Kommunikation Netzwerke fördern Umweltschutz im Krankenhaus

Symbolbild Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Krankenhaus (Foto: Eakkachai, iStock)
Um von Wissen anderer Kliniken im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu profitieren, empfiehlt es sich zu netzwerken (Foto: Eakkachai, iStock)

Netzwerke im Gesundheitswesen findet man heutzutage zu mannigfaltigen Themen. Aber gerade rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit entstehen derzeit in der Praxis- und Kliniklandschaft neue Arbeitsgruppen, Plattformen und Kongressformate. Der Wunsch nach Wissenstransfer und Austausch zwischen Umwelt- und Hygienebeauftragten oder Klinikeinkauf und Abfallmanagement wächst – vor allem aufgrund des Anspruchs, den eigenen Ressourcenverbrauch zu prüfen und mögliche Einsparpotenziale zu ermitteln.

Bei der Fülle an neuen Entwicklungen, Verordnungen und unterschiedlichen Lösungen im Bereich Umwelt- und Ressourcenschutz kann das Netzwerken mit Kolleginnen und Kollegen ein Schlüssel zur hauseigenen Nachhaltigkeitsstrategie sein. Man lernt aus unterschiedlichen Erfahrungen und kann möglicherweise aktuelle und kommende Herausforderungen gemeinsam meistern. Warum aber steht vor allem die Gesundheitsbranche hierbei so unter Handlungsdruck?

Zunächst: Kliniken, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen unterliegen verschiedenen Richtlinien im Bereich Umweltschutz, die siein ihr Management einbinden müssen. Dazu gehören unter anderem das WHG (Wasserhaushaltsgesetz), das BImSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz), das BBodSchG (Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung), das BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder auch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Diese und weitere Verordnungen bilden den Rahmen für alle folgenden Maßnahmen. Aufgrund dieser Richtlinien und dem Suchen nach Einsparpotenzialen versuchen medizinische Einrichtungen Wege zu finden, Arbeitsabläufe nachhaltiger zu gestalten, ressourcenschonende Lösungen in allen Bereichen des Klinikalltags zu etablieren und das Abfallmanagement im Sinne der Kreislaufwirtschaft möglichst umweltschonend zu gestalten. Unterschiedliche Studien belegen zudem, dass Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen weltweit einen großen Einfluss auf die Produktion vonTreibhausemissionen haben. Der Anteil der Emissionen des Gesundheitssektors liegt in Deutschland bei knapp 5,2 Prozent. Zusätzlich gehören Krankenhäuser mit etwa einer Tonne Abfall in der Regelversorgung pro Patient im Jahr auch zu den größten Abfallproduzenten des Landes. Hier ist die Umsetzung ressourcenschonender Maßnahmen notwendig, um sich als Klinik nachhaltiger auszurichten.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Netzwerk lernen

Viele Kliniken setzen in diesem Bereich auf unterschiedliche Maßnahmen. Hierzu zählt beispielsweise die Abfalltrennung im OP, Anpassungen in der Krankenhauskantine zur Einsparung von Lebensmitteln wie in den Rhein-Mosel-Fachkliniken oder die Implementierung eines Behälterfarbleitsystems, um Fehlwürfe in der Abfallentsorgung zu vermeiden. Aus all diesen Bemühungen kann man lernen, denn Umweltschutz im Gesundheitswesen ist ein Gemeinschaftsprojekt, das sich mithilfe von Austausch und Netzwerken über die Grenzen des eigenen Krankenhauses hinaus besser umsetzen lässt.

Bedeutung von Netzwerken im Gesundheitswesen

Genau aus diesem Grund gibt es verschiedene Netzwerke und Arbeitskreise, die sich dem Thema Umweltschutz im Gesundheitswesen widmen und über konkrete Ideen, Erfolge aber auch Herausforderungen und Probleme in der Umsetzung der Maßnahmen kommunizieren. Neben den großen Initiativen wie KLIK green oder KLUG gibt es auch in vielen Bundesländern Arbeitskreise, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Viele dieser Netzwerkebestehen bereits seit längerem – der älteste schon seit mittlerweile 30 Jahren. In regelmäßigen Treffen tauschen sich hier Vertreter und Vertreterinnen unterschiedlichster Berufsbilder zu wichtigen Themen im Bereich Umweltschutz in Krankenhaus und Arztpraxen aus. Aufgrund der Corona-Maßnahmen war der Sitzungsturnus vieler Arbeitsgruppen eingeschränkt, aber auf Anfrage der Abfallmanager Medizin-Redaktion bestätigten alle Branchenvertreter und -vertreterinnen, diesen in naher Zukunft wieder stärker zu fokussieren.

