall“ mit einem Biomasseanteil von 48,9 Prozent und einem heizwertbezogenen Emissionsfaktor von 0,0888 t CO2/GJ angegeben. AS 180104 ist dabei übrigens der einzige explizit benannte Abfallschlüssel der 18er-Gruppe (medizinische Abfälle). Alle anderen medizinischen Abfälle fallen daher unter die Kategorie „alle übrigen Abfälle“. Hier wird von einem Biomasseanteil von null Prozent ausgegangen sowie von einem Emissionsfaktor von 0,0949 t CO2/GJ.
Kosten sparen durch bessere Sammlung und Trennung von Abfällen
Krankenhäuser können den Zusatzkosten entgegenwirken, indem sie ihre Abfälle sachgemäß sammeln und trennen. Landen beispielsweise grundsätzlich recyclingfähige Verpackungsabfälle im Restmüll oder nicht gefährlichen medizinischen Abfall (AS 180104), werden für deren Entsorgung Emissionszertifikate fällig, die man hätte vermeiden können. Das oberste Gebot lautet also ganz klar: Fehlwürfe vermeiden. Nur so lassen sich die thermisch verwerteten Abfälle und die damit verbundenen Kosten auf ein Minimum reduzieren.
Kritik: Mögliche negative Folgen der CO2-Bepreisung von Abfällen
Neben dem positiven Effekt einer höheren stofflichen Abfallverwertung könnte die neue CO2-Bepreisung jedoch auch negative Folgen haben – und steht deshalb in der Kritik. Branchenvertreter befürchten etwa eine höhere Abhängigkeit von Energieimporten – weil weniger Energie durch die heimischen Abfallverbrennungsanlagen bereitgestellt wird – sowie eine Befeuerung der Inflation. Zudem bestehe die Gefahr, dass Abfall verstärkt in andere EU-Länder exportiert wird, die es mit der umweltverträglichen Entsorgung weniger genau nehmen. Abfälle, die in Deutschland sauber verbrannt werden, könnten so andernorts auf weitaus umweltschädlicheren Deponien landen. Branchenangehörige und Verbände fordern daher, vom deutschen Alleingang durch das BEHG abzusehen und stattdessen die für 2027 vorgesehenen EU-Reformen zum Emissionshandel für Gebäude, Straßenverkehr und zusätzliche Sektoren abzuwarten.