Entsorgungsprozesse nach dem Ableben Verstorbene im Krankenhaus

77 Prozent der Deutschen sterben entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim (Foto: venusvi, istock)
77 Prozent der Deutschen sterben entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim (Foto: venusvi, istock)

Die mit Abstand meisten Menschen sterben in Krankenhäusern. Laut Deutschem Evangelischen Krankenhausverband (DEKV) sterben 77 Prozent der Deutschen entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim. Nichtsdestotrotz stellt der Tod in der Klinik – als quantitativer, statistischer Normalfall – im Vergleich zum Versterben außerhalb medizinischer Versorgung zugleich einen qualitativen Sonderfall dar. Der Grund dafür sind die medizinischen Abfälle, die in der Regel zusammen mit den sterblichen Überresten anfallen. Wir werfen einen Blick darauf, was nach dem Tod im Krankenhaus geschieht und welche Rolle das Thema Entsorgung dabei spielt.

Wenn ein Patient im Krankenhaus stirbt, muss zunächst durch die Leichenschau dessen Tod einwandfrei von einem Arzt festgestellt und der Totenschein (auch Todesbescheinigung oder Leichenschauschein) mit Todeszeitpunkt, Todesursache und Todesart ausgestellt werden. Dies gilt in Deutschland ab einem bestimmten Gewicht (in Hessen ab einer bestimmten Schwangerschaftsdauer) auch für tote Föten. Die genaue Form der Dokumentation ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, da Bestattungsrecht den Ländern unterliegt. Ist die Todesursache unklar (z. B. aufgrund einer nicht klar ersichtlichen Wechselwirkung zwischen einem Eingriff und einem Grundleiden), muss die Leiche zur Klärung erst obduziert werden, bevor weitere Maßnahmen wie die Totenpflege ergriffen werden können. In Bremen – und nur da – ist gar die (zumindest) äußerliche Untersuchung durch einen Rechtsmediziner Pflicht.

Hygienische Totenversorgung

Ist der Totenschein abschließend ausgefüllt, folgt die hygienische Totenversorgung, sofern der Leichnam nicht von einer meldepflichtigen Krankheit befallen ist. Diese ist an sich nicht zwingend Aufgabe des Krankenhauses. Oftmals bleibt im Klinikalltag schlichtweg keine Zeit dafür. Die Leiche wird dann mehr oder weniger so, wie sie ist, in der Leichenhalle des Hauses aufbewahrt, bis sie vom Bestatter abgeholt wird, der dann selbst die Totenpflege in seiner Totenkammer übernimmt. In manchen Kliniken gehören Pflegemaßnahmen am Toten jedoch zum guten Ton oder werden vom Pflegepersonal als Form des Abschiednehmens als besonders wichtig empfunden und somit von diesem durchgeführt.

Zur Totenpflege gehört eine Ganzkörperwäsche (i. d. R. mit Desinfektionstüchern), bei der der Leichnam von Körperflüssigkeiten wie Blut, Urin oder Stuhl befreit wird. Die dabei anfallenden Abfälle wie etwa blutgetränkte Einwegtücher können nach AS 180104 entsorgt werden. Dies gilt auch für etwaige Pflaster und Verbände, die entfernt werden. Außerdem entfernte Hilfsmittel wie Hörgeräte und Schmuck des Verstorbenen werden in der Regel vom Pflegepersonal oder Bestatter eingetütet und an die Hinterbliebenen übergeben. Implantate wie etwa Herzschrittmacher, künstliche Gelenke etc. gelten hingegen juristisch als Teil des Körpers und werden mit bzw. in diesem bestattet. Im Falle einer Kremation bleiben die darin evtl. enthaltenen Metalle zurück und werden entweder der Urne beigegeben oder an ein Entsorgungsunternehmen zum Recycling weitergegeben.

Auch medizinische Zugänge wie Katheter, Drainagen, Tuben etc. werden im Rahmen der Totenversorgung entfernt. Diese werden ebenfalls gemäß LAGA-Mitteilung 18 als nicht gefährliche medizinische Abfälle nach AS 180104 oder – bei spitzen und scharfen Gegenständen – nach AS 180101 (in bruch- und durchstichsicheren Einwegbehältnissen)  gesammelt und entsorgt.

Weitere Maßnahmen der Totenpflege bzw. -versorgung sind Frisieren und eventuell Rasieren, (sofern vorhanden) das Einsetzen der Zahnprothese, um die Gesichtszüge des Verstorbenen wiederherzustellen, sowie – wenn nötig – das Anlegen einer Kinnstütze oder auch eines Mundformers, falls die zu Lebzeiten getragene Zahnprothese abhanden gekommen ist. Zudem werden großflächige Wunden oder Punktionsstellen mit abdichtenden Verbänden (möglichst aus geruchsdichtem Material) versorgt. Nach DIN EN 15017 – dem Standard für Bestatter – müssen ferner Körperöffnungen, beispielsweise durch Tamponaden, geschlossen werden. Diese Norm ist jedoch nicht bindend.