Nicht nur bei der Ideenfindung kann Netzwerken helfen, sondern auch folgend bei der Implementierung vonUmweltschutzmaßnahmen. Wer hat mit welcher Maßnahme gute Erfahrungen gesammelt, mit wem würde man wieder kooperieren, bei welchen Prozessen hat man welche Entscheider einbezogen? Oft spielt auch das Reden über Investitionssummen, staatliche Förderungen, Kostenverteilung oder über die Wahl der Dienstleister eine wichtige Rolle.

Arbeitskreise zum Thema Umweltschutz berichten aus der Praxis

Um allen interessierten Abfall-, Umwelt- und Gefahrgutbeauftragten das Netzwerken so einfach wie möglich zu gestalten, haben wir unser Service-PDF Umweltschutz im Gesundheitswesen aktualisiert und um weitere Arbeitskreise ergänzt. Damit stehen Ihnen alle Informationen und Kontakte zur Verfügung, um in den direkten Austausch zu gehen und von den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen zu profitieren. Zusätzlich haben wir einige Vertreterinnen und Vertretern aus verschiedenen Arbeitskreisen interviewt, so dass Sie sich ein Bild von der Arbeit und den Möglichkeiten der Arbeitsgruppen machen können.

Netzwerk Beauftragte für Abfall der Bayerischen Krankenhausgesellschaft

Sprecherin: Birgit Schuon, Ansprechpartnerin:Ann-Kathrin Haueisen

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Arbeitskreis? Was sind aktuelle Aufgaben?

In unserem Fokus steht der Austausch von Erfahrungen, Informationen, Wissen und Ideen. Wir wollen unsere Mitglieder dazu animieren, über ihre eigenen Erfahrungen zu sprechen, von den Erfahrungen anderer Häuser zu lernen und vielleicht auch gemeinsam Lösungen für akute Probleme zu entwickeln. Dabei sind wir immer offen für Diskussion, denn nur so können wir alle über innovative Systeme, Techniken und Potenziale im Bereich Abfall und Nachhaltigkeit lernen. Zusätzlich sind wir immer auf der Suche nach Anregungen und neuen interessanten Themen, die wir gemeinsam auf Umsetzbarkeit im medizinischen Bereich prüfen.

Welche Bedeutung nimmt Netzwerken im Bereich Klimaschutz im Krankenhaus ein? Welche Vorteile hat das Netzwerken in diesem Kontext?

Für uns nimmt das Netzwerken eine sehr große Bedeutung ein, denn das gesamte Gesundheitswesen wie auch die Gesellschaft sind bereits und werden auch in den kommenden Jahren verstärkt mit den Herausforderungen des Umweltschutzes konfrontiert. Hier motiviert der Austausch, liefert Input und trägt damit zur Ideenfindung bei, wie ressourcenschonende Maßnahmen in den eigenen Einrichtungen umgesetzt werden können. Viele Kliniken stehen noch am Anfang, da kann die gegenseitige Unterstützung im Arbeitskreis sowie die Vorstellung bereits umgesetzter Projekte und Strategien zugleich Anregung und Inspiration sein. Unsere Aufgabe als Initiatoren ist es, den Austausch zwischen den Teilnehmenden anzuregen, zu fördern und unsere Unterstützung anzubieten. Der gemeinsame Diskurs und das Bündeln der Kräfte innerhalb von Arbeitsgruppen, Projekten o. ä. sind dabei nützliche Werkzeuge – da wollen wir als Arbeitskreis ansetzen und unterstützen.

Tauschen Sie sich nur innerhalb des eigenen Arbeitskreises aus oder auch mit anderen Netzwerken?

