Im Zuge einer Krankenhausreform soll das System der reinen diagnosebezogenen Fallpauschalen (engl.: Diagnosis Related Groups, DRG) überwunden werden. „Das DRG-System als Vollsystem wird abgelöst, wir stellen die Basisfinanzierung der Kliniken auf einen neuen Sockel“, erklärte Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach im November auf dem Deutschen Krankenhaustag. Es sei zwar für Kostenträger gut kontrollierbar, viele Kliniken hätten sich jedoch zu sehr in das „Hamsterrad“ der Fallzahlenmaximierung begeben. Zudem habe sich das System so verselbstständigt, dass es zulasten der Qualität der Versorgung gehe, argumentierte Lauterbach.
Prof. Tom Bschor als Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung präsentierte das neue Konzept zur Reform am 6. Dezember 2022 auf der Bundespressekonferenz und stellte in Aussicht: „Wir schlagen vor, die Krankenhäuser zu einem relevanten Teil dafür zu bezahlen, dass sie Teil der Daseinsvorsorge sind.“ Sie hätten laut Bschor den Auftrag, eine ständige Versorgung von Patientinnen und Patienten zu garantieren. Deshalb liege der Anteil der Vorhaltung zwischen 40 und 60 Prozent (je nach medizinischer Leistungsgruppen) und der Leistungsanteil zwischen 60 und 40 Prozent. Die bisherige DRG-lastige Krankenhausfinanzierung soll nach einer 5-jährigen Konvergenzphase (2028) in diese Zwei-Säulen-Finanzierung überführt werden.
Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) plädierte bereits im Oktober in einem Expertenpanel für die Weiterentwicklung des DRG-Systems um Vorhaltekomponenten. Das heutige System stoße an seine Grenzen, wenn die Fallzahlen nicht ausreichten, um die entstehenden Grundkosten zu finanzieren.
Das System der Fallpauschalen wurde im Jahr 2003 eingeführt und bedeutet, dass jeder in einer Klinik behandelte Fall pauschal abgerechnet wird. Derzeit decken Krankenhäuser ihre laufenden Betriebskosten (Personal, Speisenversorgung, Operationsbedarfe, Abfall) über Fallpauschalen (DRG) ab. Das heißt: Kliniken erhalten einen fixen Betrag, auch wenn die Behandlung tatsächlich mehr oder weniger gekostet hat oder Betriebskosten steigen. Seit der Einführung der DRG ist die durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus deutlich gesunken.
Das Fallpauschalen-System wird seit Anfang an kontrovers diskutiert, weil es aufgrund der Wirtschaftlichkeit das Interesse verstärken soll, möglichst viele Patienten und Patientinnen in einer möglichst kurzen Zeit durchzuschleusen. Nun sollen wieder mehr medizinische anstatt ökonomischer Kriterien in den Fokus von Behandlungen gerückt werden.
Quellen
- Ärzteblatt: Ruf nach Implementierung von Vorhaltekosten im DRG-System
- ÄrzteZeitung: Lauterbach: Ohne Fallpauschalen sollen Kliniken raus aus dem Hamsterrad
- BibliomedManager: Lauterbach: „Wir stellen die Basisfinanzierung auf einen neuen Sockel“
- Tagesschau: Bundestag beschließt „kleine“ Krankenhausreform
- Stuttgarter Nachrichten: Klinikpatienten sollen daheim übernachten können
- f&w (Ausgabe 12/2022, S. 1103): Abschaffung der DRG – und dann?
- Bundesministerium für Gesundheit: Regierungskommission legt Krankenhauskonzept vor - Lauterbach: Weniger Ökonomie, mehr Medizin