Thanatopraxie erfordert Entsorgung nach AS 180102

Eine Sonderform der Totenversorgung, die über die hygienische Totenpflege hinausgeht, ist die Thanatopraxie, die etwa bei nicht natürlichen Todesumständen (wie schweren Unfällen), teilweise aber auch für Überführungen des Leichnams ins Ausland notwendig ist. Dabei wird mitunter das Blut aus dem Körper drainiert und durch ein Konservierungsmittel auf Formaldehyd-Basis ersetzt. Das Blut wird bei der Entnahme stark mit Wasser verdünnt und teilweise mit Formaldehyd vermischt über das Abwasser entsorgt. Eine separate Sammlung in geeigneten, sicher verschlossenen Behältnissen wie etwa bei Blutkonserven nach AS 180102 erfolgt also nicht. Ebenfalls Teil der thanatopraktischen Behandlung ist insbesondere die ästhetische Aufbereitung und Wiederherstellung des Körpers.

Umgang mit infektiösen Leichen

Von einem Toten geht zunächst keine größere Gefahr für die Gesundheit aus, als von einem Lebenden. Das heißt, der Leichnam darf durchaus berührt werden, ohne dass ein Gesundheitsrisiko besteht. Eine Ausnahme bilden allerdings infektiöse Leichen, also solche, die von einer meldepflichtigen Krankheit befallen sind, da diese nicht gleich durch den Tod ihres Trägers endet. Die Totenversorgung oder auch jegliche Thanatopraxie fallen in diesen Fällen weg. Stattdessen wird die betroffene Leiche vom Bestatter in ein mit einem geeigneten Desinfektionsmittel getränktes Leichentuch o. Ä. eingehüllt und unverzüglich eingesargt. Der Sarg wird anschließend als infektiös gekennzeichnet und bleibt fortan verschlossen. Eine Aufbahrung mit offenem Sarg ist hier nicht möglich. Dieser Umgang mit Verstorbenen gilt mitunter auch für mit COVID-19 infizierte Leichen.

Bestattung vs. medizinische Entsorgung

Auf die Totenversorgung folgt anschließend die Bestattung. In Deutschland muss jeder Mensch beigesetzt werden. Zur Wahl stehen dabei Erd- und Feuerbestattung – letztere mit diversen Unterarten (z. B. See- oder Baumbestattung), die den Umgang mit der Asche des Verstorbenen betreffen. Von einer Bestattungspflicht ausgenommen sind jedoch Föten (z. B. aus Schwangerschaftsabbrüchen) bis zu einem bestimmten Gewicht. In manchen Bundesländern liegt diese Grenze bei 500, in anderen bei 1.000 Gramm. Föten, die das betrifft, gelten rechtlich gesehen nicht als menschliche Leiche und müssen daher nicht wie eine solche bestattet werden, sofern dies nicht seitens der Eltern erwünscht ist. Stattdessen werden sie als ethische Abfälle betrachtet, die unter „Rücksicht auf das sittliche Empfinden“ von den Krankenhäusern entsorgt werden können. Das Sächsische Bestattungsgesetz (SächsBestG) konkretisiert dies beispielsweise folgendermaßen:

„Um die Kosten so gering wie möglich zu halten, sollen die Fehlgeborenen in den pathologischen Instituten/Krankenhäusern gesammelt und auf einfachste Art entweder anonym in einem Krematorium eingeäschert und verbleibende Aschereste auf dem Friedhof in ein anonymes Urnenfeld eingestreut oder auf dem Friedhof in einem anonymen Grabfeld beigesetzt werden.“ Entsorgungsfirmen für medizinische Abfälle sollen dabei aus ethischen Gründen nicht eingesetzt werden.

Die Frage nach Bestattung oder Entsorgung stellt sich auch bei Organen oder Skeletten aus der Pathologie, deren Aufbewahrungsfrist verstrichen ist. Rein rechtlich betrachtet steht einer sachgerechten Entsorgung als (ebenfalls ethischer) medizinischer Abfall – bei Organen etwa nach AS 180102 – nichts im Weg. Da sich allerdings viele Pathologen und Angehörige einen pietätvolleren Umgang mit den sterblichen Überresten wünschen, gibt es für diese in manchen Städten (z. B. Hamburg und Köln) mittlerweile auch die Möglichkeit einer Nachbestattung.

Quellen

77 Prozent der Deutschen sterben entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim (Foto: venusvi, istock)
77 Prozent der Deutschen sterben entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim (Foto: venusvi, istock)