Uns ist nicht nur der Austausch innerhalb unseres eigenen Arbeitskreises wichtig. Deshalb tauschen wir uns auch mit Krankenhäusern, Initiativen und Projektgruppen über die Grenzen Bayerns hinaus aus. So stehen wir auf Bundesebene beispielsweise mit unterschiedlichen Kolleginnen und Kollegen über das „gemeinsame Gespräch der DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V.)“ in Verbindung. Aber auch innerhalb Bayerns tauschen wir uns beispielsweise regelmäßig mit den Projektbeteiligten von MeDiCircle aus. Das Projekt wird federführend vom Cluster Medizintechnik Bayern und dem Umweltcluster Bayern vorangetrieben und hat es sich zum Ziel gesetzt, zu eruieren und sichtbar zu machen, was für die Transformation der bayerischen Gesundheitswirtschaft zu einer echten „Circular Economy“ notwendig ist.

Arbeitskreis Umweltschutz im Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen

Sprecherinnen: Silvia Hermes, Kirstin Woyk und Ute Küppers

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Arbeitskreis? Was sind aktuelle Aufgaben?

Unser Arbeitskreis steht für den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung zwischen unseren Mitgliedern, aber auch für die Weitergabe von Informationen, beispielsweise zu neuen Rechtsvorschriften oder Erkenntnissen im medizinischen Abfallmanagement. Wir sind damit Ansprechpartner bei Problemen, geben aber auch best-practise-Beispiele weiter. Neben unseren jährlichen gemeinsamen Arbeitskreistreffen, ist uns auch die Kontaktpflege mit anderen Arbeitsgruppen, Entsorgern und Unternehmen der Branche sehr wichtig. Wir vertreten die Interessen der Krankenhäuser NRWs im Bereich Umweltschutz und nehmen dabei auch auf Abstimmungen zu neuen Gesetzesvorlagen Einfluss – unter anderem durch die Zusammenarbeit mit der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Ein Thema, welches uns dabei aktuell besonders am Herzen liegt, ist der Wahrnehmungswandel von Abfall zu Wertstoff. Leider sind Krankenhäuser hier aber an viele Regelungen gebunden, die die Verwertung verhindern bzw. einschränken. Als Arbeitskreis versuchen wir aktuell, auf diese Problematik hinzuweisen und auf die Lösungsfindung Einfluss zu nehmen.

Welche Herausforderungen bringt die Absicht, das Krankenhaus nachhaltiger aufzustellen, im Alltag mit sich?

Eine große Herausforderung ist die Priorisierung des Umweltschutzes im Krankenhausalltag. Auch wenn man als Abfallbeauftragte bzw. -beauftragter versucht, Kolleginnen und Kollegen zu informieren, nachhaltige Strukturen aufzubauen oder Maßnahmen konkret in die Wege zu leiten, ist dies nicht immer einfach. Denn in den meisten Krankenhäusern herrscht ein hoher Kosten- und Zeitdruck und auch Personalmangel ist ein großes Problem. Problematisch ist zudem, dass die einzelnen Fachleute sprichwörtlich aneinander vorbeilaufen. Es formen sich zwar oft Arbeitsgruppen, aber diese bilden nicht all die Bereiche ab, die für ein umfängliches Umweltmanagement zurate gezogen werden sollten. Durch die Klimaschutzbewegung scheinen Themen, die wir bereits vor Jahren unter dem Begriff Umweltschutz thematisiert haben, teilweise schneller umgesetzt werden zu wollen, das ändert aber leider nichts an deren Komplexität. Alle Maßnahmen erfordern enge Abstimmungen zwischen Beteiligten der Krankenhaushygiene, Brandschutz, Datenschutz, Patientensicherheit usw. – das nimmt auch weiterhin viel Zeit in Anspruch.

Wie sieht die Zukunft des nachhaltigen Krankenhauses aus? Was braucht es dafür?

Um sich als Krankenhaus wirklich nachhaltig aufzustellen, braucht es ein Umdenken bei allen beteiligten Akteuren. Zudem ist eine Geschäftsführung, die klar und eindeutig hinter dem Zielbild „nachhaltiges Krankenhaus“ steht, zwingend notwendig. Das erfordert Investitionen, die bereitstehen und auch im Sinne der Nachhaltigkeit vorgesehen sein müssen. Einer unserer ehemaligen Geschäftsführer hat einmal gesagt „Ein Krankenhaus, was nicht investiert, ist insolvent!“ – das ist auch unserer Meinung nach eine realistische Folge, wenn Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Gesundheitswesen weiter vernachlässigt werden sollten.

Welche Rolle spielt das Abfallmanagement in der nachhaltigen Ausrichtung der Kliniken?

Abfallmanagement ist grundsätzlich wichtig, dieses aber als alleinigen Hebel für die nachhaltige Ausrichtung einer Klinik zu nutzen, wäre viel zu kurz gegriffen. Das Thema Ressourcenschonung und Einsparung von Abfällen müsste bereits beim Beschaffungsprozess berücksichtigt werden. Hier sind auch die Lieferanten und Hersteller gefragt, das Thema viel mehr in den Fokus zu rücken. Zudem sollten Abfallverordnungen und Merkblätter unserer Meinung nach dringend überarbeitet werden. Dabei sollte der Schwerpunkt auf der Verwertung von Abfällen im Sinne der Kreislaufwirtschaft liegen. Denn Abfälle sind Wertstoffe und das sollte auch für das Gesundheitswesen gelten. Erschwert wird dies aktuell durch den Gesetzgeber, hier würden wir uns größere Handlungsspielräume wünschen.

Netzwerk Nachhaltigkeit und Umwelt an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in der Region Ost

Sprecher: Dr. Jörg Romanski

Mit Ihrem Arbeitskreis geben Sie Anstoß zur Umsetzung umwelt- und nachhaltigkeitsbezogener Themen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Was gehört zu Ihren Aufgaben und Zielen?

Mit unserer Tätigkeit an Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben wir es uns zur Pflicht gesetzt, Themen und Projekte mit Bezug zu Umwelt und Nachhaltigkeit anzustoßen und Teilnehmenden bei deren Umsetzung zu unterstützen. Im Fokus steht dabei die Motivation, die Weitergabe von Informationen zu Energie- und Klimaschutz, die Umsetzung umweltrechtlicher Anforderungen, die Etablierung von Abfalltrennungssystemen und vieles mehr. Wir verstehen uns dabei als Netzwerk zum Erfahrungsaustausch und nicht als meinungsbildendes oder umsetzendes Netzwerk, um so der Vielfalt in unserer Gruppegerecht zu werden und Ausgrenzung durch Positionierung zu vermeiden. Umsetzungen finden durchaus statt, diese werden dann allerdings im Anschluss bilateral oder multilateral durchgeführt. Dies wird in den meisten Fällen so realisiert, dass das Wissen mit anderen Netzwerkmitgliedern geteilt und weiterentwickelt wird.

Was konnten Sie mit Ihrer Arbeitsgruppe bisher erreichen?

Wichtig ist uns eine breite Streuung von Wissen und Fähigkeiten, denn das berühmte Rad muss nicht ständig neu erfunden werden, um funktionierende Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu etablieren. Einrichtungsspezifisch wurden beispielsweise Tipps zu Energiesparmaßnahmen oder Informations- und Motivationsmaterialien geteilt. Die Impulse aus den Schwerpunktthemen können dann in den Einrichtungen direkt aufgegriffen werden.

Welche Bedeutung nimmt das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Lehre ein?

Da sich unser Netzwerk vor allem auf den betrieblichen Umweltschutz und Nachhaltigkeit fokussiert, stellen Nachhaltigkeitsmaßnahmen innerhalb der Lehre nur ein Randthema dar. Allerdings findet auch zu diesem Thema Vernetzung statt, sodass Elemente der Lehre mit anderen Einrichtungen geteilt werden. Dies haben wir beispielsweise mithilfe eines Nachhaltigkeitszertifikats für die Lehre und die studentisch organisierte Lehre im Rahmen von Projektwerkstätten umgesetzt.

Wo liegen die Herausforderungen, mit welchen Sie regelmäßig in Ihrem Arbeitskreis konfrontiert werden?

Unsere größten Herausforderungen liegen klar im finanziellen Bereich. Wenn Umsetzungen von Umweltschutz- oder Nachhaltigkeitsmaßnahmen etwas kosten, ist deren Implementierung schwierig. Das gilt selbst dann, wenn die angestrebte Lösung langfristig günstiger wäre, da wir oft durch die Politik, wie z. B. geldgebende Landesverwaltungen, behindert werden. Die zweite große Hürde sind bürokratische und verwaltungstechnische Vorgaben, die inhaltlichen Lösungen entgegenstehen.

Quellen

Symbolbild Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Krankenhaus (Foto: Eakkachai, iStock)
Um von Wissen anderer Kliniken im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu profitieren, empfiehlt es sich zu netzwerken (Foto: Eakkachai, iStock)